Basel Mit einem Nein für Europa votieren

Denis Bozbag und Michael Werndorff
Die Basler Pharmabranche profitiert sehr von der Personenfreizügigkeit. Foto: Michael Werndorff

Kündigungsinitiative: Verheerende Folgen für Basler Standort / Ablehnung der Schweizer wächst

Basel - Die Eidgenossen stimmen am Sonntag über die Schweizer Volksinitiative „Für eine maßvolle Zuwanderung“ (Kündigungsinitiative) von der SVP ab. Diese verlangt die Aufhebung der Personenfreizügigkeit und damit faktisch die Aufkündigung der Bilateralen Verträge mit der Europäischen Union – mit schwerwiegenden Folgen insbesondere für den Basler Wirtschaftsstandort.

Ablehnung gegen Iniiative wächst

Knapp vor der Abstimmung verstärkt sich nun die ablehnende Haltung der Bevölkerung gegenüber der SVP-Begrenzungsinitiative. Ende August lehnten 61 Prozent der Stimmberechtigten diese ab, wie eine Umfrage der Tamedia-Zeitungen und des Infoportals „20 Minuten“ zeigte. Damit stieg die Ablehnung seit einer vorangegangenen Umfrage von Mitte August um fünf Prozentpunkte. Demgegenüber sank die Zustimmung um vier Punkte auf 37 Prozent.

Auch eine weitere Abstimmungsumfrage vom 15. September im Auftrag der Schweizerischen Radio- und Fernsehgesellschaft bestätigt diesen Trend: Laut dieser wollen 63 Prozent der Teilnehmer die Begrenzung von Zuwanderern ablehnen. 35 Prozent sind dafür. „Es formiert sich geschlossener Widerstand gegen die Aufkündigung der Personenfreizügigkeit mit der EU. Bis weit ins bürgerliche Lager folgt die Stammwählerschaft den ablehnenden Parolen ihrer Parteien.

Nur von der Mehrheit der SVP-Wähler und einem regierungskritischen Lager wird die Initiative unterstützt“, sagte Martina Mousson vom Forschungsinstitut „gfs.bern“ gegenüber dem Schweizer Radio und Fernsehen.

Einen ähnlichen Coup wie bei der Volksinitiative „gegen Masseneinwanderung“ vom Februar 2014 wird die SVP laut der Expertin kaum wiederholen können. „Es müsste etwas Gröberes passieren, um noch etwas ins Wanken zu bringen“, unterstrich Mousson.

"Auf gute Beziehungen zu unseren Nachbarn angewiesen"

„Als führender Forschungs- und Exportstandort sind wir auf eine gute Beziehung zu unseren Nachbarn angewiesen“, erläuterte Anfang August Martin Dätwyler, Direktor der Handelskammer beider Basel, im Rahmen eines Mediengesprächs des Komitees beider Basel „Nein zur radikalen Kündigungsinitiative“.

Dank der Personenfreizügigkeit strömten zugunsten der hiesigen Forschung, des Gesundheitswesens und der Unternehmen in der Chemie- und Pharmaziebranche gut ausgebildete Fachkräfte auf den Basler Arbeitsmarkt, meinte Anton Lauber, Regierungsrat Baselland und Präsident der Nordwestschweizer Regierungskonferenz. Aus Sicht der Pharmabranche machte Matthias Leuenberger, Länderpräsident Novartis Schweiz, deutlich, dass die Wirtschaft in der Region enorm erfolgreich sei.

Auch die Universität Basel positionierte sich klar gegen die Initiative: „Mit einer Annahme der Initiative verliert die Schweiz das Forschungsabkommen mit der EU und damit den Zugang zu milliardenschweren Programmen“, gab Rektorin Andrea Schenker-Wicki zu bedenken.

„Jetzt ist nicht die Zeit für Experimente“, erklärte jüngst die Bundesrätin Karin Keller-Sutter vor Vertretern aus Politik und Wirtschaft im Basler Rathaus. Die Schweiz sowie der Rest der Welt befänden sich aufgrund der Pandemie inmitten einer schweren Krise mit ungewissem Ausgang für Wirtschaft und Gesellschaft. Gerade in dieser schwierigen Zeit dürfe man bewährte Partnerschaften nicht einfach so aufs Spiel setzen, warnte Keller-Sutter.

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