Binzen Minijobs

Weiler Zeitung
Lukas Griesbaum, Diana Stöcker, Horst Eckert und Peter Weiß (von links) sprachen über die Situation von Minijobbern. Foto: Jutta Schütz Foto: Weiler Zeitung

Die Entgelt-Obergrenze für Minijobs liegt seit dem Jahr 2013 bei 450 Euro monatlich, es gibt keine Arbeitslosenversicherung und keine gesetzliche Kranken- oder Pflegeversicherung, in die man einzahlt. Das heißt: Wer seinen Minijob verliert, erhält dann auch kein Arbeitslosengeld.

Binzen (jut). Die geringfügig Beschäftigten traf die Corona-Krise besonders hart. Sie waren oft die ersten, die ihre Arbeit verloren und hatten, wie etwa die 450 Euro-Jobber, auch keinen Anspruch auf Kurzarbeitergeld. Ein sozialpolitisches Fachgespräch in der Binzener Rathausstube mit Peter Weiß, sozialpolitischer Sprecher der CDU-Bundestagsfraktion, Horst Eckert, Leiter der Arbeitsagentur in Lörrach, und Lukas Griesbaum als Verwaltungsleiter der Eltern-Kind-Fachklinik Tannenhof in Todtnauberg beschäftigte sich mit der prekären Lage der geringfügig Beschäftigten.

Die Gesprächspartner diskutierten unterschiedliche Erfahrungen und Beobachtungen, zogen eine Bilanz und zeigten erste Ansätze für Problemlösungen auf, die in möglichen zukünftigen Krisenlagen die geringfügig Beschäftigten finanziell besser absichern könnten. Ein weiteres Thema war die Lage auf dem Ausbildungsmarkt. Moderiert und mit eigenen Vorschlägen ergänzt, wurde das Gespräch von Diana Stöcker, Bürgermeisterin von Rheinfelden und CDU-Bundestagskandidatin.

„Minijobber sind sozialversicherungsrechtlich nicht gut abgesichert – in den Lockdowns hat man das besonders bemerkt, denn sie haben kein Anrecht auf Kurzarbeitergeld“, fasste Eckert zusammen. Kurzarbeitergeld in Höhe von rund 100 Millionen Euro wurde in den Landkreisen Lörrach und Waldshut ausgezahlt. Nur die Minijobber profitierten nicht davon. Die, die nicht „hobbymäßig einen 450 Euro-Job haben“, waren und sind bei Verlust ihres Jobs auf die Grundsicherung angewiesen.

Zwei Drittel derer, die auf das Geld angewiesen sind, seien Frauen, so Eckert. Ärgerlich sei, dass viele der Minijobber zum einen höhere berufliche Qualifikationen haben, und es für andere die Möglichkeit gäbe, sich schulisch oder beruflich für einen Abschluss und ein festes Arbeitsverhältnis zu qualifizieren, waren sich Eckert und Weiß einig. Betroffen von Entlassungen waren in der Krise vor allem Minijobber im Dienstleistungssektor, im Handel und im Servicebereich, im Tourismus und in der Gesundheitsbranche – viele haben sich notgedrungen umorientiert und fehlen nun in diesen Branchen. „Wir haben dagegen alles daran gesetzt, unsere Minijobber zu halten, haben zum Beispiel die Möglichkeit des unbezahlten Urlaubs aufgezeigt, da wir wussten, dass wir sie nach der Krise brauchen“, berichtete Lukas Griesbaum.

Das Kernproblem sei, dass Minijobber nicht in die Arbeitslosenversicherung einzahlen, sondern „ihre 450 Euro bar auf die Hand wollen und gleich beim Vertrag das Kreuzchen dort setzen, wo man sich auch von der Rentenversicherungspflicht befreien kann“, resümierte Weiß. „In der Schweiz greift die Sozialversicherung viel früher“, stellte Eckert dazu fest, deshalb müsse man zukünftig schauen, wie man das System so verändert, dass die Sozialversicherungspflicht „weiter unten schon ansetzt“. Vorgeschlagen wurde, dass Minijobber vor Unterzeichnung eines Vertrags hier besser beraten werden müssen, auch hinsichtlich einer betrieblichen Altersvorsorge – „wie wir das bereits machen“, meinte Griesbaum.

Ein Minijob könne zudem dem Berufseinstieg in eine reguläre Beschäftigung den Weg ebnen, „Qualifizierung ist ein Mega-Thema – uns geht viel Fachpersonal verloren, wir müssen an das Thema ran“, stellte Eckert weiter fest. Angesprochen auf das Thema „Anerkennung von ausländischen Abschlüssen insbesondere von Berufsabschlüssen, die in einem EU-Land erworben wurden“, bekannten Weiß und Stöcker, dass dies nach wie vor eine unbefriedigende politische Baustelle sei. „Da sind Arbeitnehmer, die nur einen Minijob oder einen Hilfsjob bekommen, obwohl sie sehr gut qualifiziert sind und in ihrem Land bereits in ihren Beruf gearbeitet haben, das sind Fachkräfte, die uns fehlen – hier bewegt sich die Politik viel zu langsam“, urteilte Stöcker. „Zudem blockiert die IHK FOSA (Foreign Skills Approval) der deutschen Industrie- und Handelskammern mit ihrer Betonmentalität die Anerkennung ausländischer Qualifikationen, ich sehe das schon bei französischen Abschlüssen“, regte sich Weiß auf.

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