Ausbildung statt Studium
Brandenburgs Werdegang ist in der Ausbildungswelt nicht ganz klassisch, weiß IHK-Geschäftsführer Martin Frädrich. Als Zuständiger für die Aus- und Weiterbildung der Region Stuttgart bedauert er es, dass sich rund 60 Prozent eines Schüler-Jahrgangs mit Hochschulreife für ein Studium entscheiden. Allerdings sieht er das nicht so dramatisch wie etwa Philosophieprofessor Julian Nida-Rümelin, der von 'Akademisierungswahn' spricht. Frädrich ist eher der Ansicht, dass Schulabgänger das machen sollten, was zu ihnen passt. Aber: 'Auch in einer Berufsausbildung sind Abiturienten oder Absolventen mit Fachhochschulreife gut aufgehoben.' Genauso sehen das 31 Prozent der Schulabgänger mit Hochschulberechtigung, die gerade eine Ausbildung in einem IHK-Beruf durchlaufen. Bei ihnen beliebt sind vor allem kaufmännische Berufe im Dienstleistungssektor. Sie werden also Industrie-, Bank- oder Bürokaufleute. Gefragt sind außerdem die Ausbildung zum Fachinformatiker oder eine Lehre im Einzelhandel. 'Mit der Hochschulreife steht einem jungen Menschen die gesamte Bandbreite der Ausbildungsberufe offen', betont Frädrich. Er wünscht sich, dass bei der Berufsorientierung auch einmal technische Berufe in die engere Auswahl genommen werden.
An der hohen Zahl der Studienabbrecher sehe der IHK-Mann, dass sich mehr Studienberechtigte gleich für eine praxisorientierte Ausbildung entscheiden sollten. Dass die Zahl der Abiturienten, die sich für eine Lehre entscheiden, in den letzten zwei Jahren gestiegen ist, führt Frädrich auch auf die Bemühungen zurück, die die IHK, Handwerkskammern und verschiedene Berufsverbände betrieben haben, Ausbildungsberufe an den Gymnasien bekannter zu machen. Allen voran genannt sei hier das Programm der Ausbildungsbotschafter. Hier erläutern Auszubildende verschiedener Berufe in den Schulen ihren Bildungsweg. Das Projekt aus Baden-Württemberg wurde Vorbild für ganz Deutschland. Bisher sind Ausbildungsbotschafter allerdings noch nicht an allen Gymnasien unterwegs, was Frädrich ändern will. Ein gesteigertes Interesse an den Ausbildungsberufen verspricht sich der IHK-Geschäftsführer auch vom Schulfach Wirtschaft, das vom kommenden Schuljahr an unterrichtet wird. Außerdem werden Lehrer dann das Thema Ausbildung in jedem Schulfach thematisieren, weil die berufliche Orientierung als eine Leitperspektive eingeführt wird.