Die drei Kandidaten – Amtsinhaberin Annette Franz, Herausforderer Michael Fischer und Neubürger Gerd Günzel – mussten sich vor allem mit dem sinkenden Stern der Gemeinde am Tourismus-Himmel beschäftigen.
Mehr als 100 Wiedener Bürger kamen zur Vorstellungsrunde der Bürgermeister-Kandidaten.
Die drei Kandidaten – Amtsinhaberin Annette Franz, Herausforderer Michael Fischer und Neubürger Gerd Günzel – mussten sich vor allem mit dem sinkenden Stern der Gemeinde am Tourismus-Himmel beschäftigen.
Zunächst war Wahlausschussleiter Thomas Walleser begeistert, dass mehr als 100 Bürger gekommen waren, am Ende zollte er Respekt für den fairen Umgang miteinander. Walleser sprach von einem „Luxusproblem“, jetzt drei Bewerber zu haben, während es vor acht Jahren noch keinen Aspiranten im ersten Wahldurchgang gab.
Jeder Bewerber hatte zehn Minuten Zeit für ein persönliches Referat. Amtsinhaberin Annette Franz sprach von „wir“ und „uns“, nicht von „ich“ und „mir“, als sie ihren Text ablesend eine Erfolgsbilanz der vergangenen acht Jahre vorlegte. Sei es Straßenbau oder Glasfaser, ob Kindergarten oder Grundschule, Vereinsleben oder kommunale Geräte – das waren ihre Punkte auf der Haben-Seite. Der Misserfolg ist der Tourismus-Sektor, der sich wie ein roter Faden durch den Abend zog. „Leider gibt es nur noch ein Hotel in Wieden“, sagte sie. „Wir müssen uns Gedanken machen, was wir künftig unseren Gästen bieten.“ Zu ihren Projekten für die nächsten Jahre zählt der Bauhof-Neubau im Ort sowie ein Feuerwehrfahrzeug. Franz und übergab das Mikro an den Neubürger Gerd Günzel. Die Referate hätten unterschiedlicher kaum sein können.
„Ich habe nicht viel über Wieden in Erfahrung bringen können“, sagte Günzel und sprach fast ausschließlich über sich selbst. Dabei warf der 70-Jährige seinen beruflichen Erfolg als Industriekaufmann in die Waagschale. Das „Hirschen-Areal“ sei ein „Super-Projekt“ und dass es keine Gastronomie in Wieden mehr gebe, sei „ausgesprochen schade“.
Dann der Herausforderer aus dem Ort: Michael Fischer begann mit den Finanzen der Gemeinde und dankte zunächst den Gewerbetreibenden, die durch ihre Steuern einen sechsstelligen Betrag in die Gemeindekasse fließen lassen. Seine Projekte für die Zukunft wirkten eher kleinteilig: Wasser am Spielplatz, ein Backhaus und ein Fahrradgeschicklichkeitsparcours. Schließlich landete der Herausforderer ebenfalls bei der Gastronomie: „Da müssen wir uns Gedanken machen.“ Applaus auch für ihn.
In der anschließenden Bürgerfragerunde meinte ein ehemaliger Gemeinderat: „Die Visionen fehlen mir bei allen drei Kandidaten.“ Von einstmals 104 000 Übernachtungen im Jahr, zähle Wieden heute, selbst wenn man die ehemalige Jugendherberge herausrechne, nicht einmal die Hälfte. Antworten wünsche er sich auch beim Hochwasserschutz und der Löschwasserreserve. Im Falle eines Waldbrands oder eines Großfeuers verfüge Wieden nicht über ausreichende Löschwasserreserven.
Die Idee mit dem alten Klärbecken als Reserve sei nicht schlecht, befand die Amtsinhaberin, aber der Bergwerkstollen sei vermutlich besser geeignet, hieß es. An den Elektriker Michael Fischer ging die Frage, wie er gegebenenfalls sein Amt und seinen Beruf unter einen Hut bringen wolle. 60 Prozent im Beruf und 40 Prozent als Bürgermeister schwebten ihm vor.
Von allen drei Kandidaten wollte ein Bürger den Standpunkt zum „Hirschen-Areal“ wissen und erkundigte sich nach möglichen Kaufoptionen. Fischer informierte, dass der Gemeinderat nach den Einsprüchen während der Offenlegung der Pläne noch mal darüber befinden werde. Franz präzisierte zum letzten Punkt: Wiedener werden beim Verkauf bevorzugt. Die Eigenheim-Bauplätze seien inzwischen reserviert.
Der nächste Wiedener vermisste touristische Attraktionen wie einen Bike-Park. Franz will auch auf die Bewerbung von Themen-Wanderwegen setzen. Eine Akteurin aus der Tourismusbranche ging das Thema Gastronomie scharf an. Ihrer Meinung nach sei die Gemeinde viel zu passiv. Bald könnte der Ort ohne Gäste dastehen. Sie bekam für ihren Beitrag Applaus.
Franz meinte dazu, die Gemeinde müsse in dem Schwachpunkt „ein großes Rad drehen“. Eine andere Bürgerin wollte von Herausforderer Fischer wissen, warum er 2022 für das Projekt „Hirschen-Areal“ gestimmt und sich 2023 aber als einziger im Gemeinderat enthalten habe. Fischer erwiderte, im vergangenen Jahr seien ihm die Dimensionen des Neubaus noch nicht bekannt gewesen. Dass das Parterre drei Meter über Straßen-Niveau liege und der First 18 Meter hoch rage, sei ihm erst jetzt klar geworden. Im Schluss-Plädoyer warb einzig Franz ausdrücklich um die Stimmen am kommenden Sonntag. Gerd Günzel meinte abschließend, es warte „ein Haufen Arbeit“.
Die Bürgermeister-Wahl findet am Sonntag, 8. Oktober, von 9 bis 17 Uhr statt. Falls kein Kandidat die absolute Mehrheit erzielt, gibt es zwei Wochen später eine Stichwahl.