Efringen-Kirchen Caspers-Merk über notwendige Maßnahmen in Zeiten von Corona

Weiler Zeitung
Hygiene ist derzeit besonders wichtig. Dazu gehört auch, sich regelmäßig die Hände zu waschen. Foto: sba

Interview mit ehemaliger Staatssekretärin im Gesundheitsministerium

Efringen-Kirchen - Als ehemalige Staatssekretärin im Gesundheitsministerium war die in Welmlingen lebende Marion Caspers-Merk bereits vor Corona mit Epidemien und den daraus resultierenden gesellschaftlichen und politischen Folgen konfrontiert. Ihr Fazit: Wenn sich alle an die Regeln halten, werden die gegen die Verbreitung des Virus getroffenen Maßnahmen in absehbarer Zeit Wirkung zeigen.

Im Gespräch mit Ingmar Lorenz erklärt Caspers-Merk, welches Verhalten jetzt besonders wichtig ist und wie sich die Politik künftig auf ähnliche Ereignisse wird einstellen müssen.

Frage: Frau Caspers-Merk, wie bewerten Sie das Handeln der Bundes- und Landesregierung im Umgang mit der Corona-Krise?

Die verschiedenen Ebenen haben gut reagiert, auch wenn das Problem anfangs zum Teil unterschätzt wurde. Insgesamt hat die Bundesregierung einen guten Job gemacht. Es wurde und wird gerade auch über das Robert-Koch-Institut zuverlässig und transparent informiert.

Frage: Kann schon abgesehen werden, ob und wie sich „Corona“ und die damit verbundenen Handlungen künftig auf die verschiedenen politischen Ebenen auswirken werden?

Viele Kompetenzen liegen derzeit bei den Ländern, denn der Pandemieplan ist Teil des Katastrophenschutzes. Wir werden künftig darüber nachdenken müssen, ob der Bund in einem solchen Fall mehr Kompetenzen haben sollte, damit kein „Flickenteppich“ der Regelungen entsteht. Denn es ist schwierig, zu vermitteln, dass in den verschiedenen Ländern verschiedene Anweisungen gelten. Vor Ort wird insgesamt gut gehandelt, ein einheitlicheres Vorgehen wäre aber wichtig.

Frage: Freiburg hat – Stand Freitagmittag – eine beschränkte Ausgangssperre verhängt. Müssen wir uns aus Ihrer Sicht bald auch auf eine Ausgangssperre wie in Frankreich einstellen?

Eine Ausgangssperre ist das letzte Mittel. Es liegt in dem Fall an uns und daran, ob wir uns an die Regeln halten. Jeder kann das Seine beitragen. Das betrifft besonders auch junge Leute, die denken: Mir kann nichts passieren. Das war auch bei früheren Epidemien schon so, und wir sehen immer wieder, dass die Hauptüberträger die sozial aktivste Gruppe der 20- bis 40-Jährigen ist.

Frage: Wie lange wird uns das Thema „Corona“, das inzwischen die ganze Gesellschaft erfasst hat, noch in dieser Intensität beschäftigen?

Das hängt davon ab, ob die Maßnahmen greifen. Wir haben die Spitze noch nicht erreicht. Wenn wir aber in andere Regionen der Welt blicken, zum Beispiel nach China, sehen wir, dass die Zahl der Infizierten auch wieder zurückgehen wird. Es gibt mit Blick auf die öffentliche Gesundheit jetzt vor allem drei Dinge zu beachten: Abstand, Isolation und Hygiene. Ich denke, wir werden in etwa einer Woche sehen, ob die Maßnahmen greifen.

Frage: Sind Ihnen aus Ihrer politischen Tätigkeit vergleichbare Szenarien in Erinnerung, oder ist die Tragweite tatsächlich einzigartig?

Wir neigen dazu, das Schlechte ziemlich schnell zu vergessen. Tatsächlich gab es zwei vergleichbare Fälle während meiner Tätigkeit als Staatssekretärin, allerdings nicht in diesem Ausmaß. Zum einen war das die Sars-Epidemie und zum anderen der Ausbruch der Schweinegrippe H1N1. Allein durch diese sind in Deutschland etwa 300 Menschen gestorben und weltweit etwa 18 000. Das war auch nicht gerade klein. 2005 war ich als Staatssekretärin unter Ulla Schmidt deshalb auch an der Erstellung des Pandemieplans beteiligt. Leider wurde dieser dann aber nicht mehr weiter überarbeitet.

Frage: Egoismus bei Hamsterkäufen, Grenzschließungen, aber auch Zusammenhalt und Unterstützung - zeigt uns „Corona“ die Grenzen der Solidargemeinschaft, oder im Gegenteil gerade deren positive Entwicklung?

Wir erleben derzeit eine große Welle der Unterstützung und Hilfsbereitschaft. Egoistisches Verhalten wie Hamsterkäufe muss man trotzdem thematisieren. Aber das sind nicht „wir“, sondern lediglich eine kleine Gruppe. Ärgerlich ist es deswegen natürlich trotzdem.

Frage: Droht medizinisches Equipment auch bei uns zunehmend knapp zu werden?

Was das angeht, sehen wir deutlich die Risiken der globalisierten Welt. Die Regierung versucht bereits, einer drohenden Knappheit entgegenzuwirken und hat weitere Ausrüstung für medizinisches Personal bestellt. Ob das schnell genug eintrifft, muss man sehen. Aber natürlich lässt sich das bei einer solchen Pandemie nicht planen. Allerdings wird man in Zukunft die Frage stellen müssen, welche Geschäftsbereiche wir stärker in Deutschland behalten müssen. Das gleiche gilt im Übrigen für Medikamente.

Frage: War es vor diesem Hintergrund rückblickend ein Fehler, das Sanitätsdepot in Efringen-Kirchen zu schließen?

Zunächst muss man sagen, dass die Entscheidung zur Schließung des Sanitätsdepots nicht vor Ort gefällt wurde, sondern von der Bundeswehr. Sie wollte das Equipment aus Kostengründen oberirdisch lagern. Mit der Schließung wurden die betreffenden Gegenstände dann lediglich an anderen Orten deponiert, es gingen aber dabei keine Kapazitäten verloren.

Frage: Zum ersten Mal seit dem Zweiten Weltkrieg sind die europäischen Grenzen wieder in dieser Größenordnung geschlossen. Sicher ein notwendiges Vorgehen. Wird man trotzdem Vorsichtsmaßnahmen ergreifen müssen, damit das die absolute Ausnahme bleibt?

Grenzschließungen können nur das letzte Mittel sein. Gerade im Dreiländereck spüren wir dabei sofort die nachteiligen Auswirkungen. Wir merken, wie vernetzt die Region schon jetzt ist. Deshalb werden die Schließungen der Grenzen auch künftig die absolute Ausnahme bleiben.

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