Binzen Macher mit Gespür für Märkte

Siegfried Feuchter
Jörg Hieber vor der Wand mit den vielen Preisen und Auszeichnungen Foto: Siegfried Feuchter

Jörg Hieber im Interview

Noch täglich ist der vitale 84-Jährige in seinem Büro anzutreffen, denn als Vorsitzender des Beirats ist er in alle wichtigen Entscheidungen eingebunden. Jörg Hieber hat sich zwar längst aus dem operativen Geschäft zurückgezogen und 2009 sein Lebenswerk an seinen Sohn Dieter übergeben, doch als Beiratsvorsitzender ist der ehemalige Aufsichtsratschef von Edeka Deutschland weiterhin eng mit dem Familienunternehmen verbunden. Unsere Zeitung unterhielt sich mit Jörg Hieber.

Haben Sie 1966, als Sie zusammen mit Ihrer Frau Anneliese in Höllstein einen 50 Quadratmeter großen Lebensmittelladen eröffneten, davon geträumt, Jahrzehnte später einer der bedeutendsten Lebensmittelhändler der Region zu sein?

Nein, das war nicht unser Ziel. Ich wollte eigentlich nicht im Lebensmittelhandel tätig sein. Doch weil wir eine Wohnung suchten und dieser kleine Laden mit dazugehörender Wohnung in Höllstein zu haben war, nahmen wir das Angebot an. Zum langfristigen Überleben war das Lädele aber zu klein. Unser Bestreben war es, Startkapital aufzubauen, um dann eine Konditorei mit Café zu übernehmen. Doch es kam bekanntlich anders.

Was Sie gewiss nicht bereut haben dürften. Wie haben Sie es als gelernter Konditormeister geschafft, eine solche Erfolgsgeschichte im Lebensmittelhandel zu schreiben?

Mit Fleiß, Arbeit und einer tüchtigen Frau an meiner Seite. Sie war Mutter, Hausfrau und Geschäftsfrau, die selbst einen unserer Märkte geleitet hat. Es war harte Arbeit von morgens um 5 Uhr bis abends um 20 Uhr.

Wie oft sind Sie noch im Büro anzutreffen?

Täglich für einige Zeit, doch ich mische mich nicht mehr ins operative Geschäft ein und hafte auch nicht mehr. Natürlich interessiere ich mich für die aktuellen Zahlen und die Entwicklung unseres Familienunternehmens. Da ich ja noch als Beiratsvorsitzender gefordert bin, darf ich mitreden und bin bei wichtigen Entscheidungen dabei. Ich darf, ich muss aber nicht – das ist das Schöne.

Ist Ihr Rat noch oft gefragt? Sie waren auch Aufsichtsratschef von Edeka Deutschland.

Ratschläge erteile ich nur, wenn ich gefragt werde. Ansonsten sage ich als Beiratsvorsitzender meine Meinung – nicht mehr und nicht weniger. Große Investitionen muss schließlich der Beirat absegnen. Im Übrigen bin ich mit der Entwicklung des Unternehmens sehr zufrieden. Mein Sohn Dieter als Inhaber und Geschäftsführer sowie die beiden Mit-Geschäftsführer Karsten Pabst und Norbert Schoeffel machen einen guten Job.

Auffallend ist, dass die Hieber-Märkte größer werden...

Das stimmt nicht, wir haben relativ kleine Läden – von 550 Quadratmetern Verkaufsfläche in Wyhlen bis 3500 Quadratmeter in Lörrach und Grenzach. Größe allein begründet keinen Erfolg. Entscheidend sind die Leistung der Mitarbeiter, ein stimmiges Sortiment, eine große Auswahl, der Preis, die Frische der Waren und die Sauberkeit eines Markts. Wird das Unternehmen Hieber weiter expandieren?

Wir suchen keine neuen Standorte. Doch wenn uns etwas angeboten wird zwischen Grenzach und Freiburg, dann prüfen wir das schon. Wie ist die aktuelle Situation im Lebensmittelhandel?

Vor der Corona-Pandemie waren wir auf dem Weg, dass die Kunden mehr auf Qualität, Regionalität und Service geachtet haben und die „Geiz-ist- geil“-Mentalität der Vergangenheit angehörte. Doch wegen des schrecklichen Kriegs in der Ukraine und der Inflation steht der Preis beim Verbraucher im Vordergrund. Haben Sie unternehmerische Entscheidungen immer allein getroffen?

Wichtige Dinge habe ich mit meiner Frau besprochen, ansonsten jedoch vieles aus dem Bauch heraus entschieden. Mein Motto in dieser schnelllebigen Branche war, immer zu handeln und vorauszudenken und Dinge nicht hinauszuzögern. Wenn sich Entscheidungen als falsch herausstellen, werden sie eben korrigiert. Wie würden Sie Ihren Führungsstil bezeichnen?

Das müssen Sie andere fragen. In einem Wort würde ich sagen: Vormachen. Den Mitarbeitern selbst vormachen, wie ein erfolgreicher Markt funktionieren muss. Sie haben mit ihren Märkten deutschlandweit schon unzählige Branchenpreise und Auszeichnungen bekommen. Sie selbst erhielten vor einigen Jahren für Ihr Lebenswerk das Bundesverdienstkreuz. Was bedeuten Ihnen all diese Auszeichnungen?

Die vielen Preise sind nicht für das Ego der Familie Hieber, sondern sie sind eine Bestätigung für unsere Mitarbeiter, dass sie auf dem richtigen Weg sind. Wir sind, das können wir mit Stolz sagen, wahrscheinlich das am meisten ausgezeichnete Unternehmen im Lebensmittelhandel. Unser Ziel ist es, jedes Jahr mindestens einen wichtigen Branchenpreis zu gewinnen. Das ist mit einem sportlichen Wettbewerb vergleichbar: Wir wollen in der Spitze dabei sein und in der Champions-League mitspielen. Das ist unser Anspruch.

Privat sind Sie begeisterter Radfahrer und Skifahrer. Wie schaffen Sie es, mit Ihren 84 Jahren noch so topfit zu sein?

Mit dem Radfahren habe ich angefangen, um einen Ausgleich zu haben, wenn der Stress am größten war. Dann bin ich aufs Rad gestiegen und oft 100 Kilometer und mehr gefahren. 10 000 Kilometer habe ich auch im vergangenen Jahr noch zurückgelegt. Mit meiner zweiten Leidenschaft, dem Skifahren, verbinde ich Naturerlebnisse und abendliche Geselligkeit. Seit vielen Jahren bin ich aktives Mitglied des Binzener Skiclubs. Mein Bestreben ist es, so lange wie möglich körperlich fit zu bleiben. Das ist nur mit viel Bewegung und einer gesunden Ernährung möglich.

Haben Sie einen Wunsch für die nahe Zukunft?

Ja, dass dieser Krieg in der Ukraine mit dem unsäglichen Leid aufhört und es nicht zu einer Eskalation kommt. Ich habe selbst noch als Kind den Zweiten Weltkrieg miterlebt und dabei meine Kindheit verloren.

Zur Person

Jörg Hieber
ist in Leonberg in der Nähe von Stuttgart aufgewachsen. Der bekennende Schwabe und gelernte Konditormeister lebt seit nunmehr 64 Jahren im Markgräflerland und seit vielen Jahren mit seiner Familie in Binzen, dem Hauptsitz des Unternehmens.

 

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