Basel Mit Tempo, Witz und Biss

Jürgen Scharf
 Foto: Then

Musical: „Ein Käfig voller Narren“ im Theater Basel.

Basel - The Show must go on: Auch wenn es Albin, der sich auf der Bühne Zaza nennt, mal schlecht geht, muss er den Travestiekünstler im Club „La Cage“ spielen. Er trägt Mascara und Lippenstift auf, rüscht sich mit Federn und Glitzerkostüm auf, nimmt das Korsett, das drückt, und den Straps, der zwickt, in Kauf. Wenn er als Zaza auftritt, ist alle Tristesse und Melancholie weggeschminkt.

„La Cage Aux Folles“

Das Erfolgsmusical „La Cage Aux Folles“ (Ein Käfig voller Narren) im Theater Basel hat alles, was es auf der Cabaretbühne braucht: schrille Kostüme, Showtanz, Tempo, Witz und Biss, ein perfektes Komödienlibretto und eine unterhaltsame Story im schillernden Travestie-Milieu. Der Erfolg des Stücks beruht nicht nur auf Jerry Hermans eingängiger Musik wie dem Erkennungssong „Ich bin, was ich bin“, der weltweiten Schwulenhymne, sondern auf den gesellschaftlich relevanten Themen, die in der Inszenierung des Berliner Regisseurs und Musicalexperten Martin G. Berger besonders deutlich herausgearbeitet werden: Vorurteile gegenüber Homosexuellen, die Welt der Dragqueens, menschenverachtende Parolen von Populisten.

Dass die agitatorischen Politikerauftritte teils über Videoeinspielungen eingeblendet werden, spiegelt den Zeitgeist. Gerade in Zeiten von „Ehe für alle“ und dem politischen Rechtsruck ist der Stoff so aktuell und brisant wie nie.

Auf der Großen Bühne beherrscht eine riesige Spiegelwand das Geschehen und reflektiert raffiniert Szenen und Figuren. Stefan Kurt als Albin/Zaza ist hinreißend wandlungsfähig: Sensibel und verletzlich kommt er als Privatmann Albin rüber, wenn er nur mit Mieder und Strümpfen bekleidet auf dem Boden liegt, als Kunstfigur Zaza verwandelt er sich glaubhaft in die beleidigte kapriziöse Diva und empfindliche Mimose.

Der „Kerl im Kleid“ hat ein großes Herz und ein mütterliches Wesen. Schließlich hat er Jean-Michel (Max Rothbart), den Sohn seines Lebenspartners Georges, großgezogen. Der gekränkte Albin hat alle Empathie des Zuschauers, weil er beim Treffen mit Jean-Michels Verlobter und deren Eltern nicht dabei sein darf, denn ein homosexuelles Paar ist nicht gesellschaftsfähig.

Tragik des alternden Künstlers bewegt

Überzeugend bringt Stefan Kurt die Tragik und Beziehungsprobleme des alternden Künstlers und die brüchige Fassade des glitzernden Showbiz zum Ausdruck. Im Gegensatz zu ihm ist Roland Koch als sein Lebensgefährte und Clubbesitzer Georges ein einfacher Homosexueller.

Damit Albin nicht länger verklemmt wie ein „alter Bub und Firmling“ aussieht, wird er von seinem Partner auf John Wayne getrimmt: tiefere Stimme, brutaleres Wesen. Als „Onkel Al“ bewegt er sich im Anzug zur Gaudi des Publikums wie Frankenstein.

Die „männliche Lektion“ taugt aber nichts. Wenn Monsieur, Madame und Mademoiselle Dindon zum Familientreffen (in einem klaustrophobisch engen Raum, der zum Käfig wird) eintrudeln, taucht Albin zur Überraschung aller tuntig aufgemotzt als „Mutter“ von Jean-Michel auf: ein absoluter Höhepunkt.

In dieser Szene, in der ein bisschen Charley’s Tante vorbeischaut, wird der stockkonservative, moralinsaure Abgeordnete Dindon (Martin Hug) kräftig nach rechts gerückt – eine Anspielung auf rechtsradikale Strömungen – und Madame Dindon (Liliane Amuat) wirft die Handtasche nach Monsieur, weil der dem als Frau verkleideten Albin Avancen macht.

Die Tanzszenen wie das John Wayne-Männerballett oder der Zitter-Step von Georges sind effektvoll von Marguerite Donlon choreografiert. Zirkusreif ist die Nummer des jungen Liebespaars, das an Reifen wie Trapezkünstler abhebt und durch die Lüfte schwebt. Zur guten Unterhaltung trägt Karl-Heinz Brandt bei, der zur Zeit auf Butler-Rollen abonniert ist und lachend und bellend durch die Szene geistert.

Das Arrangement für elf Musiker von Thomas Wise, dem Studienleiter am Theater Basel, kommt ohne den sonst bei Musicals üblichen Synthesizer aus. Stellenweise ist die Aufführung näher am Boulevardtheater als an Musical Comedy, zumal keine ausgewiesenen Musicalsänger, sondern Singschauspieler auftreten. Wenn zu den glänzenden Shownummern und dem großen Broadway-Finale die Cagelles Band aus dem Graben hochgefahren wird, ist Revue-Glamour mit viel Kostümglitter angesagt: Da wird der „Narrenkäfig“ richtig kultig!

  • Nächste Vorstellung: 17. Februar

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