Daneben kommen in ihrem Tagebuch auch die ganz alltäglichen Sorgen und Nöte einer Heranwachsenden zur Sprache. Anne beschreibt die körperlichen Veränderungen, die sie an sich wahrnimmt, das Erwachen ihrer Sexualität und das Aufkeimen von liebevollen Gefühlen für ihren Mitbewohner Peter van Pels. Erst vor wenigen Jahren wurden Seiten entziffert, die – vermutlich von Anne selbst – mit Packpapier überklebt worden waren und in denen sie einen Eintrag zu Beginn einer Seite durchgestrichen hatte. Da dadurch gleich zwei Seiten nach ihrem Empfinden unbrauchbar geworden waren, nutzte sie den freien Platz zum Niederschreiben anzüglicher Witze. Dann wieder nutzte Anne ihre Tagebucheintragungen, die sie an verschiedene fiktive Freundinnen adressierte, für tiefschürfende Analysen des Zeitgeschehens. „Einmal werden wir auch wieder Menschen und nicht allein Juden sein“, notierte Anne, die im Konzentrationslager Bergen-Belsen umkam, in ihr Tagebuch.
Gerade dieses Nebeneinander von Alltäglichem und den Schrecken ihrer Situation macht für Kugelmann noch heute das Zeitlose dieses Buches aus, das in mehr als 70 Sprachen übersetzt wurde. Es sei wichtig, Anne auch als normales Mädchen zu sehen, nicht allein als Symbol gegen die Schrecken des Holocaust.
„Das Tagebuch ist ein guter, starker, beeindruckender Text, geschrieben in Klarheit für die Situation im Versteck und die Welt darum herum“, sagt er. Vor allem sei das Buch ein authentisches Zeitdokument und geistiges Erbe der europäischen Kultur und Geschichte.