Parlamentarischer Vorstoß Tempo 30 für ganz Basel?

Michael Werndorff
Tempo 30 in ganz Basel fordern einige Parteien im Großen Rat. Foto: Juri Weiss

Basler Politiker wollen in Basel flächendeckend Tempo 30

Basel -  Tempo 30 – überall in Basel und rund um die Uhr: Das ist das erklärte Ziel von Grünen, der SP und den Grünliberalen im Großen Rat, die dieser Tage einen parlamentarischen Vorstoß eingebracht haben. Deutliche Kritik kommt derweil von der Basler Sektion des Automobil-Clubs ACS, der von einem „unsinnigen Vorschlag“ redet.

Mehr Sicherheit, weniger Lärm und eine geringere Luftbelastung erhoffen sich die politischen Vertreter um Raphael Fuhrer, Großrat für das Grün-Alternative Bündnis, Präsident der Umwelt-, Verkehrs- und Energiekommission sowie Erstunterzeichner des parlamentarischen Vorstoßes.

„Es hat sich die Erkenntnis durchgesetzt, dass eine flächendeckend und rund um die Uhr geltende Signalisation von Tempo 30 im Siedlungsgebiet entscheidende volkswirtschaftliche Vorteile hat, dass ein solches Konzept umsetzbar ist und im Alltag funktioniert“, führen die Initiatoren aus. Gleichzeitig sollen flankierende Maßnahmen sicherstellen, dass der öffentliche Personennahverkehr (ÖPNV) nicht verlangsamt wird, wie aus dem Papier hervorgeht.

Neue Verkehrskultur

Während bisher nur in einzelnen Straßen und Abschnitten Tempo 30 gilt, plädiert Fuhrer für ein Gesamtkonzept und eine neue Verkehrskultur. Jedes zweite Unfallopfer könnte mit der Geschwindigkeitsbegrenzung verhindert werden, zitiert er Experten der Beratungsstelle für Unfallverhütung (BFU). Im Stadtkanton sei es in den vergangenen Jahren zu rund 800 Verkehrsunfällen und 400 Verunfallten pro Jahr gekommen. „Am meisten würden Fußgänger profitieren“, begründen die Antragsteller ihr Ansinnen.

Lärm ist ein weiterer Aspekt: „Tempo 30 ist ein schneller, billiger und wirksamer Lärmschutz.“ In Basel-Stadt wohnten rund 40 000 Menschen an Standorten, an denen der gesetzliche Grenzwert zu Straßenlärm überschritten werde. Mit einem geringeren Tempo könnte der Lärm um drei Dezibel gesenkt werden. „Das entspricht circa der Lärmwahrnehmung bei einer Halbierung der Verkehrsmenge.“ Außerdem erlaube die Entschleunigung schmalere Fahrbahnen und mehr Platz für Bäume. Nicht zuletzt profitiere das Klima von Tempo 30, da weniger Benzin verbraucht und der Verkehr fließen könne, sind die Initiatoren überzeugt.

Die Antragsteller vertreten die Ansicht, dass Tempo 30 den Verkehr im Siedlungsgebiet mit seinen häufigen Kreuzungen, Fußgängerübergängen sowie Tram- und Bus-Haltestellen verstetigt und verflüssigt. Die tiefere Durchschnittsgeschwindigkeit lasse mehr Zeit für Blickkontakt unter den Verkehrsteilnehmern und führe somit zu einer rücksichtsvolleren Koexistenz. Das bestätige auch das Merkblatt zu Tempo 30 der Schweizerischen Vereinigung der Verkehrsingenieure und Verkehrsexperten (SVI).

Flankierende Maßnahmen

Dass gegenüber generellem Tempo 30 auch Kritik bestehe, lassen die Antragsteller nicht unerwähnt und verweisen auf Gegenargumente wie die Zunahme von Ausweichverkehr und Nachteile für den ÖPNV. Und ja, ohne flankierende Maßnahmen würde es im ÖPNV zu einer Verlangsamung kommen. Diesem wolle man aber den Vorrang einräumen, zum Beispiel durch den Bau neuer Trassen und technischer Nachrüstungen. Der Regierungsrat soll deshalb einen Maßnahmenplan für Busse und Trams vorlegen.

Sogwirkung bleibt aus

Christian Greif, Geschäftsführer der Basler Sektion des Automobil-Clubs ACS, kommentiert den Vorstoß mit den Worten: „Das ist absolut unsinnig und kontraproduktiv.“ Das System funktioniere ausschließlich, wenn die Hauptachsen den Verkehr aufnehmen und flüssig abwickeln würden. „Das geht nur bei Tempo 50, was dazu beitrage, die Quartiersstraßen zu entlasten“, sagt Greif im Gespräch mit unserer Zeitung. Wären nur noch 30 Stundenkilometer erlaubt, entfalle die Sogwirkung und es finde eine Verkehrsverlagerung in die Quartiere statt. Angesichts der Mehrheitsverhältnisse im Großen Rat könnte der Vorstoß angenommen werden, meint Greif.

Feuerwehr sieht Probleme

Mehrere Verbände machen gegen eine allgemeine Einführung von Tempo 30 innerorts mobil, wie sie etwa die Städte Winterthur und Zürich planen. Werde im Siedlungsgebiet generell Tempo 30 eingeführt, könnte dies die Einsatzzeiten von Blaulichtorganisationen verlängern, hielt Tomas Widmer, Direktor beim Schweizerischen Feuerwehrverband, fest. So müssten sich etwa die Angehörigen der Freiwilligen Feuerwehren, die mit ihrem Privatfahrzeug zur Wache fahren, an die Geschwindigkeitslimiten halten.

Schweizer dagegen

Die Schweizer hatten sich im März 2001 klar mit 79,7 Prozent gegen die generelle Einführung von Tempo 30 innerorts ausgesprochen, wie der Touring Club Schweiz (TCS) anlässlich einer Medienkonferenz gestern in Bern erinnerte. Und das ist laut einer Umfrage des Instituts Link, die der TCS in Auftrag gegeben hat, auch heute noch so.

68 Prozent der Schweizer lehnen demnach eine generelle Einführung von Tempo 30 innerorts ab. Die Umfrage-Ergebnisse vom Dezember hätten keinen großen Unterschied zwischen Stadt (68 Prozent) und Land (71 Prozent) ergeben, betonte der TCS.

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