Nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte sind seit Beginn der überraschenden Rebellenoffensive am Mittwoch mindestens 327 Menschen getötet worden. Darunter seien über zwei Dutzend Zivilisten. Die Beobachtungsstelle, die in Großbritannien sitzt, bezieht ihre Informationen von einem Netz aus Informanten vor Ort.
Experte: "Viel hängt von Russland ab"
Viel hänge nun davon ab, wie sich Assads Verbündeter Russland verhalte, sagte Heiko Wimmen von der Denkfabrik International Crisis Group der Deutschen Presse-Agentur. "Ohne substanzielle russische Luftunterstützung wird Assad Aleppo vermutlich nicht zurückerobern können", erläuterte Wimmen. Möglicherweise könnten die Rebellen in diesem Fall noch weitere Geländegewinne erzielen. Russland habe aber zu viel in Assad investiert, um ihn jetzt fallen zu lassen.
Assads zweiter Verbündeter Iran befinde sich in der Defensive, sagte Wimmen weiter. Der Wahrnehmung nach hätten Rebellen offenbar diese momentane Schwächung des Irans als günstige Gelegenheit erkannt.
Ein Sprecher einer der Rebellengruppen sagte der dpa, die Operation sei auch wegen des "Kollapses der proiranischen Milizen" in Syrien so schnell und erfolgreich verlaufen. Die vom Iran unterstützten Milizen hätten ihre Posten verlassen und die syrischen Truppen bei der Konfrontation mit den Rebellen allein gelassen.
Der Iran und von ihm unterstützte Milizen sind im Bürgerkrieg in Syrien neben Russland die wichtigsten Verbündeten Assads. Durch ihre indirekte Beteiligung am Gaza-Krieg und darauffolgende Angriffe Israels auf den Iran und auf proiranische Ziele in der Region wurden sie bereits stark geschwächt.
Erinnerung an 2016
Aleppo war bereits in den ersten Jahren des syrischen Bürgerkriegs Austragungsort schwerer Gefechte zwischen Rebellengruppen und Truppen der Regierung sowie deren Verbündeten. 2016 wurden die Rebellen unter schweren Kämpfen aus östlichen Stadtteilen Aleppos vertrieben. Russland und der Iran halfen den Regierungstruppen von Assad damals, wieder ganz Aleppo unter ihre Kontrolle zu bringen.
Während der Kämpfe zwischen 2012 und 2016 wurde Aleppo fast komplett zerstört. Der damalige Kampf um Aleppo gehörte - insbesondere in der Endphase - zu den heftigsten und brutalsten im syrischen Bürgerkrieg. Bis heute wurde die Stadt jedoch fast vollständig wieder aufgebaut. Heute leben in Aleppo etwa 2,5 Millionen Einwohner. Die Offensive der Rebellen-Allianz ist der erste Angriff der Opposition auf Aleppo seit 2016.