Basel Wenn Einsamkeit quälend wird

Nils Straßel
Sport und Bewegung in der freien Natur helfen dabei, mit psychischem Stress besser fertig zu werden. Foto: Kristoff Meller

Interview: Der Basler Psychologe Udo Rauchfleisch über die seelischen Folgen der Corona-Maßnahmen

Die Corona-Pandemie stellt die Welt auf den Kopf und die Menschen vor große Herausforderungen. Ausgangssperren, Abstandsgebot und häusliche Isolation können die Psyche belasten. Nils Straßel unterhielt sich hierzu mit dem Basler Psychologen und Psychoanalytiker Udo Rauchfleisch.

Herr Rauchfleisch, wie beurteilen Sie den Einfluss der aktuellen Krise und des damit verbundenen Zuhausebleibens auf die Psyche einer Person? Besteht hier Konfliktpotenzial oder kann es gar gefährlich werden?

Das Zuhause-bleiben-Müssen hat auf die Menschen körperlich wie psychisch einen großen Einfluss. Von einem Augenblick zum anderen ändert sich sehr viel. Dies gilt für Menschen, die alleine leben ebenso wie für jene in Familien.

Tatsächlich kann es zu gefährlichen Situationen kommen, wenn die Einsamkeit quälend wird und die Betroffenen in Panik geraten. Oder wenn es in Familien oder Paarbeziehungen wegen der Enge und des AufeinanderAngewiesenseins zu großen Spannungen kommt.

Was kann man gegen Einsamkeit unternehmen?

Die Menschen, die sich einsam fühlen, sollten die Kontakte, die möglich sind, unbedingt per Telefon oder Skype halten. Sie können sich ja auch zu gemeinsamen Spaziergängen mit dem nötigen Abstand treffen. Wenn sie in Panik geraten, sollten sie versuchen, einen kühlen Kopf zu bewahren, sich die Realität vor Augen führen und sich nicht von Horrorszenarien und Verschwörungstheorien beeinflussen lassen. Darüber hinaus sollten sie alles tun, womit sie sich beruhigen können, zum Beispiel TV schauen, lesen, etwas essen und trinken, aber auf keinen Fall „Trost im Alkohol“ suchen.

Hilft der aktuelle Trend von Video-Gruppenanrufen?

Auf jeden Fall ist das eine gute Möglichkeit, Kontakt zu pflegen. Außerdem regelmäßige Telefonanrufe mit Angehörigen und Freunden.

Was passiert, wenn Menschen zu lange auf engem Raum miteinander „eingesperrt“ sind?

Das muss nicht unbedingt schlimme Folgen haben. Es kann aber zu großen Spannungen führen, dies vor allem in Beziehungen, die ohnehin schon spannungsreich sind. Wenn die Situation eskaliert, sollten Betroffene unbedingt professionelle Hilfe von außen suchen.

Wie lassen sich in solchen Situationen entstandene Spannungen zwischen Familienmitgliedern oder Mitbewohnern abbauen?

Alles tun, was deeskaliert, und versuchen, sich im Moment aus dem Weg zu gehen. Betroffene sollten gemeinsam versuchen, sachlich zu sein und die persönlichen Probleme zur Seite zu stellen. Sich körperlich abreagieren, zum Beispiel beim Sport oder auch, wenn das hilft, durch Musik hören, lesen, etwas essen und trinken, kann zum Abbau von Spannungen beitragen.

Ist Routine sinnvoll oder schädlich in einer solchen Situation?

Unbedingt die Routine und Struktur beibehalten: beizeiten aufstehen, Essenszeiten einhalten, sonstige Gewohnheiten weiterführen. Struktur bietet Sicherheit und Orientierung, die gerade in dieser unsicheren Situation besonders wichtig sind.

Welche Rolle spielt physische Aktivität wie Sport, körperliche Arbeit für die Psyche?

Wenn eben möglich, sollten Sport und Bewegung nicht vernachlässigt werden. Das tut körperlich gut und stärkt die Widerstandskraft, ist aber auch psychisch wichtig im Sinne von „Dampf ablassen“.

Welchen Rat haben Sie außerdem in Zeiten des sich ausbreitenden Coronavirus?

Die Menschen sollten sich gut und sachlich informieren und das auch Angehörigen, vor allem Kindern, so vermitteln. Zum Beispiel, dass das Virus haben, nicht heißt, die Person werde dann auch sterben. Und erklären, dass es zwar manchmal so erscheint, als ob in den Geschäften nichts mehr zu finden sei, aber wissen, dass diesbezüglich in unseren Ländern absolut keine Engpässe entstehen.

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