Binzen Wieder Ärger wegen Störchen

Beatrice Ehrlich

In Binzen wollen Störche auf einem Kran nisten

Gleich mehrere Zuschriften haben unsere Zeitung in den vergangenen Tagen zum Thema Storchennestbau in Binzen erreicht. Wie im vergangenen Jahr versucht ein Storchenpaar auf einem direkt neben der Laurentiuskirche stehenden Baukran ein Nest zu errichten. Dass die auf dem Baukran abgelegten Äste immer wieder entfernt werden, will vielen nicht einleuchten, auch nicht der Gemeinderätin Nadja Lützel, die auf ihrem Instagram-Account einen Post mit dem Titel „Unser Binzener Storch ist wieder da! Sein Nest jedoch wurde heute zerstört!“ veröffentlicht hat. Das sagen Beteiligte:

Die Anwohnerin

„Seit zwei bis drei Wochen beobachten die Anwohner des Kirchplatzes die Binzener Kranstörche“, schreibt Renate Krüger, die im Herbergsweg wohnt, in einer Zuschrift. Nachdem diese aus ihrem Winterquartier zurückgekommen seien, würden sie versuchen, dort, wo sie unter großer Anteilnahme der Nachbarn im vergangenen Frühjahr ein Junges aufgezogen haben, wieder ein Nest zu bauen. „Eifrig bringen sie ihre Zweige“, schreibt Krüger.

Da der Kran auf einer anderen Baustelle benötigt werde, werde das Nest nun alle zwei Tage zerstört, was die Störche aber bisher von ihrem Vorhaben nicht habe abbringen können. Weit und breit sei kein Ersatznest in Sicht, schreibt Krüger, „ratlos und mitleidig“.

Das Bauunternehmen

Suzanne Hussman vom Bauunternehmen Via Bau aus Eimeldingen ist außer sich. Seit Tagen ist das Unternehmen kritischen Kommentaren im Internet ausgesetzt. Auf Facebook und Instagram werde man verunglimpft, schimpft Hussmann.

Dabei habe man im vergangenen Jahr dafür gesorgt, dass die Störche auf dem Kran brüten konnten, nachdem Arbeiter in dem bereits fertiggestellten Nest drei Eier entdeckt hatten. Und dies, obwohl Tobias Kock vom Regierungspräsidium Freiburg gemäß einer auch uns vorliegenden E-Mail vom 8. April 2022 mitgeteilt habe, dass das Nest noch nicht vollständig sei und daher noch entfernt werden könnte. „Falls daher nicht gewünscht ist, dass die Tiere dort nisten (und damit der Baukran bis Ende der Brutzeit dort verbleiben muss), muss das angefangene Nest schnellstmöglich entfernt und weitere Nestbauversuche verhindert werden“, heißt es in der besagten E-Mail. Der Kran müsse dringend abgebaut werden, betont Hussmann. Allerdings sei das wegen fehlender Kranmonteure und entsprechend langer Wartezeiten erst am 29. März möglich. Daher habe man in diesem Frühjahr den angefangenen Nestbau entfernt und den Bereich am Kran so ausgestattet, dass Störche dort nicht mehr oder nur schwer landen können.

Dies sei auch mit einem Vertreter des Nabu am Telefon erörtert worden. „Wir fragen uns, warum wir diese Anfeindungen und Beschimpfungen ertragen müssen“, sagt Hussmann, und das, obwohl selbst die Kirchengemeinde Vorsorge getroffen habe, dass auf dem Kirchendach gleich nebenan Störche kein Nest bauen können.

Die Naturschutzbehörde

Kurz nachdem er im vergangenen Jahr erfahren habe, dass entgegen seiner ersten Annahme, das Nest sei noch nicht fertiggestellt, drei Eier im Nest lagen, habe er sich in einem Schreiben an den Bauherrn gewandt, erklärt Biologe Tobias Kock vom Referat Naturschutz, Recht beim Regierungspräsidium Freiburg. Darin habe er ihn darüber informiert, dass das Nest auch nach dem Ende der Brutzeit nur mit einer Ausnahmegenehmigung abgebaut werden dürfe.

In Paragraf 44 des Bundesnaturschutzgesetz sei festgehalten, dass Fortpflanzungs- und Ruhestätten wild lebender Tiere besonders geschützter Arten nicht entnommen, beschädigt oder zerstört werden dürfen. Davon gebe es Ausnahmen – etwa möglicher wirtschaftlicher Schaden –, die aber begründet werden müssten, und für die dann eine Ausgleichsmaßnahme erbracht werden muss. Aller Wahrscheinlichkeit nach wäre ein solcher Antrag des Bauunternehmens positiv beschieden worden, hatte das Naturschutz-Referat zuvor bereits mitgeteilt.

Da das Nest nach dem Ende der Brutzeit aber entfernt worden sei, bestehe nun der Verdacht einer Umweltstraftat, die man an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet habe. Andererseits: Da das alte Nest nicht mehr da sei, gelte jetzt wieder, dass das angefangene Nest schnellstmöglich entfernt und Nestbauversuche unterbuinden werden müssten. Hier sei das Bauunternehmen alos im Recht. Der Fall sei blöd gelaufen, räumt Kock ein, und bittet, sich immer bei seinem Referat oder der Unteren Naturschutzbehörde im Landratsamt zu melden, wenn Probleme mit Störchen befürchtet würden. Ob ein Nest bewohnt sei, würden jeweils Storchenbeobachter vor Ort bewerten, führt Kock aus. In Binzen seien dies derzeit Experten des Vereins Weißstörche im Breisgau.

Der Bürgermeister

„Die Entscheidung des Regierungspräsidiums Freiburg akzeptiere ich“, stellt Andreas Schneucker, Bürgermeister von Binzen, umstandslos klar. Er hätte sich gewünscht, dass der Kran früher abgebaut wird. Darin spielt auch seine Überzeugung mit, dass dieser anderswo für den Wohnungsbau dringend gebraucht werden könnte. Das Rathaus werde bombardiert mit Anrufen und E-Mails. Die Art der Kommunikation, die in Sachen Storch in den vergangenen zwei Wochen bei der Gemeinde eingegangen sei, sei „grenzwertig“, hält er fest. Dabei habe die Gemeinde Binzen oberhalb der Schule vor zwei Jahren selbst ein Nest aufgestellt, in dem er im vergangenen Jahr vorübergehend Störche gesehen haben will.

Auch mit der Kirche hatten wir Kontakt“, so Schneucker, „die wollte dieses Nest nicht.“ Als Gemeinde werde man nun nichts weiter unternehmen.

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