Frage: Was hat sich seit der Gründung des Runden Tisches verändert?
Die Zusammenarbeit wurde erheblich verbessert, die Wege sind für alle Beteiligten und Betroffene deutlich kürzer geworden.
Frage: Gibt es denn tatsächlich mehr Fälle Häuslicher Gewalt als früher, oder wird nur stärker darüber berichtet? Fälle aus jüngster Vergangenheit wie etwa der Staufener Missbrauchsfall auf deutscher Seite werden natürlich stark wahrgenommen.
Wir merken schon, dass sich das Bewusstsein in der Bevölkerung verändert hat. Die Fälle werden schneller bekannt. Auch Nachbarn informieren rascher die Polizei.
Frage: Worum ging es in der Fachtagung, die jüngst in Basel stattgefunden hat?
Die Fachtagung widmete sich dem Thema der Traumatisierung, welche durch Häusliche Gewalt entstehen kann. Das Erleben von lebensbedrohlichen Ausnahmesituationen hinterlässt Spuren im Gehirn. Je jünger ein Mensch ist, wenn er massive Gewalt erfährt, desto schädlicher sind die Auswirkungen. Deshalb ist es besonders wichtig, kleinen Kindern, die von Gewalt in der Familie betroffen sind, zeitnah und niederschwellig Unterstützung zukommen zu lassen. Denn kleine Kinder, die im Kontext von Gewalt groß werden, sind immer existenziell davon betroffen. Sie haben keine Möglichkeit, der Gewalt zuhause auszuweichen, und sind auch noch zu klein, um selbst Hilfe zu holen.
Frage: Spielt es dabei auch eine Rolle, dass die Gewalt von Angehörigen ausgeht?
Ja. Die Auswirkungen traumatisierender Gewalterlebnisse sind deutlich gravierender, wenn die Gewalt von nahen Bezugspersonen ausgeht. Menschen, die durch Naturkatastrophen traumatisiert sind, entwickeln viel seltener posttraumatische Belastungsstörungen als Opfer Häuslicher Gewalt. Auch die Weitergabe von Gewaltmustern über mehrere Generationen hinweg wurde an der Tagung thematisiert. Ebenfalls wurden wirksame psychotherapeutische Heilmethoden vorgestellt und diskutiert.
Frage: Was raten Sie Opfern häuslicher Gewalt, und an wen können sich diese wenden?
In akuten Gewaltsituationen ist es wichtig, sofort die Polizei zu rufen. Opfer Häuslicher Gewalt sollen sich auf jeden Fall Hilfe von Fachpersonen holen und sich zudem von Opferhilfeorganisationen beraten lassen.
Weitere Informationen: Ansprechpartner finden Opfer Häuslicher Gewalt im Internet unter www.loerrach.de/lebenslagen sowie beim bundesweiten kostenlosen Hilfstelefon unter Tel. 0800 011 6016.
ist Genderwissenschaftlerin und engagiert sich als Leiterin der Fachstelle Häusliche Gewalt Basel-Stadt, Vertreterin der Konferenz der Interventions- und Fachstellen gegen häusliche Gewalt in der deutschsprachigen Schweiz (KIFS) und Vorstandsmitglied der Schweizerischen Konferenz gegen Häusliche Gewalt (SKHG) im Kampf gegen Brutalität in den eigenen vier Wänden. Sie leitet auch den Runden Tisch Häusliche Gewalt in Basel.