Binzen Spaßmacher mit Tiefgang

Weiler Zeitung
Als kompetente Heinz-Erhardt-Interpreten begeisterten (v.l.) Deug-Yun Kim, Sandra Trefzer sowie Klaus und Ina Koska beim „Literarischen Abend in Binzen. Foto: Walter Bronner Foto: Weiler Zeitung

Literarischer Abend: Streifzug durch Erhardts Poesie-Kosmos

Binzen (bn). Selten war so viel Publikum am spätherbstlichen „Literarischen Abend“ im Binzener Rathaussaal wie am Freitag. Und kaum einmal wurde spontaner und herzlicher gelacht wie an diesem. Galt es doch, Heinz Erhardt ein posthumes Kränzchen zu winden, was bekanntlich am besten gelingt, wenn pausenlos aus dem unerschöpflichen Fundus des 1979 früh verstorbenen komödiantischen Multitalents zitiert wird. In diesem Fall taten es wechselweise Ina Koska, Sandra Trefzer und Klaus Koska mit ebenso komödiantischer Verve plus Pianistin Deug-Yun Kim mit vitaler Tastenakrobatik am Flügel.

Das gut eingespielte Quartett lieferte denn auch während knapp zwei Stunden einen wahrhaft opulenten Extrakt aus der lyrischen und prosaischen Hinterlassenschaft des unvergessenen Komikers, Musikers, Entertainers, Kabarettisten, Schauspielers und Dichters, der in den fünfziger und sechziger Jahren des vorigen Jahrhunderts die Nummer eins der deutschen Spaßmacher war. Das breitgefächerte Spektrum seiner Verskunst und Wort-Equilibristik, deren humoristische Spannweite vom simplen Blödelvers, über absurde Gedankensprünge bis zu subtiler Poesie und tiefsinnigen Aphorismen reicht, wurde an diesem Abend ins hellste Licht gerückt.

Dies ganz im Gegensatz zum Erhardt-Bonmot: Manche Menschen wollen immer nur glänzen, obwohl sie keinen Schimmer haben.

Wer unter den vorwiegend in die Jahre gekommenen Zuhörenden dieses Abends noch die Balladen Schillers, Goethes, Heines oder Uhlands (dem laut Erhardt „Erfinder der gleichnamigen Straße“) auswendig lernen musste, durfte sich hier köstlich amüsieren an den hinreißenden Parodien auf den Tauchenichts-Taucher, den Fischer, Tells Apfelschuss und das sich geflüstert anbahnende und dann tobsüchtig losbrechende „Gewitter“ mit der Jungfrauen-Pointe. Natürlich fehlten auch die „Made“, der „fromme Opa“ und die „Geschichtsstunde drüben“ nicht, ebenso wenig der „Liszt-Pianist“ und die Miniballaden vom „Ritter-Fips“. Nebenbei dürften auch bewanderte Kenner des Erhardt-Repertoirs leicht erstaunt registriert haben, wie häufig die Gedanken dieses Comedians um Themen wie Tod und Vergänglichkeit, Missgeschick und Vergeblichkeit kreisten. Ganz anders wieder seine Wortspielereien im kuriosen Streifzug durch Verdis Opernwelt, dem halbgebildeten Frauentratsch um die Götter- und Sagenwelt der griechischen Antike und die Abstecher in schwarzhumorige Reimgefilde. Nicht zu vergessen der geniale Sketch, bei dem jedes Wort mit „g“ anfängt.

Klanglich adäquat flankierte Kim das Dauerfeuer aus der Wortkanone und bürstete Anleihen aus dem Fundus von Bartok, Liszt, Debussy, Mozart und anderen gehörig gegen den Strich. Nur bei Theo Mackebens „Bel ami“ und dem Abendlied „Der Mond ist aufgegangen“ legte sie ihrem Temperament ein bisschen die Zügel an.

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