Diagnose Hirntumor Schicksal des zweijährigen Philian stößt auf überwältigende Anteilnahme

Anja Bertsch
Ein Bild aus unbeschwerten Tagen: Der zweijährige Philian zusammen mit seinem Vater Andreas Papa, der nun einen Spendenaufruf gestartet hat. Foto: privat

Erschütternde Diagnose: Der zweijährige Philian Papa aus Hausen hat einen aggressiven, bislang unheilbaren Hirntumor. In anrührenden Worten schildert sein Vater Andreas das Schicksal der Familie auf GoFundMe – und stößt auf die überwältigende Anteilnahme tausender Menschen.

„Am 19. März brach unsere Welt zusammen“, schreibt Andreas Papa: „DIPG“ lautete die Diagnose, die der kleine Philian an diesem Tag erhielt. DIPG – das steht für „Diffuses intrinsisches Ponsgliom“. Ein aggressiver, bislang unheilbarer Hirntumor im Hirnstamm.

„Der Boden wurde uns unter den Füßen weggezogen. Stille. Ohnmacht. Schock“, fasst Andreas Papa den Moment damals in Worte – und beschreibt die möglichen Folgen des Tumors in ihrer ganzen erbarmungslosen Härte: „Er kann nicht operiert werden, keine vollständige Heilung ist bisher möglich. Er nimmt Kindern nach und nach die Bewegungsfähigkeit, die Sprache, das Schlucken, das Leben… In Deutschland gibt es kaum überlebende Fälle.“

„Einzelne Kinder haben es geschafft. Darauf hoffen wir.“

Die Hoffnung wollen sich Philians Vater Andreas und Mutter Agneta dennoch nicht nehmen lassen: „Einzelne Kinder haben es geschafft. Darauf hoffen wir. Dafür kämpfen wir“, schreibt Anderas Papa in seinem Spendenaufruf.

Seit nunmehr sechs Wochen ist Philian, zusammen mit seinen Eltern natürlich, überwiegend im Krankenhaus – im Universitäts-Kinderspital Basel (UKBB) zunächst, wo die erschütternde Diagnose gestellt wurde, zwischenzeitlich in der Uniklinik Freiburg, wo der kleine Patient weitere Untersuchungen und eine riskante, letztlich vergebliche Operation am Gehirn hinter sich gebracht hat und seit Anfang April eine sechswöchige Strahlentherapie durchläuft, begleitet von starken Medikamentengaben. „Noch 10 Mal – dann ist dieser Block geschafft“, schreibt Andreas Papa. Welche Belastung die – in ihren existenziellen Dimensionen für den knapp Dreijährigen natürlich nicht begreifbaren – Vorgänge bedeuten, macht sein Vater in der Schilderung kleiner, konkreter Situationen deutlich. „Er hat geweint, weil die Medikamente so schrecklich schmecken.“ Am schlimmsten war für ihn aber, plötzlich anders behandelt zu werden: „Als der Papa zum ersten Mal mit blauen Handschuhen die Windel wechseln wollte, brach er in Tränen aus.“ Auch der auf Infektionsschutz ausgerichtete Umgang des Krankenhauspersonals war für Philian verstörend. „Für ein kleines Kind ist das nicht zu verstehen und beängstigend.“

Abgesehen von all dem für ihn natürlich unverständlichen Ungewohnten geht es Philian im Moment eigentlich gut: „Er ist weitgehend symptomfrei und super fit“, schildert Andreas Papa unserer Zeitung aus dem Spielzimmer des Krankenhauses heraus per Telefon.

Mit „Sonnenstrahlen“ gegen den „Schneeball“ im Kopf

Auch habe es das Ärzte- und Anästhesistenteam geschafft, dass Philian beinahe mit Freude in die täglichen Bestrahlungen inklusive der dafür nötigen Vollnarkose geht: „Das ist so viel Empathie – das hilft unglaublich“, sagt Papa. Das, und ein Bild, das Agneta Papa ersonnen hat, um ihrem Sohn das Geschehen begreiflich zu machen: In Philians Kopf gibt es einen Schneeball – und der wird nun mit Sonnenstrahlen bekämpft. Tatsächlich ist die Hoffnung, dass der Tumor sich durch die Bestrahlung zurückbildet. Zumindest vorübergehend. Nicht jedoch endgültig.

