Basel Wenn daheim die Fetzen fliegen

Denis Bozbag
In Basel hätten die Anfragen beim Frauenhaus deutlich zugenommen, berichtet Heimleiterin Bettina Bühler. Foto: Archiv

Coronakrise: Ausgangsbeschränkungen können familiäre Konflikte und Gewalt an Frauen verstärken.

Regio - Wenn daheim Konflikte bereits den Alltag vorgegeben haben und familiärer Streit oft in Gewalt ausgeartet ist, verschärft sich seit den Ausgangsbeschränkungen für viele Betroffene die häusliche Lage umso mehr. Basler Fachleute sagen daher wegen der Coronakrise eine Zunahme von Anfragen bei Frauenhäusern voraus.

„Für viele Frauen und Mädchen ist die Gefahr dort am größten, wo sie eigentlich am sichersten sein sollten: in ihren Häusern“, sagte UNO-Generalsekretär António Guterres dieser Tage in einem öffentlichen Video. Ein schrecklicher Anstieg von körperlichen Angriffen auf weibliche Mitglieder im Haushalt sei global in den vergangenen Wochen zu beobachten gewesen, schilderte Guterres in New York die Situation vieler Frauen. In einigen Ländern habe sich die Zahl der Notrufe an Hilfseinrichtungen verdoppelt.

In einem Gespräch mit der Basellandschaftlichen Zeitung bestätigte Miko Iso, Leiterin der Fachstelle Häusliche Gewalt, den weltweiten Trend auch für Basel: „Ich habe von mehreren Stellen vernommen, dass sie aktuell eine Zunahme an Anfragen und Meldungen verzeichnen.“ Dazu gehörten nicht nur die verschiedenen Beratungsstellen, sondern auch die Kantonspolizei Basel-Stadt. Genaue Zahlen für die Vorfälle und Anfragen gibt es laut Iso noch nicht. Die Staatsanwaltschaft vermeldete auf Nachfrage der Basellandschaftlichen Zeitung, diese könnten erst Ende April bekanntgegeben werden.

Das Frauenhaus sei derzeit eine der Einrichtungen, die besonders viele Hilferufe erhalte: „Wir erleben gerade eine sehr intensive Zeit“, berichtet Bettina Bühler, Leiterin des Frauenhauses beider Basel. Ob der Zuwachs nur auf die Coronakrise zurückzuführen sei, ließe sich noch nicht beurteilen: „Das kann auch zufällig sein“, räumt sie gegenüber der Zeitung ein.

Entspannte Lage noch diesseits der Grenze

Im Landkreis Lörrach scheint sich die Situation noch nicht zugespitzt zu haben, wie Antje Lauber vom geschäftsführenden Leitungsteam des Frauenhauses Lörrach im Gespräch mit unserer Zeitung mitteilt. „Allerdings gehen wir davon aus, dass wir in absehbarer Zeit eine Welle von Anfragen verzeichnen werden.“ Viele Frauen würden durch die Ausgangsbeschränkungen noch stärker von ihrem sozialen Umfeld abgeschnitten. „Meist war dies schon vor Corona der Fall.“ Oftmals müssten Opfer über die häusliche Gewalt Stillschweigen bewahren, den Konflikt in der Familie behalten und hätten Mühe, Unterstützung von außen zu bekommen.

Lauber und ihre Teamkolleginnen haben langjährige Erfahrung mit der Entwicklung familiärer Krisen und beobachten einen Steigerung an Kontaktaufnahmen vermehrt nach Ferienzeiten und Feiertagen wie Ostern und Weihnachten. Dann seien die Familien für Tage eng beisammen und gewaltbereite Väter oder Ehemänner nicht auf der Arbeit.

Um einem möglichen Ansturm von Hilferufen Herr zu werden, sei das Frauenhaus mit dem Landkreis Lörrach schon in Verhandlung getreten, um Räumlichkeiten außerhalb der Einrichtung anmieten zu können.

„Aufgrund der geltenden Abstandsregeln sowie der Möglichkeit, auch Corona-infizierte Frauen bei uns isolieren zu können, haben wir die verfügbaren Plätze im Frauenhaus reduzieren müssen.“

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