Basel Wenn die Schifffahrt zum Erliegen kommt

Michael Werndorff
 Foto: Michael Werndorff

Logistik: Niedriger Rheinpegel schränkt Ladekapazitäten ein / Deutschland soll Fahrrinne vertiefen

Von Michael Werndorff

Basel. Es müsste eine Woche am Stück regnen, damit sich die Lage für die Schifffahrt auf dem Rhein normalisiert. Doch selbst dann wäre eine Entspannung nicht in Sicht: Das Preisniveau für Schiffstransporte hat sich verdoppelt, und daran wird sich in absehbarer Zeit nichts ändern.

„Die gesamte Branche hofft auf anhaltenden Regen“, wie André Auderset, Chef der Vereinigung für Schifffahrt und Hafenwirtschaft, im Gespräch mit unserer Zeitung berichtet. Die Schifffahrt auf dem Oberrhein ist größtenteils eingestellt, denn die wichtige Lebensader führt extrem wenig Wasser. Der für die Schifffahrt maßgebliche Pegel bei Kaub lag am Montag nur noch bei 32 Zentimetern, am Dienstag bei 33 – für viele Schiffe ist das zu niedrig. „Unter 40 ist die Lage bedrohlich, unter 30 ist Feierabend“, erläutert Auderset. Basel sei von Rotterdam teilweise abgeschnitten.

Dabei sei die Schifffahrt bei Niedrigwasser nicht verboten. „Die Schiffer entscheiden selbst, ob sie noch passieren können und wollen.“ Während im sogenannten Gebirge, also im Bereich mit Loreley und Kaub, bei Niedrigwasser kritische Stellen sind, ist die Lage ab Straßburg im Grand Canal d’Alsace aufgrund der Schleusen normal.

Fahrrinne vertiefen

Darüber hinaus sei die Fahrrinne bis Muttenz tiefer ausgebaggert, erklärt Auderset. „Das erhoffen wir uns auch von Deutschland.“ Mit dem Aktionsplan Binnenschifffahrt wurde das Thema auf die Agenda gesetzt, allerdings sei in Sachen Fahrwasservertiefung an den neuralgischen Punkten noch nichts geschehen. Das moniert auch Thomas Knopf, Geschäftsführer des Basler Transportunternehmens Ultra-Brag, im Gespräch mit unserer Zeitung. Verbände und Interessengruppen seien aktiv dabei, das Thema voranzutreiben. Über den diplomatischen Weg müsse die Schweiz Unterstützung für das Vorhaben signalisieren.

Derzeit fährt die Binnenschifffahrt noch, doch sie fährt mit reduzierter Ladung, macht Knopf deutlich. „Wir haben gelernt, mit Niedrigwasser zu leben. Allerdings hat die Häufigkeit zugenommen, und das bereitet uns Sorgen.“ Für die Hafenlogistik sei das Niedrigwasser auf dem Rhein eine große Herausforderung. Es kämen derzeit praktisch keine Schiffe mehr heran.

Kosten laufen weiter

Die Umschlagkapazitäten stünden still, die Kosten liefen derweil weiter. Und auch für die Kunden sei es schwierig, denn einige Schiffstypen können laut Knopf nicht mehr zum Einsatz kommen, alle anderen fahren nur noch mit weniger Ladung. Für dasselbe Frachtvolumen brauche es nun vier bis fünf Schiffe, was den Transport stark verteuere. Derzeit seien beim Import insbesondere Mineralöl, Getreide und Weizen, beim Export Recyclingmaterial betroffen, das in den Niederlanden verarbeitet wird.

Bahn ist keine Alternative

Mal eben Waren auf Straße und Schiene umzuleiten, sei keine Option, weiß Auderset. Die Deutsche Bahn habe nicht genügend Kapazitäten, nach wie vor fehle ein weiteres Gleis zwischen Karlsruhe und Basel. „Die Schiene ist keine Konkurrenz und die Straße viel zu teuer“, bringt der Experte es auf den Punkt. Ein voll beladenes Schiff seien rund 140 Lastwagen.

Die Niedrigwasserperiode mit ihren Folgen sollte nicht überbewertet werden. Für die Landesversorgung, sei es kein Problem, wenn auf dem Rhein einmal drei Wochen lang nichts mehr gehe. Die Schweiz habe genug Reserven in ihren Pflichtlagern, um einen Zeitraum von rund vier Monaten überbrücken zu können.

Dramatisch zeigt sich die Lage im Tourismussektor, berichtet Auderset. Die Branche sei sehr besorgt. Denn: Gerade der schönste Rheinabschnitt bei der Loreley sei nicht befahrbar. Gäste müssten vom Schiff und dann mit Bussen weiterfahren. Es hagele Stornierungen.

Krieg hat Folgen

Das Niedrigwasser im Rhein sei aber nicht das einzige Problem. Auch der Krieg in der Ukraine und weltweite Staus von Containerschiffen haben dazu beigetragen, dass sich die Situation immer weiter zugespitzt hat. Viele Kornfrachter sind laut Knopf nicht mehr auf dem Rhein, sondern der Donau unterwegs, um Weizen aus der Ukraine zu transportieren. Weiter führen zusätzliche Kohletransporte für deutsche Kraftwerke zu einer Verknappung der Schiffskapazitäten. „Das Preisniveau für Schiffstransporte hat sich verdoppelt, daran wird sich auch nach Normalisierung des Pegels in absehbarer Zeit nichts ändern“, verweist Knopf auf langfristige Verträge.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading