Basel Von der Kunst an Fäden

Gabriele Hauger

Theater: Das traditionelle Basler Marionetten Theater startet in die neue Saison

Von Gabriele Hauger

Basel. Seit 1956 tanzen im Basler Zehntenkeller die Puppen: Das Marionetten Theater Basel hat damals am schönen Münsterplatz sein Domizil gefunden – und präsentiert hier seitdem viel mehr als pures Marionettentheater. Seit fünf Jahren trägt das Haus daher auch den Untertitel „Die Welt der Figuren“. Und dieses facettenreiche Universum reicht vom Bilderbuchklassiker mit Tischfiguren über Weihnachtsgeschichten mit Fadenmarionetten bis zu Handpuppen und Dialektstücken. Der Besuch im Marionetten Theater ist in Basel eine Tradition, die oft von Generation zu Generation weitergegeben wird.

Mit eigener Handschrift

„Man kennt uns“, bringt es der künstlerische Leiter Markus Blättler auf den Punkt. Die mittlerweile 79. Saison des Theaters hat vergangenen Samstag mit einer Europäischen Marionettengala begonnen – und dabei die Kunst des Spiels am Faden demonstriert. Die Kooperation mit Prag und Salzburg bewies die große Vielfalt des traditionellen Marionettenkunstspiels und zeigte, wie jedes Theater doch seine eigene Handschrift pflegt.

Im Theater waren die Befürchtungen groß, dass das Publikum nach der Corona-Hochzeit nicht zurückkehren könnte. Doch man ist zufrieden, besonders die Familienproduktionen ziehen.

Seit fünf Jahren ist Markus Blättler Theaterleiter. Das „Eigengewächs“ des Theaters ist seit 30 Jahren selbst als Spieler im Zehntenkeller aktiv. Er übernahm zunehmend große Rollen, führte Regie, schrieb Texte – und wurde schließlich der Chef des Hauses – mit fünf bezahlten Mitarbeitern sowie rund 60 Kräften, die ehrenamtlich mitarbeiten. „Alle sind ambitioniert und wollen gutes Theater zeigen“, sagt Blätter.

Etwas besonderes des Traditionhauses ist das riesige Lager mit den vielen, oft sehr alten, handgearbeiteten Puppen. „Das haben wir in der Corona-Zeit mal endlich richtig aufgeräumt und sortiert.“

Blätter spielt weiterhin gerne selbst. Dafür muss er aber auch regelmäßig üben. „Jede Figur spielt sich anders, der Spieler muss sich immer wieder neu orientieren“, erklärt er. Spieltechnisch sei das Marionettenspiel die Königsdisziplin. Durch die Fäden beträgt der Abstand zwischen Spieler und Figur rund eineinhalb Meter. Jede Puppe ist unterschiedlich schwer, was ganz schön in die Schultern gehen kann.

Spielkurse im Theater

Für Interessierte bietet das Marionetten Theater übrigens Spielkurse oder Führungen durch die Werkstatt an. Erwachsene besuchen solche Angebote aus unterschiedlichen Gründen, weiß Blättler. Entweder aus reiner Spielfreude oder auch als Medium in der Erziehungsarbeit. „Kinder öffnen sich gegenüber einer Puppe oft leichter.“

Die Tradition des Marionettenspiels zu bewahren, liegt ihm sehr am Herzen. „Diese Theaterform verschwindet leider zusehends, mobile Figurentheater-Bühnen bieten das kaum an.“ Dabei habe das Marionettenspiel seinen besonderen, geheimnisvollen Reiz. Der Vorhang geht auf, eine neue Welt entsteht, die Spieler bleiben unsichtbar – für Blätter ist dies der große Zauber der Imagination.

Warum lieben die Menschen – groß und klein – das Figurentheater so sehr? „Es darf überzeichnen, die Charaktere spitzer ausformen, es gibt Situationskomik und ist vielleicht für viele Erwachsenen auch eine Reise in die eigene Kindheit“, vermutet der künstlerische Leiter.

Viele „Wiederholungstäter“

Auch darum besuchen sein Theater viele „Wiederholungstäter“. Für manche Basler ist die Adventszeit ohne den Besuch des Weihnachtsklassikers „Triptychon“ undenkbar. Manche waren bereits als Kinder da, kommen jetzt mit ihren Enkeln und lassen sich entzücken von den drei liebenswerten Eigenbrötlern, die nach ein paar Schnäpsen beschließen, sich als Heilige Drei Könige zu versuchen, und dann höchst bemerkenswerte Begegnungen haben. Des weiteren gibt es eine Neuinszenierung des Kultkrimis „Der Hexer“. Neu und zeitgemäß aufgelegt wird in dieser Saison das „Rumpelstilzli!", das erste Kinderstück des Theaters von 1956. Traditionell wird eben auch im Basler Dialekt gespielt, wie in „D Mondladäärne“ mit der Original-Stimme aus dem Jahr 1951. „Ich liebe dieses Stück sehr. Da kommen so schöne alte Basler Ausdrücke vor, und das Ganze hat viel Komik, die heute genau wie damals funktioniert.“

Neben Eigenproduktionen (80 Prozent) zeigt das Marionetten Theater auch Gastspiele. So kommt am 12. November Anne Klinge mit ihrem Fußtheater nach Basel, eine Geschichte, die auf Youtube über 40 Millionen Mal geklickt wurde – und die zeigt, wie modern und aufgeschlossen das Basler Traditionstheater auch ist.

Egal, ob Familienproduktion oder Erwachsenenvorstellung: Ein Besuch des Marionetten Theaters ist laut Markus Blätter wie eine Reise in die Kindheit, die das Herz berührt.  Infos: www.baslermarionettentheater.ch; coronabedingt wurde im Theater eine neue Lüftung eingebaut.

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