Basel Pharmabranche kann vorerst aufatmen

Michael Werndorff/sda
Während auch Schweizer Chemieunternehmen von den neuen US-Zöllen betroffen sind, erfährt die Pharmabranche eine Ausnahme. Foto:  

Donald Trump hat wochenlang mit einem gewaltigen Zollpaket gedroht. Am Mittwoch hat er seine Pläne präsentiert, die heimische Unternehmen vor Herausforderungen stellen.

Die USA sind der mit Abstand wichtigste ausländische Absatzmarkt für Waren aus Baden-Württemberg. Mit den von US-Präsident Donald Trump am Mittwoch angekündigten Zöllen werden auch deutsche Produkte in den USA teurer, was exportorientierte Firmen zu spüren bekommen. Denn: Die Wettbewerbsfähigkeit wird sich durch Trumps Strafpolitik deutlich verschlechtern.

Wichtiger Abnehmer

Wie wichtig die USA als Abnehmer für heimische Produkte sind, betonte Uwe Böhm, Geschäftsführer International der Handelskammer Hochrhein-Bodensee, im Gespräch mit unserer Zeitung. Der Anteil des Exports aus Baden-Württemberg in die USA bei Kraftwagen und Kraftwagenteilen liegt bei 26,5 Prozent (9,2 Milliarden Euro), das ist die wichtigste Gütergruppe, die exportiert wird. Gleich dahinter kommen pharmazeutische Erzeugnisse mit 24,4 Prozent mit einem Wert von 8,5 Milliarden Euro. „Die Zölle werden den ganzen Markt durcheinanderwerfen“, ist Böhm überzeugt. Erschwerend kommt hinzu, dass die Länder jeweils mit unterschiedlichen Tarifen belegt werden. Betroffen von den Zöllen ist auch die Schweiz. „Der US-Markt ist für die Region Basel sehr wichtig. 19 Prozent der Exporte gehen in die USA. Die Pharmaindustrie ist als Leitbranche unserer Region zwar von den Zöllen vorläufig ausgenommen, aber die US-Zollpolitik trifft viele Unternehmen in den Bereichen Medtech, Maschinenbau und Präzisionsinstrumente“, erklärte Martin Dätwyler, Direktor der Handelskammer auf Anfrage unserer Zeitung. Grundsätzlich gefährde die US-Zollpolitik alle Branchen, denn der dadurch ausgelöste Handelskonflikt beeinträchtige die internationalen Lieferketten und die Konjunktur weltweit, so Dätwyler. Und weiter: „Unternehmen ohne Produktionsstandorte in den USA und solche, die ersetzbare Produkte herstellen, drohen vom US-Markt ausgeschlossen zu werden. Zu einem Zeitpunkt, an dem die schwache Konjunktur bereits viele Industrieunternehmen belastet. Die Schweizer Regierung muss es schaffen, die USA von einer Rücknahme der Zölle zu überzeugen.“

Ausnahme für Pharma

Die wichtige Pharmaindustrie, oft als Wachstumsmotor der Schweiz betitelt, erfährt Ausnahmeregelungen. Arzneimittel, die Haupt-Exportgüter der Eidgenossenschaft, sollen von den Zöllen nicht betroffen sein. Zur Schweizer Pharmabranche gehören etwa 1000 Firmen, die zusammen rund 75 000 Personen beschäftigen und für rund zehn Prozent des Bruttoinlandprodukts der Alpenrepublik verantwortlich sind.

Novartis hat am Donnerstagmorgen angekündigt, die neue US-Zollpolitik und ihre möglichen Auswirkungen prüfen zu wollen. Der Konzern setze sich für eine konstruktive Zusammenarbeit mit der Trump-Administration und dem US-Kongress ein, erklärte das Unternehmen. Man wolle „sicherstellen, dass die Entwicklung der nächsten Generation von Medikamenten und ein angemessener Zugang für Patienten gefördert werden“, hieß es weiter. Novartis verfüge über ein „robustes“ globales Produktions- und Liefernetzwerk, das es dem Konzern ermögliche, Patienten auf der ganzen Welt Behandlungen zur Verfügung zu stellen.

Roche zeigte sich bereits im Vorfeld gelassen: „Wir sind relativ entspannt, weil wir in den USA die ganze Wertschöpfungskette vor Ort haben“, wiederholte Geschäftsführer Thomas Schinecker in der TV-Sendung „CEO Talk“ auf TeleZüri Aussagen, die er bereits während der Bilanz-Medienkonferenz Ende Januar in Basel getätigt hatte.

In Forschung investiert

So hob er erneut hervor, dass Roche in den USA viel in Forschung und Entwicklung investiert habe und auch viel Produktion in den USA habe. Immerhin zähle Roche um die 25 000 Mitarbeiter in den USA. So hielt Schinecker Befürchtungen, die Umsatz- und Gewinnziele von Roche könnten durch höhere US-Importzölle bedroht sein, für unbegründet.

Die Erklärungen der Trump-Administration sind im Urteil von BAK-Chefökonom Claude Maurer „erstaunlich unklar“, wie er jetzt sagte. „Bei uns würde man sagen: schlampig gearbeitet.“ Doch das sei bei Trump Teil des Konzepts. Maurer spricht in diesem Zusammenhang von einem „shock und awe“-Manöver – also Chaos als Strategie.

Für Verwirrung sorgt etwa die Frage, ob die für die Schweiz wichtigen pharmazeutischen Produkte wirklich ganz von Trumps Zöllen ausgenommen sind. Maurer interpretiert die Aussagen Trumps dahingehend, dass Pharmaexporte ganz von Zöllen ausgeklammert werden – für den Moment jedenfalls. „Doch wer weiß, was morgen ist?“ Sollten die Zölle auch auf die Pharmaindustrie ausgeweitet werden, würde das BIP-Wachstum der Schweiz kommendes Jahr zum Erliegen kommen, ist Maurer überzeugt. Denn mehr als die Hälfte der Schweizer Exporte stammen aus der Pharmaindustrie. Und rund ein Viertel der Ausfuhren gehen in die USA.

Anders als die Pharmabranche profitieren Chemieunternehmen nicht von einer Ausnahme: Der Spezialchemiekonzern Clariant zeigte sich in einer ersten Stellungnahme am Donnerstagmorgen gleichwohl relativ gelassen. Mit rund 90 Prozent lokaler Rohstoffbeschaffung für den Konzern und rund 60 Prozent lokalem Angebot für US-Kunden sei Clariant gut positioniert, wie das Unternehmen darlegte.

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