Binzen Vivaldi pur mit einer verblüffenden Zugabe

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Mit einem exquisiten Vivaldi-Programm erfreuten das Ensemble „Eichener Sonntagsmusiken“ und Sprecher Klaus Koska (links) annähernd 300 Besucher im jüngsten Binzener „Klassik bewegt“-Konzert. Foto: Walter Bronner

„Klassik bewegt“ - Ensemble der Eichener Sonntagsmusiken zu Gast bei Binzener Kulturreihe

Binzen - Da hat sich der große Igor Strawinsky aber gewaltig geirrt, als er behauptete, Vivaldi hätte nur ein einziges Konzert geschrieben, dieses aber mindestens vierhundertmal. Das jüngste Konzert der Binzener Reihe „Klassik bewegt“ hätte ihn sicher eines Besseren belehren können.

Denn das „Vivaldi-pur“-Programm des Ensembles „Eichener Sonntagsmusiken“ rückte die kompositorische Vielseitigkeit des Superstars venezianischer Barockmusik ins beste Licht. Im noblen Ambiente des Wohnparks stellten die acht Wiesentäler Musikerinnen und Musiker vor allem den melodischen Erfindungsreichtum und die fesselnden dynamischen Kontrastwirkungen des typischen Vivaldi-Stils sorgfältig heraus.

Den temperamentvollen Impuls, der dieser Tonkunst durchaus zuträglich ist, versagten sich die Konzertgeber allerdings. Und da die „Sonntagsmusikanten“ ihre Solisten aus der eigenen Reihe aufbieten können, war auch deren Spiel dem offenkundig demonstrierten Ensemblegeist untergeordnet.

So imponierte zunächst das Cellisten-Duo Lea Hosch und Ceciel Strouken im solitären Konzert g-Moll für zwei Celli und Streicher (RV 531) durch notengetreue Ausdeutung der in diesem Werk integrierten vielfältigen klanglichen Möglichkeiten. Absoluter Höhepunkt der erbaulichen Hörgenüsse war natürlich die in aktueller jahreszeitlicher Abfolge umgekehrt platzierte Aufführung des „Winter-“ und des „Frühlings-Konzerts“ aus dem „Quatro-stagioni“-Zyklus.

In Klang umgesetzte Wetterkapriolen

Seinem wohl berühmtesten und am meisten gespielten Gipfelwerk hatte der Maestro selbst verfasste Sonette beigegeben, die die in Klang umgesetzten Stimmungen und Wetterkapriolen der einzigartigen Programm-Musik lyrisch erläutern. Die deutsche Übersetzung davon rezitierte hier Klaus Koska, der auch das übrige musikalische Geschehen mit höchst eloquenter Moderation kommentierte.

Umso eindringlicher wahrnehmbar waren denn auch die klanglichen Umsetzungen von Wind und Kälte, stapfendem Gang durch hohen Schnee, vorsichtigem Schlittern auf glattem Eis und wohltuender Wärme am Kaminfeuer im Winterkonzert. Ebenso im Frühlingskonzert das in munteren Melodien, feinen Harmonien und bewegten Rhythmen geschilderte Erwachen der Natur.

In beiden Werken beeindruckte Solo-Geigerin Gabriele Haarmann durch ebenso virtuose wie musikantisch frische Ausführung ihrer anspruchsvollen Partien.

Formidablen virtuosen Glanz entfaltete desgleichen Eva Schindelin im fünfsätzigen Konzert für Querflöte und Streicher g-Moll, dessen Beiname „La Notte“ zunächst das Unheimliche einer Nacht schildert, dann ein kurzes Presto die Gespenster verscheucht, das Largo danach erneut Alpträume heraufbeschwört, bevor sich mit schweren Akkorden dann doch wohltätiger Schlaf einstellt.

Derart besänftigt reagierte das stattliche Publikum mit anhaltendem freundlichem Applaus. Die Zugabe des ersten Satzes von Carl Jenkins‘ „Palladio“-Concerto wirkte umso verblüffender, als man das 275 Jahre nach Vivaldis Tod entstandene Stück ohne Abstriche dem genialen Venezianer hätte zuordnen wollen.

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