Bundestagswahlkampf in Lörrach Wie die Stimmungslage an den Wahlkampfständen ist

Alexandra Günzschel
Die Parteien suchen den Austausch mit den Wählern auf dem Alten Markt. Foto: Alexandra Günzschel

Die „Brandmauer“ stellt ein heiß diskutiertes Thema dar. An den Wahlkampfständen in der Lörracher Innenstadt wird deutlich, was Wähler und Politiker umtreibt.

Es ist der erste Samstag im Februar: Drei Wochen sind es noch bis zur Bundestagswahl am 23. Februar. Der Wahlkampf ist in seine heiße Phase eingetreten. Auf dem Marktplatz in Lörrach ist dies kaum zu übersehen. In zwei Reihen stehen sich dort die Parteien mit ihren Informationsständen gegenüber: FDP, CDU und Grüne auf der einen Seite; SPD, Volt und Linke auf der anderen.

Etwas abseits und auf einer Seite vom Rückriem-Würfel abgeschirmt, hat die AfD ihren Stand aufgebaut. Und es wirkt ein wenig so, als würde die viel beschworene Brandmauer in Lörrach – weitab von Berlin - noch stehen. Doch der Vorstoß des CDU-Kanzlerkandidaten Friedrich Merz für eine Verschärfung der Migrationspolitik, bei dem er die AfD als Mehrheitsbeschaffer tolerierte, beherrscht an diesem Wochenende auch die Gespräche im äußersten Südwesten der Republik, wie ein Rundgang verdeutlicht.

Die FDP-Sicht

Matthias Koesler, Stadtrat und Vorsitzender des FDP-Ortsvereins, verweist im Gespräch auf das Plakat seiner Partei gleich gegenüber vom Wahlstand. „Auch guter Wille muss Grenzen haben“, heißt es dort zum Thema Migration. Er selbst hätte im Bundestag für das von Merz eingebrachte Zustrombegrenzungsgesetz gestimmt. Viele FDP-Bundestagsabgeordnete taten dies nicht. Auch Christoph Hoffmann aus dem hiesigen Wahlkreis hat nicht abgestimmt. Mehr war am Samstag noch nicht bekannt.

Matthias Koesler sieht sich am Stand nun mit entsprechenden Nachfragen konfrontiert, die er jedoch noch nicht beantworten kann. Seine Stellvertreterin Jutta Frasch kommt hinzu. Lange hat sie für das Auswärtige Amt gearbeitet und spricht von einem aufgeblähten Behördenapparat. Das sei etwas, was sie ändern wolle, erklärt sie.

Die Grünen-Stimmung

Grünen-Stadtrat Noah Hohenfeld hat an diesem Morgen noch keine Anfeindungen am Stand erlebt. Die Stimmung sei viel freundlicher als im Kommunalwahlkampf, hat der Student festgestellt. Die Erhöhung der Grundsteuer sei ein lokales Thema, das angesprochen werde. Aber auch nach ihrer Meinung zu den aktuellen Ereignissen in Berlin werden die Wahlkämpfer am gut besetzten Grünen-Stand gefragt. Eine ältere Frau habe erklärt, Angst zu haben, wo diese Entwicklung hinführt, erzählt Hohenfeld. Er berichtet von viel Ermunterung durch Passanten.

Linke im Aufbau

Die Linke hat gerade Besuch von sympathisierenden Schweizern bekommen. „Ihr macht Deutschland kaputt“, kommentiert einer die jüngsten Ereignisse. In der Schweiz gebe es keine Partei links von der sozialdemokratischen SP, erklärt sich Volker Hügel das Interesse aus dem Nachbarland. Er und Joerg-Uwe Sanio freuen sich über viele Neueintritte. Die Partei sei wieder im Aufbau. Ihr Ärger über den Vorstoß von Sahra Wagenknecht wird durch die schlechten Umfrageergebnisse des BSW ein wenig besänftigt.

Junge Partei Volt

Recht groß ist das Interesse an der noch vergleichsweise unbekannten Partei Volt. Mitglied Miriam Hofele vermutet, dass die Leute auf der Suche nach etwas Neuem sind. „Wir setzen uns für pragmatische und wissenschaftsbasierte Lösungen ein“, erklärt sie. Mit einem Durchschnittsalter von 35 Jahren handelt es sich um eine junge Partei. Dennoch sind es am Samstag nicht nur junge Menschen, die sich für das Volt-Programm interessieren.

Die Wahlkämpfer der Parteien wollen die Bürger überzeugen. Foto: Alexandra Günzschel

SPD sorgt sich

Auch am gut besetzten Stand der SPD sind die jüngsten Ereignisse in Berlin ein Thema. Das sei eine schwierige Situation, bestätigt Kreis-Vorsitzender Sven Widlarz auf Nachfrage. Man müsse nun schauen, inwieweit man sich noch auf Herrn Merz verlassen könne. „Die Sorge um die Demokratie treibt uns um“, ergänzt Günter Schlecht mit Blick auf die USA und Österreich. SPD-Stadträtin Christa Rufer wiederum findet es schade, dass die jüngsten Ereignisse alles andere überlagern.

CDU rechtfertigt Votum

Vor dem CDU-Stand hält ein junger Mann ein Protestplakat hoch. Matthias Faßler ist Mitglied bei den Grünen, betont aber, als Privatperson zu demonstrieren. Er stammt aus Thüringen. Er wisse daher, was es bedeutet, wenn die AfD mehr als 30 Prozent der Stimmen auf sich vereine. Die jüngsten Ereignisse hätten ihn wütend gemacht, erklärt er seine Entscheidung zum Protest.

Am CDU-Stand hält Kreis-Pressesprecher Kersten Schröder zunächst allein die Stellung. Der Antrag von Merz werde von einer breiten Bevölkerungsmehrheit getragen, verteidigt er den Vorstoß des Kanzlerkandidaten. Im Sinne eines echten Politikwechsels begrüßt er auch die Zuspitzung des Wahlkampfs. Eine Polarisierung sei durchaus gewollt. Lucia Schreiber kommt hinzu: „Nach Aschaffenburg war das Fass einfach voll“, sagt sie. Es gehe um die innere und äußere Sicherheit, finden beide. Während des Gesprächs tun zwei Passanten ihren Unmut kund. Das seien zumeist keine CDU-Wähler, sagt Schröder.

Der AfD-Stand

Auch der AfD-Stand hat beständigen Zulauf. Presseauskünfte will dort an diesem Morgen niemand geben. „Der Bundestagskandidat ist gerade nicht da. Er hätte sicherlich etwas gesagt“, heißt es bei der Partei, um die sich an diesem Morgen alles zu drehen scheint.

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