Basel Leicht und leichtsinnig

Die Oberbadische
Duett mit Anastasia Bickel und Karl-Heinz Brandt aus der Jazzoperette „Ball im Savoy“, vorgestellt in lockerer Bar-Atmosphäre bei der Operettencouch des Theaters Basel. Foto: Jürgen Scharf Foto: Die Oberbadische

Operettencouch: In der Monkey Bar des Theaters Basel lebt die Operette auf

Von Jürgen Scharf

Basel. Ein Schminktisch mit Spiegel, schöne Kleider aus dem Theater-Fundus, eine rote Chaiselongue: Wir sind nicht in der Garderobe, sondern in der Monkey Bar, der kleinsten Spielstätte des Theaters Basel, wo die „Operettencouch“ wartet; ein neues Format, um die weithin verkannte und in Vergessenheit geratene Operette, die so selten auf dem Spielplan städtischer Theater ist, obwohl sie doch so lustig sein kann, verquer und zeitgeistig, wieder bekannter zu machen – und das in lockerer Bar-Atmosphäre.

In dieser Spielzeit steht auch Operette auf dem Programm: Die „Blume von Hawaii“ des „Operettenkönigs von Berlin“, Paul Abraham, wird gegeben. Ein Stück, in dem die Sehnsucht nach dem ewigen Frühling anklingt, das „Paradies am Meeresstrand“ mit schmissigen oder sentimentalen Melodien besungen wird. Im Gegensatz zu der vom singenden Schauspielensemble aufgeführten hawaiischen Schlageroperette, sitzen auf der „Operettencouch“ Sänger aus dem Opernensemble, kostümiert und in Spiellaune.

Die erste Ausgabe galt Paul Abrahams Jazzoperette „Ball im Savoy“. Konzept und Moderation stammen vom Operndramaturgen Pavel B. Jiracek, die musikalische Leitung (am Klavier) liegt bei Stephen Delaney, dem Leiter des Opernstudios Oper Avenir. Jiracek kennt das Metier, informiert eloquent über diese leichte, ja leichtsinnige Gattung, über ihre Geschichte, die Kunst der Doppelbödigkeit und Wiederbelebungsversuche. Man erfährt einiges über die modernen Tanzrhythmen, die Urbanität, die „Berliner Luft“, über Theateraufführungen in der Weimarer Zeit, über den „Tanz auf dem Vulkan“, ganz nebenbei auch, warum die Operette kein Kind von Traurigkeit ist und für eine bunte Gesellschaft plädiert.

Die Operette enthält noch immer viel Zündstoff, wird geliebt, gehasst, ist verkannt, wird instrumentalisiert, ideologisiert und erneuert. Und doch: Dass sie eine historischem Gattung bleibt, wird aber klar, wenn Karl-Heinz Brandt mit kessem Fez lustig parodierend „Wenn wir Türken küssen“ zum Besten gibt und Anastasia Bickel mit dem neuesten Modetanz „Känguru“ beglückt. Man darf sich freuen über die Qualität dieses Genres, das als gestrig und sogar als tot gilt, aber weiter am Leben ist und sich – siehe Theater Basel – bester Gesundheit erfreut.

In Basel blickt die Operette auf eine lange Tradition zurück. Ab 1912 gab es im Küchlin-Theater – heute ein Kino – Varietétheater, aber auch glanzvolle Revueoperetten. Maurice Chevalier und Joséphine Baker traten hier auf. Basel konkurrierte mit den Operettenzentren Paris, Wien, Budapest und Berlin. Eine besondere Blütezeit erlebte die Operette ab den 1930er Jahren, weil viele Operettenschaffende in die Schweiz emigrierten. Aber auch der Niedergang der Operette nach dem Krieg soll nicht verschwiegen werden. Und doch beschäftigten sich in Basel Regisseure wie Herbert Wernicke oder Christoph Marthaler auf ihre Art, subversiv und ironisch, mit diesem Musiktheater.

Inzwischen steht schon die vierte Operettencouch auf dem Spielplan. Die Dramaturgie wählt nicht die populärsten Stücke aus, sondern solche mit Niveau wie „Die Herzogin von Chicago“ (1928) von Emmerich Kálmán oder solche, die der ironischen Tradition eines Jacques Offenbach folgen, wie Oscar Straus’ „Die lustigen Nibelungen“ (1904), eine bissig-satirische Parodie auf das Germanentum samt ironischem Verweis auf Wagners „Ring des Nibelungen“.

Im neuen Jahr legt sich das arme schwäbische Bärbele, Titelheldin in Leon Jessels „Schwarzwaldmädel“ von 1917, auf die Couch: also eine erfrischende Mischung zwischen höchst amüsanten, melodiereichen Meisterwerken und Heile-Welt-Operette. Vieles über diese Welt des Rausches, die Wucht des Jazz, die Offenheit und Internationalität, besonders der Berliner Operette, begeistert selbst den Couch-Potato, der zum Fan der „Operettencouch“ wird.  Termine der Operettencouch: „Schwarzwaldmädel“, Montag, 8. Januar; „Die jiddische Operette“, 26. Februar, jeweils 20 Uhr, Monkey Bar Basel, Klosterberg 6.

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