Frage: Welche Philosophie steckt hinter dem Theaterprogramm?
Wir haben feste Klassiker im Programm. Dazu zählt beispielsweise das „Triptychon“, das noch immer sehr gut läuft und dessen Besuch für viele eine Art Ritual in der Weihnachtszeit darstellt. Auch die „D Mondladäärne“ gehört dazu. Diese Klassiker sind wie Zeitkapseln, und die werden wir auch beibehalten.
Begonnen hat das Marionettentheater aber eigentlich mit Singspielen und Operetten. Mit der Zeit wurde dann nach Themen gesucht, die mit der Frage spielen: Wie geht es nach dem Tod weiter? Das Spiel zwischen Leben und Tod auf eine leichte Art rübergebracht, so dass man es gut verarbeiten kann. Dieses Motiv findet sich bei uns immer wieder: Ableben, zurückkommen, aber stets mit einem gewissen Schalk.
In den 80er und 90er Jahren wurden vermehrt literarisch wertvolle Stücke ausgewählt. Wir hatten beispielsweise Stücke von Max Frisch, William Shakespeare oder Berthold Brecht.
Jetzt ist es mir wichtig, wieder mehr Humor auf die Bühne zu bringen. Die Zuschauer sollen sich amüsieren können, ohne, dass die Stückauswahl deswegen seicht wäre. Bei den Kinderstücken in Baseldeutscher Mundart sollen auch immer Stellen dabei sein, von denen sich die Erwachsenen angesprochen fühlen. In jedem Fall ohne Zeigefinger-Moral! Da bin ich nicht der Typ dazu. Ich möchte nicht den Anspruch erheben, den Leuten einen Weg zeigen zu wollen.
Frage: Haben Sie genügend Zuschauer?
Es ist schon eine Herausforderung. Familienvorstellungen laufen bei uns gut, bei den Erwachsenenvorstellungen ist es schwieriger. Wir haben zwar ein festes Liebhaber-Publikum. Aber es dürften schon neue hinzukommen. Darum haben wir auch vor fünf Jahren eine eigene Vorfasnachtsveranstaltung ins Programm genommen, wo Fasnacht und Figurenspiel vermischt werden. Damit haben wir ein neues Publikum gewinnen dürfen.
Frage: Sie sind selber Spieler. Wie kamen Sie dazu?
Ich war faszinierter Zuschauer, schon als Kind. Und wollte unbedingt wissen, wie es hinter den Kulissen aussieht. Ich habe einen Spielkurs besucht – und so bin ich hängengeblieben. Zunächst mit ganz kleinen Rollen. Das hat sich dann weiterentwickelt. Auch jetzt als künstlerischer Leiter ist es mir wichtig, nicht nur Regie zu führen, sondern auch selbst zu spielen. Ich muss mir ja die Handfertigkeit bewahren.
Frage: Was spielen Sie lieber?
Ich spiele lieber mit Tischfiguren. Die Marionetten sind schwieriger zu spielen, und gehen ganz schön in den Rücken. Die Tischfiguren finde ich auch irgendwie frecher. Und ich kann mit denen als Spieler viel schneller reagieren und bin auch näher beim Publikum.
Frage: Wollten Sie nicht selber als Schauspieler auf der Bühne im Fokus stehen?
Wir haben ja auch Stücke, in denen der Figurenspieler gleichzeitig Schauspieler ist. Letztlich bin ich aber ein Figurenspieler. Ich fühle mich wohler, wenn die Figur im Zentrum steht und nicht ich.
Frage: Die Figuren sind alle selbst gemacht?
Ja – und jede hat ihre Spezialität und ihren Charakter. Von böse bis gut, von Opfer bis Übeltäter. Zu 90 Prozent sind die Figuren hier im Theater entstanden. Der Gründer hat das über Jahrzehnte gepflegt, und seine Nachfolger haben das fortgesetzt. In den 2000er Jahren ist diese Kunstfertigkeit leider weggebrochen. Zusehends werden jetzt Figuren in Auftrag gegeben. Aber es gibt noch sehr viele alte. Die landen übrigens nach ihrem Gebrauch im Historischen Museum, wenn sie nicht mehr gespielt werden. Das hat der Gründer notarisch festgelegt.
Frage: 75 Jahre. Was gibt es Besonderes zum Jubiläum?
Wir machen am Samstag von 12 bis 21.30 Uhr ein großes Fest dem Münsterplatz mit Attraktionen wie Figurenspiel, Basteln, Ausstellung und Führungen. Formationen wie die Pipes and Drums vom Rhy treten auf, und für Kinder gibt es eine Ritterburg; zudem ein eigenes Bier, das Zäänte-Bier und eine Zäänte-Wurst, angelehnt an unseren Spielort den „Zehntenkeller“. Abschließend gibt es ein Konzert mit der Band Prekmurski Kavbojci.
Frage: Was ist Saison-Programm zum Jubiläum besonders?
Es gibt dieses Jahr zwei Neuinszenierungen: Wir starten mit dem Familienstück und dem längstem Titel in der Geschichte unseres Hauses „In einem Schloss in Schottland lebte einmal ein junges Gespenst“, eine heitere Spukgeschichte um das Thema Mut und Annäherung nach dem Kinderbuch von Franz Hohler, ab sechs Jahren. Das kommt mit seinen liebenswürdigen Figuren und den schottischen Klängen sicher gut rüber.
Die zweite Neuinszenierung gibt es zum Saisonende. „Szenensprünge“ ist eine Zusammenstellung aus verschiedenen Epochen mit den jeweiligen Puppen und Stücken des Theaters. Ein Potpourri aus 75 Jahren.
Frage: Sind Sie zuversichtlich für die Zukunft?
Bei unserem motivierten Team bin ich zuversichtlich. Wir haben rund 30 engagierte Spieler, die abrufbar sind, die abends zu den Proben gehen wie andere in den Sportverein, und am Wochenende sind die Auftritte. 30 weitere Menschen kümmern sich um Kasse, Garderobe, Bar. Alles in ihrer Freizeit – ohne Bezahlung. Ein kleines Team aus vier Teilzeitangestellten zieht aber die Fäden im Hintergrund. Doch ohne das Engagement aller Freiwilligen würde es nicht gehen. Die machen das alles aus Liebe zum Figurentheater. Infos: www.bmtheater.ch; Festpropgramm: Samstag, 22. September, 12 bis 21 Uhr, Münsterplatz, Eintritt frei