Binzen Meisterhafte Beethoven-Interpretin

Gerhard Breuer
Virtuos an den Tasten und fesselnd im Erklären: Meryem Akdenizli in Binzen. Foto: Christiane Breuer

Meryem Akdenizli zieht Publikum in ihren Bann

Ein Erzählkonzert war der jüngste Programmpunkt der Reihe „Weltklassik am Klavier im Rathaussaal Binzen“. Die Pianistin Meryem Akdenizli interpretierte Beethoven, Debussy und Liszt ausdrucksvoll und leidenschaftlich, aber nicht nur das: Anhand kurzer Sequenzen erklärte sie Hintergründe und Anekdoten zu Stücken und Komponisten.

Von Gerhard Breuer

Binzen - Mit einzelnen Akkorden und Melodien ließ Akdenizli die Geschichte der einzelnen Musikstücke durchscheinen. Die Klaviersonate Nr. 30 E-Dur op. 109 zählt zu den Spätwerken Beethovens, und Meryem Akdenizli wußte zu berichten, daß zu dem Zeitpunkt der Meister bereits taub war und E-Dur zur Zeit des Komponisten als „weibliche“ Tonart galt. Ludwig van Beethoven war im Gegensatz zu Mozart oder Haydn nicht in gängigen Formaten gefangen, sondern strebte nach vorn, aus der Klassik in die Romantik, mit abenteuerlichen, ja „frechen“ Wendungen. Das Klavier, sagte er, müsse noch viel mehr Tasten haben, um den erwünschten Klang zu erzeugen.

Wenn auch die sympathische junge Pianistin sich nicht auf Beethoven als Lieblingskomponisten festlegen wollte, so zeigte doch ihr meisterhaftes Spiel große Leidenschaft, präzise Intonation und klangliche Stärke. Der dritte Satz der Sonate, „eigentlich auch als Streichquartett spielbar“, wird als „gedankenvoll mit innigster Empfindung“ beschrieben. Meryem ging auf in dieser Gedankenwelt, rief hin und wieder Sebastian Bach zur Hilfe bei der notwendigen Strenge des Ausdrucks und lauschte mit geneigtem Kopf im Pianissimo, wie die Töne aus dem Instrument gleichsam heraustropften.

Mit dem Klavier aufgewachsen

Akdenizli wuchs mit dem Klavier auf. Mit sieben Jahren spielte sie öffentlich das Klavierkonzert von Beethoven, debütierte mit fünfzehn mit einem Konzert in der Stuttgarter Liederhalle und ist heute in rund vierzig Konzerten pro Jahr zu hören. Die Idee des „Erzählkonzerts“ kam ihr bei den vielen Übungen mit ihren Dozenten und Professoren, und bei einem Festival in Amsterdam probierte sie dieses Format zum ersten Mal öffentlich aus. Ein großer Erfolg, denn „als Interpret hat man naturgemäß eine Distanz zu den Hörern. Mit einem erklärenden Text oder Anekdoten kann man diese Distanz überwinden“.

Das gelang ihr auch mit dem letzten Stück, dem Mephistowalzer von Franz Liszt. Der sehr begabte Pianist beschreibt den Tanz in einem Turm, bei dem wie bei Goethe und Lenau Faust und Mephisto anwesend sind.

Den Tanz mit dem Teufel zum Klingen gebracht

Der Rhythmus wird immer toller, das gnomenhafte Stakkato ohrenbetäubend, die Pianistin läßt die Festteilnehmer in einem orgiastischen Wirbel versinken. Faust verliebt sich in die schöne Margarethe. Nach einem heftigen Liebestanz verschwinden beide im Wald, die Walzermelodien versinken, aber da ist das Mephistothema, schiebt sich in den Vordergrund und man hört: Der Teufel ist dabei.

„Nach Liszt“, sagt die Künstlerin, „kann man eigentlich nichts mehr spielen. Es ist zu aufregend.“ Trotzdem fiel ihr eine Zugabe ein: „Das Mädchen mit den flachsblonden Haaren“ von Claude Débussy. „Man sagt immer, das Stück enthalte Jazz-Elemente. Ich finde, Débussy jazzt nicht.“ Meryem Akdenizli fuhr weiter nach Karlsruhe und Fulda, wo sie am Montag auftrat.

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