Basel Schönheit und Zerrissenheit

Die Oberbadische
Foto: Werner Tschan Foto: Die Oberbadische

Tanz: Aufwühlender Ballettabend im Basler Schauspielhaus

Von Dorothea Gebauer

Basel. Energie, die sich berstend ihren Weg bahnt, kräftig und laut Raum gestaltet. Kein behagliches Verweilen, nirgends, allenfalls in wenigen Pianoklängen elegisch angedeutet. Möglicherweise als Brücke zum nächsten Gefühlsausbruch, zum wilden Aufbegehren einer rituell verschworenen Körpergemeinschaft. „The fools“, ein Ballett unter der Leitung von Hofesh Shechter bindet Aufmerksamkeit und fesselt. Dieser Tanz ist rasante Geschwindigkeit, sanfte Schönheit und kantige Expressivität in einem. Am Freitag war Premiere am Theater Basel.

Die Protagonisten scheinen in einem Zustand verstörender Ekstase, taumelnd im Tumult, symbiotisch verstrickt und verwoben. Die Musiksprache ist hämmernd, mutet zuweilen an wie Kugelhagel oder wie der Einsatz von Maschinengewehren. Da ist Kampf und keine Ruhe, da ist flehende Gebärde mit fuchtelnden Händen, aber auch spottend-ironische Szene. Atemberaubend das Tempo der im Tanz Getriebenen: Wer jagt hier wen? Wer bestimmt das Schicksal? Sind es die Schatten, die das Geschehen mal sitzend, mal stehend bestimmen?

Die Stärke der Tanzsprache bei Shechter ist die Direktheit der Frage, der man sich in ihrer ganzen Dringlichkeit stellen muss. Unausweichlich, unerbittlich, ohne ästhetisierendes Abfedern. Die Tänzer zeigen darin außerordentliche Hingabe und Leidenschaft, als ginge es um Leben und Tod.

Hoffnungsmomente

Feinfühliger, indirekter gibt sich der Duktus bei Choreograf Bryan Arias. Der Cut zwischen einzelnen Segmenten seines Tanzentwurfs ist nicht so hart, die Bewegungen verschmolzener, der Umgang mit der Zeit ein vorsichtiger. Was da an Verbundenheit getanzt wird, wirkt wie ein schimmernder Hoffnungsmoment. Tänzer, die im Kreis stehen, sich voneinander weg aber wieder zu zweit zueinander hin bewegen: Zwischen ihnen geschieht lebhafter Austausch, gelingt bei aller Verringerung des Individuums Sammeln von Zuneigung. „Ich möchte die Schönheit einer von innen kommenden Menschlichkeit komponieren,“ sagt der Künstler Arias. Ihn interessiert, was bleibt, wenn alles Gesellschaftliche wegfällt.

Es macht das Aufeinandertreffen der beiden Choreografen und ihrer Tanzsprache aus, das den Abend so reich macht. So, als würde die Idee, dass das Politische privat und alles Private politisch ist, im Tanz abgebildet.

Das Gespräch zwischen Tänzer und Betrachter wurde unerbittlich eingefordert. Das Basler Publikum antwortet bereitwillig, ist hingerissen und bringt seine Begeisterung mit minutenlangem Applaus zum Ausdruck. Welche Botschaft ist angekommen? Vielleicht ist das nicht das, was zählt. Es wurde weggeführt von der Fragmentierung des Vielerlei und konzentrierte sich auf wesentliche Momente des Daseins.

Brüchig und zerrissen

Dieses ist brüchig und zerrissen und dabei so lebendig und ehrlich. Shechter formuliert es so: „Tanz ist die Kunst, die dich auf dich selbst zurückwirft. Mit Worten ist das schwieriger – da verlieren wir uns und werden clever, raffiniert, kompliziert. Tanz ist einfach: hier und jetzt.“   Die nächsten Termine: 7., 8.,15., 27. Oktober

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