Mieschers Ziel war eigentlich, die verschiedenen Typen von Proteinen zu entschlüsseln, aus denen Leukozyten bestehen. Dabei machte er im Jahr 1869 eine seltsame Entdeckung, wie das Basler Friedrich-Miescher-Institut (FMI) auf seiner Webseite schreibt: Eine Substanz, deren chemische Eigenschaften nicht der von Proteinen entsprach.
Unbekannte Struktur wird Nuclein genannt
Diese unbekannte Struktur die offenbar nur im Zellkern vorkam, benannte er nach dem lateinischen Wort für Kern (nucleus) „Nuclein“. Diese Bezeichnung klingt heute noch im Begriff „Desoxyribonukleinsäure“ (kurz DNS oder auf Englisch DNA) nach. Miescher entdeckte, dass das Nuclein nicht nur bei Leukozyten, sondern auch bei anderen Zellen vorkam.
Grundstein gelegt für eine Revolution
Mit seiner ersten Isolation der DNA legte Miescher den Grundstein für eine Revolution, die jedoch nur langsam ins Rollen kam: Erst 1944 konnten die US-Forscher Oswald Avery, Maclyn McCarty und Colin MacLeod nachweisen, dass DNA – und nicht wie bis dahin angenommen – Proteine Träger der Erbinformation ist.
Im Jahr 1953 entschlüsselten James Watson und Francis Crick basierend auf Daten von Rosalind Franklin und Maurice Wilkins die Doppelhelix-Struktur der DNA.
Basis für die Entschlüsselung der DNA
In den folgenden Jahrzehnten entwickelten Wissenschaftler Methoden, um die Reihenfolge der Bausteine der DNA zu entschlüsseln, knackten den „Code“, den diese Reihenfolge darstellt, lernten, spezifische Abschnitte des Erbguts zu vervielfältigen und als Blaupause in Bakterien oder Hefezellen einzubauen.
Die Entschlüsselung der Reihenfolge der DNA-Bausteine und daraus folgend des Erbguts des Menschen erlaubte beispielsweise, die genetischen Ursachen für Krankheiten zu entdecken, analoge Genveränderungen in das Erbgut von Versuchstieren einzubauen und die Wirkmechanismen von Krankheiten genauer zu erforschen.
Lediglich neun Fachartikel veröffentlicht
Obwohl Miescher an der Basis dieser Entwicklungen stand, ist sein Name weitaus weniger bekannt als beispielsweise diejenigen von Watson und Crick, welche die DNA-Doppelhelix entschlüsselten. In Tübingen klingt sein Vermächtnis jedoch nach in Form eines Friedrich-Miescher-Labors, in Basel durch das Friedrich Miescher Institut (FMI).
Miescher blieb seinem Geburtsort letztlich treu: Im Jahr 1872 übernahm er an der Universität Basel die Professur für Physiologie, die zuvor sein Vater innegehabt hatte.
Im Rahmen seiner Forschungskarriere veröffentlichte Miescher zu seinen Lebtagen lediglich neun Fachartikel. 1895 starb der Wissenschaftler und Mediziner im Alter von 51 Jahren an Tuberkulose.