Basel Tropischer Urwald am Rheinknie

Michael Werndorff
Das neue Tropenhaus der Universität Basel ist fertiggestellt und öffnet am Samstag seine Pforten. Foto:  

Im neuen Basler Tropenhaus können Interessierte auf Entdeckungstour gehen.

Ein feiner Sprühnebel der Befeuchtungsanlage rieselt herab, während sich ein Sonnenschutzsegel automatisch in Bewegung setzt – Licht und Schatten werden automatisch gesteuert, ebenso Luftfeuchtigkeit und Temperatur: Die Pflanzen im neuen Tropenhaus der Universität Basel gedeihen unter optimalen Bedingungen, weiß Kurator Jurriaan de Vos. „Wir bilden das gesamte Ökosystem des Regenwalds ab“, erklärt der Experte im Gespräch mit unserer Zeitung. Es ist heiß und schwül im neuen Tropenhaus, das rund elf Millionen Franken gekostet hat und mit einem großen Aufwand betrieben wird.

Abriss nach 50 Jahren

Es grünt üppig, der Endzustand sei aber noch nicht erreicht – weitere Pflanzen werden in der Neuanlage angesiedelt, die auf den Fundamenten des alten Tropenhauses errichtet wurde. Das musste im Jahr 2019 nach einem halben Jahrhundert aufgrund altersbedingter Mängel abgerissen werden. Ein großer Teil der tropischen Pflanzen wurde vorher in ein provisorisches Folienhaus umgesiedelt, berichtet de Vos.

Die Dracula-Orchideen haben einen besonderen Klemm-Mechanismus für die Bestäubung. Foto: Michael Werndorff

Auch der acht Meter hohe Palmfarn musste für die Zeit der Bauarbeiten in ein neues Zuhause. Die mit über 100 Jahren älteste Pflanze des botanischen Gartens wurde in ein Aargauer Gewächshaus transportiert und dann wieder ins Tropenhaus gebracht, bevor die Glasscheiben eingesetzt wurden. Der Umzug sei eine Herausforderung gewesen, blickt de Vos zurück.

Optimale Bedingungen

De Vos und sein Team zeigen den Tieflandregenwald, der sich um den Äquatorgürtel zieht. Die Besucher sollen die besonderen, üppigen Wuchsformen des tropischen Regenwaldes in ihrer Vielfalt erleben, ohne dass dabei streng nach Kontinenten unterteilt wird.

Die Bedingungen sind optimal: Die Pflanzen können jetzt bis zu anderthalb Meter tief wurzeln, verweist der Experte auf ein zu 98 Prozent mineralisches Substrat, das luftdurchlässig ist sowie Feuchtigkeit und Nährstoffe speichert. „Die Bäume wachsen rasend schnell und müssen regelmäßig gestutzt werden.“ Urwaldriesen findet man im Tropenhaus unweit des Spalentors nicht, dafür kann der Botanische Garten mit einer beeindruckenden Artenvielfalt begeistern: Tropische Wälder sind die artenreichsten Ökosysteme der Welt, ein Großteil der Artenvielfalt ist den Aufsitzerpflanzen gewidmet, erklärt der Kurator.

Kauliflorie: Die Früchte des Kakaobaums wachsen direkt aus dem Stamm. Foto: Michael Werndorff

Stämme aus zähem Holz wie Robinien oder Kastanien dienen als Ersatz für die Urwaldriesen. Sie bilden die Waldstruktur für Aufsitzerpflanzen und Lianen, weiß de Vos. Ob er eine Lieblingspflanze hat? „Mehrere! Zu diesen zählen die Dracula-Orchideen, die ein Sexuallockstoff für Fliegen produzieren. Die Bestäubung erfolgt durch einen Klemm-Mechanismus“, was er an einer Blüte demonstriert.

Nicht weniger beeindruckend sei die sogenannte Ameisenpflanze: Diese bildet einen Wohnraum für Ameisen, die das Gewächs vor Fraßfeinden schützen – eine gelungene Symbiose.

Nebelwaldhaus

Der Schauplatz: das erste öffentlich zugängliche gekühlte Nebelwaldhaus. Hier ist es nicht weniger feucht, aber angenehm temperiert. Im künstlich erzeugten Klima herrschen 15 bis 25 Grad, jenseits der 28 Grad würden die Pflanzen, die in Bergnebelwäldern entlang des Äquators beheimatet sind, nicht überleben. Das vorherrschende Klima ist kühler als in den Tieflandregenwäldern.

Kurator Jurriaan de Vos ist begeistert vom neuen Tropenhaus. Foto: Michael Werndorff

Beide Lebensräume sind bedroht – Abholzung und sich ausbreitende Siedlungen lassen die grünen Lungen der Erde schrumpfen. Allein in den vergangenen 20 Jahren sind 15 000 Quadratkilometer Nebelwald verschwunden. „Wir haben leider so gut wie keinen Einfluss auf den Raubbau an der Natur, uns geht es vielmehr darum, Werte zu vermitteln und aufzuzeigen, dass die Lebensräume unbedingt schützenswert sind“, sagt de Vos.

Im neuen Tropenhaus können Interessierte auf Erkundungstour gehen: „Je länger man hinschaut, desto mehr lässt sich entdecken“, meint der Kurator. Gelegenheit dazu bietet der Tag der offenen Tür am Samstag, 27. Mai. Neben zahlreiche Orchideen, Bromelien, Aronstab- und Gesneriengewächsen ist auch eine alte Bekannte wieder am Start: Die Titanwurz aus Sumatra, die mit ihrer gigantischen Blüte begeistert. Noch ist sie klein, irgendwann im Sommer wird sie dann für zwei Tage blühen und das Tropenhaus mit ihrem Aasgeruch erfüllen.

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