Basel Vom Zerstören und Bewahren

Gabriele Hauger
 Foto: Gabriele Hauger

Ausstellung: Cyprien Gaillards „Roots Canal“ im Museum Tinguely.

Basel - Als einen der interessantesten Künstler unserer Zeit und großen Ästheten schätzt Museumsdirektor Roland Wetzel den 1980 geborenen Cyprien Gaillard. Das Museum Tinguely widmet dem in vielen Medien arbeitenden, zwischen Berlin und New York beheimateten Franzosen viel Platz. In ihrer Reduziertheit wirkt die Ausstellung „Roots Canal“ beeindruckend, konzentriert sie sich doch auf drei ganz unterschiedlich angelegte, jeweils grandios effektvolle Arbeiten: Installation, Video, Film.

Erster Hingucker ist der gewaltige, offene Raum, in dem sich neun unterschiedlich große Baggerschaufeln gegenüberstehen. Sie gleichen individuellen Köpfen mit großen Mündern und entfalten eine erstaunliche Ästhetik. Gaillard hat sie in den USA aufgespürt, gereinigt und in ihren Aufhängungen orange schimmernde, bearbeitete Stangen aus Onyx und Kalkspat befestigt. Wie Reliquien oder Skulpturen positioniert, stehen sie auch darum für den den Künstler stets bewegenden Prozess der Transformation zwischen Zerstörung, Bewahrung und Wiederaufbau. Die Bagger-Köpfe mit ihren Rissen und Spuren, aufgedruckten Zahlen, Rostflecken und Löchern sind dafür ein ideales Symbol. Sie verbinden Vergangenheit und Zukunft: Moderne Mechanik, die uraltes Gestein bewegen kann. Die Installation hält den Augenblick des Verharrens dieser gewaltigen Maschinen fest, die Schaufeln werden zu musealen Fossilien.

Gaillard legt in seinen Arbeiten den Fokus auf Urbanität. Auf das, was die Erde, der Mensch, die Städte einst waren und was sie heute sind, wie sie sich wandeln, wie sie beeinflusst werden. Und er verweist darauf, dass das Verschwinden von Bestehendem in Kauf genommen werden muss, um Neues zu schaffen. Auch darum wohl faszinieren den weit gereisten Künstler ostdeutsche Plattenbauten genauso wie Pyramiden im Irak, Ruinen in Tschernobyl, alte Bunkeranlagen oder mexikanische Kultstätten.

Video-Projektion

Zweite umfassende Arbeit im Musuem Tinguely ist die wandfüllende Video-Projektion KOE aus dem Jahr 2015. In Zeitlupe und ohne Ton filmte der Outdoor-Künstler einen Schwarm grüner Sittiche, eine invasive Art, die sich mittlerweile auch in Europa heimisch fühlt. Sie fliegen durch die Straßen Düsseldorfs. Aus Vogelperspektive gleitet das Auge des Betrachters über Baustellen und Boutiquen, Parks und Straßenzüge, entlang Hochhäuserfassaden. Glitzernde Moderne neben brachialem Umbruch – Urbanität pur.

Im letzten Ausstellungsraum kann der Besucher auf einen geradezu psychedelischen Trip gehen. Mit 3D-Brille ausgestattet, reihen sich im 15-minütigen Film geradezu fantastisch wirkende Szenen scheinbar zusammenhanglos aneinander, untermalt von der an- und abschwellenden Musik, einem stets wiederkehrenden Refrain einer von Gaillard selbst gesampelten Version des Rocksteady-Musikers Alton Ellis „I’m a looser“.

„Nightlife“ heißt diese Arbeit, und die nächtlichen Szenen reichen von Feuerwerkaufnahmen aus Berlin, über rauschende Baumwipfel, die geradezu tänzerisch wirken, bis zu Aufnahmen der berühmten Rodin Figur „Der Denker“, die nächtens von der Kamera umkreist wird. So hat man dieses Werk noch nie gesehen: ungeheuer plastisch, detailreich, geheimnisvoll glänzend. Dem Sog dieses verwirrend-ergreifenden filmischen Nachtlebens zwischen Natur und Stadt kann man sich nur schwer entziehen.  16. Februar bis 5. Mai

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