Basel Wie ein Basler Ehepaar gegen die Tigermücke kämpft

Michael Werndorff
Renata und Oskar Lehner kämpfen mit einer pfiffigen Erfindung gegen Tigermücken. Foto: Michael Werndorff

Renata und Oskar Lehner haben der Asiatischen Tigermücke den Kampf angesagt. Dabei spielen Velofelgen eine entscheidende Rolle.

„Die Kinder können gar nicht mehr im Planschbecken spielen. Die Biester sind nämlich auch tagsüber aktiv. Und der Stich schmerzt mehr als bei den heimischen Stechmücken“, beschreibt Renata Lehner die aktuelle Situation in ihrem Garten. Ihr Mann Oskar nickt und ergänzt: „Die Lage ist wirklich schlimm.“ Die Asiatische Tigermücke breitet sich in der gesamten Region immer weiter aus und ist auch längst im Basler Neubad-Quartier zu einer Plage geworden. Erstmals wurde Aedes albopictus, so der lateinische Name, vor zehn Jahren beim Zoll nahe der französischen Grenze nachgewiesen – höchstwahrscheinlich wurde die Mücke durch den internationalen Verkehr nach Europa eingeschleppt. Seither hat sich der potenzielle Überträger von Dengue-, Chikungunyafieber oder des Zikavirus weiter ausgebreitet, auch über die Grenzen hinweg ins Südbadische. In Basel ist mittlerweile das gesamte Siedlungsgebiet betroffen. Im Jahr 2023 waren laut Kanton erst 70 Prozent befallen. Insgesamt waren vergangenes Jahr von den 279 aufgestellten Fallen 251 Standorte positiv. Das bedeutet: In 90 Prozent der Fallen konnten Tigermücken nachgewiesen werden. Über die ganze Saison 2024 hinweg seien zudem rund 83 000 Eier gefunden worden – im Vorjahr waren es noch etwa 36 000.

Idee kam beim Radfahren

Das pensionierte Paar hat den Tigermücken den Kampf angesagt – im Keller ihrer Hauses bauen sie aus Velofelgen Abdeckungen für Regentonnen. Diese sollen verhindern, dass die Insekten ihre Eier im Wasser ablegen. Die Idee dazu hatte Oskar vorletztes Jahr – beim Radfahren. „Meinem Mann kommen stets gute Einfälle, wenn er mit seinem Rennvelo unterwegs ist“, sagt Renata Lehner. „Er ist ein wahrer Daniel Düsentrieb.“ Das sei schon immer so gewesen, erzählt der 78-jährige Tüftler, der bis vor wenigen Jahren noch einen Fahrradladen hatte und als „Velo Oski“ bekannt war. Wenn ich eine Lösung für ein technisches Problem suche, radle ich, dann klickt es im Oberstübchen, und ich habe die Lösung bildlich vor Augen.“ Und wie ist er auf die Velofelgen gekommen?

In ihrem Garten achtet Renata Lehner darauf, dass die Tigermücke keine Brutstätte findet und die Abdeckung fest auf der Regentonne sitzt. Foto: Michael Werndorff

Nach der Schließung seines Ladens, in dem er unter anderem Tandems baute, die seine Frau vertrieb, waren noch rund 600 Felgen im Lager. Die sollten nicht auf dem Schrott enden, dachte sich das Ehepaar. „Und dann hatte ich eines Tages den Einfall, aus Felgen, rostfreiem Mückengitter, Schlauch und Draht stabile Abdeckungen zu fertigen.“

Gemeinschaftsarbeit mit Aufgabenteilung

„Schauen Sie mal, das ist mein Prototyp“, sagt er und hält eine Felge hoch. Seither sei viel Zeit vergangen. „Das weiterentwickelte Modell sieht aus wie aus einer professionellen Produktion, wie aus dem Geschäft“, zeigt er sichtlich zufrieden. Mit einem Reifen drumherum, damit man sich nicht an den Rändern des Fliegengitters verletzt.

Die Abdeckung ist eine Gemeinschaftsarbeit mit klarer Arbeitsaufteilung: Links in der Werkstatt steht ihr Tisch, wo sie das Gitter mit einer Schablone zurechtschneidet und mit Klammern und Gummis auf eine Felge spannt. In einem weiteren Arbeitsschritt übernimmt Oskar Lehner die Felge, die er in einem eigens entworfenen und selbst gebauten Schraubstock fixiert, um das Netz dann festzuspannen, damit es nicht durchhängt. Andernfalls könnten die Mücken ans Wasser gelangen und ihre Eier ablegen, wie der Senior erklärt. Für ihn spielt auch der Nachhaltigkeitsgedanke eine Rolle. „Die Felgen werden sinnvoll genutzt und landen nicht auf dem Schrott.“ Einen Abnehmer habe er nämlich nicht finden können. Mit schnellen und eingespielten Handgriffen dauert es rund eine halbe Stunde, bis eine Abdeckung fertig gebaut ist.

Behindertenwerkstatt übernimmt

Das Ehepaar verkauft die Abdeckungen in der ganzen Schweiz, und zwar für 25 Franken. „Davon wird man natürlich nicht reich“, schmunzelt er. Mehr als 250 Abdeckungen haben Oskar und Regina Lehner hergestellt und verkauft. Bis vor kurzem haben sie noch jemanden gesucht, der ihnen die Produktion für wenig Geld abkauft, denn so viel wollen die Ruheständler nicht mehr arbeiten. Bald werden die Abdeckungen in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung entstehen – das sei dann eine richtige Gemeinschaftsarbeit, wenn gleich mehrere Menschen an den Felgen arbeiten.

Seine pfiffige Idee hat es schon in die Medien geschafft: „Von der Schweizer Illustrierten wurden wir mit einer Rose ausgezeichnet. Die gibt es, wenn man etwas Positives schafft“, erklärt Renata Lehner. Dann habe „Bajour“ sie zum Basler des Tages gekürt und das deutsche Fernsehen habe ihnen auch schon einen Besuch abgestattet, freut sie sich über den Medienrummel. Mit Blick auf die Tigermücke: Die Menschen müssten endlich handeln. „Wahrscheinlich muss der Leidensdruck noch größer werden, damit auch wirklich jeder etwas gegen die Tigermücke unternimmt“, betont Oskar Lehner.

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