Hoffnung ruht auf neuen Medikamenten

Hoffnung schenkt der Familie nun der Blick in die Schweiz, wo Philian nach der Strahlentherapie weiterbehandelt werden soll. „Am UKBB gibt es ein fantastisches Ärzteteam, das uns weiterhin begleitet“, schildert Andreas Papa. „Sie machen uns nichts vor. Aber sie machen uns Hoffnung, mit der Botschaft: Wir versuchen alles, was geht.“

Unter anderem stehen zwei vielversprechende Medikamente im Raum. Sie könnten Philian wertvolle Lebenszeit schenken. Zeit wiederum, „um vielleicht doch noch ein medizinisches Wunder möglich zu machen – denn auch die Forschung bleibt nicht stehen“. So lautet der Hoffnungsstrang, auf dem die Familie sich bewegt.

Die monatlichen Kosten pro Medikament indes liegen laut Andreas Papa bei 1300 bis 1500 Euro – und werden in der Regel nicht von der Krankenkasse übernommen. Problem: In anderen Ländern werden die Mittel zwar bereits eingesetzt – in Deutschland allerdings haben sie noch keine Zulassung.

100 000 Euro kamen binnen 24 Stunden zusammen

Dies war für die Familie denn auch einer der Auslöser, die Spendenaktion zu starten – und das Spendenziel mit 100 000 Euro „eigentlich unrealistisch hoch anzusetzen“, wie Papa sagt. „Wir wollen vorbereitet sein – auf Medikamente, neue Therapien, ... und auch mögliche Behandlungen im Ausland. Weil wir nicht wissen, welche Chancen sich morgen auftun – aber bereit sein wollen, sie zu ergreifen“, beschreibt es Andreas Papa auf der Spendenplattform. Einfach war der Gang an die Öffentlichkeit mit diesem so persönlichen und schmerzhaften Schicksal nicht: „Es fällt uns nicht leicht, um Hilfe zu bitten. Aber wir wissen: Allein schaffen wir es nicht“, bekennt Philians Vater unumwunden. Am Montag hat er daher unter der Überschrift „Philian braucht ein Wunder – und wir brauchen dich“ eine Aktion über GoFundMe gestartet.

„Was wir dann erlebt haben, hat uns weggehauen“, zeigt er sich zwei Tage später überwältigt. Innerhalb von 24 Stunden wurde das Spendenziel erreicht, und sogar übertroffen: Bis Mittwochabend war die Summe auf 143 000 Euro weiter angewachsen. Etwa 3400 Menschen haben dazu beigetragen, mit Spenden zwischen 25 und 5000 Euro, „darunter enge Freunde, aber auch unglaublich viele, die wir gar nicht kennen“. „Wo gibt es denn sowas? So viele tolle, großzügige Menschen. Diese Anteilnahme berührt uns zutiefst. Wir weinen viel im Moment, auch vor Glück.“

Kleiner Bruder erblickt das Licht der Welt

Zu diesem Glück zählt auch Philians kleiner Bruder Amias, der just am Dienstag, inmitten dieser für die Familie emotional ohnehin so aufwühlenden Zeit, das Licht der Welt erblickte – „ein gesunder kleiner Junge voller Leben“. Ein Familienzimmer in der Geburtsklinik, dem Diakonischen Krankenhaus in Freiburg, wird nun für die kommenden Tage zum Zuhause für die nun vierköpfige Familie.

„Wir erleben eine der schwersten Zeiten unseres Lebens – und gleichzeitig so viele Momente voller Liebe“, fasst Papa die aufwühlende Zeit abschließend in Worte – und formuliert nochmals die große Hoffnung, die die Familie derzeit trägt: „Vielleicht wird Philian der Beweis, dass Liebe, Medizin und Hoffnung gemeinsam Berge versetzen können. Wir haben entschieden, den Weg der Hoffnung zu gehen. Weil wir spüren: Philian will leben. Er kämpft. Und weil wir als Familie noch so viel vorhaben.“

https://www.gofundme.com/f/philian-braucht-ein-wunder

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