Basel Mehr Europa wagen?

Toni Kostic
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Austausch: Podiumsrunde thematisiert Verhältnis der Schweiz zur EU

Von Toni Kostic

Basel. Bislang gestaltete die Schweiz ihre Beziehungen zur Europäischen Union (EU) bilateral. Die Debatte der proeuropäischen Initiative stark+vernetzt ging jüngst unter dem Titel „Mehr oder weniger Europa? Die Schweiz muss sich entscheiden“ der Frage nach, ob das Land sein Verhältnis zur EU neu regeln soll – womöglich sogar als Teil des Staatenverbunds?

In ihrem Impulsvortrag zum Status Norwegens eröffnete Kjersti Rødsmoen, norwegische Botschafterin, den Zuhörern eine mögliche Perspektive. Mit der Eidgenossenschaft habe man vieles gemeinsam, sagte sie. Norwegen jedoch ist ein Mitgliedsland des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR). Nicht nur gelten für Norwegen die gleichen Gesetze, Regelungen und schließlich Vorteile des europäischen Binnenmarkts in Bezug auf den Waren-, Personen-, Dienstleistungs- und Kapitalverkehr. Es nehme darüber hinaus aktiv am gesetzgeberischen Prozess teil und sei auch in den Europäischen Rat eingebunden. Für eine Bewertung der Teilnahme am EWR habe sie als Botschafterin kein Mandat. Sie äußerte aber doch: Gesellschaftlich gebe es keine größeren Ambitionen, die Beziehungen neu zu ordnen.

Position beziehen

An der Podiumsdiskussion nahmen Vertreter aus Wissenschaft, Wirtschaft und Politik teil, um sich über ihre Erfahrungen mit der Nähe und Distanz zur EU zu positionieren.

Die Union sei im pharmazeutischen Bereich ein wichtiger Partner des Life-Science-Standorts Basel, stellte Roche-Cheflobbyistin Nathalie Stieger fest. Die bisherigen bilateralen Abkommen seien aber auch am Erodieren, sagte sie. Roche platziere ihre wirtschaftlichen Anliegen sowohl in der Schweizer Politik als auch in Brüssel. „Und dann braucht es zwei Seiten, die aufeinander zugehen.“

Es herrscht Stillstand

Aus der studentischen Perspektive referierte Seraina Campbell, Co-Präsidentin des Verbands der Schweizer Studierendenschaften. Im Jahre 2014 wurde die Schweiz im Zuge der Initiative gegen Masseneinwanderung aus dem europäischen Erasmus-Programm ausgeschlossen. Nun war es nicht mehr möglich, semesterweise Austauschprogramme an Partneruniversitäten aufzulegen und sich die Leistungen vor Ort anerkennen zu lassen. Jetzt gebe es Campbell zufolge den „völligen Stillstand“. Man könne nichts dafür, dass die Initiative damals angenommen wurde.

Nicht nur vom Erasmus-Programm, sondern auch vom gemeinsamen Forschungsrahmenabkommen „Horizon“ wurde die Schweiz im Jahre 2014 ausgeschlossen, und damit von europäischen Forschungsprojekten. Auch können junge Wissenschaftler Mittel für Forschungsvorhaben nicht mehr bei der EU beantragen. „Das ist eine Frechheit“, fand Rolf Weder, Professor für Außenwirtschaft und Europäische Integration an der Universität Basel. Das sei so, sagt Weder, als würde man das Erdgas im europäischen Pipelinenetz nicht mehr durch die Schweiz leiten.

Darüber hinaus glaubt Weder, dass das politische System der Schweiz nicht kompatibel mit dem Beitritt zur EU sei. Er habe sich gewünscht, dass man in Europa eine Alternative gründet. Man müsse ja nicht direkt eine gemeinsame Währung einführen und die Steuerpolitik harmonisieren. „Sind wir bereit, den Schweizer Franken abzulegen?“, fragt er rhetorisch in den Raum hinein. „Mün ma net“, antwortete ein Herr aus dem Publikum abweisend. Die Stimmung im Publikum baute spätestens hier spürbar an Spannung auf.

Stoische Führungskraft

Nun brauche es im Bundesrat eine stoische Führungskraft, sagte der ehemalige Nationalrat der Sozialdemokratischen Partei, Rudolf Strahm. Wolle man ein neues Abkommen mit Brüssel vereinbaren, müssen zunächst exploratorische Gespräche geführt werden, um dann eine neue Agenda auszuhandeln und sektoral zu verhandeln. Strahm zufolge seien die umstrittensten Punkte die Personenfreizügigkeit, der Lohnschutz für Schweizer Arbeitnehmer und die Gerichtsbarkeit auf internationaler Ebene.

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