Efringen-Kirchen Bürgermeisterin zeigt sich wehrhaft

Jasmin Soltani

Noch keine 100 Tage im Amt, sieht sich Bürgermeisterin Carolin Holzmüller dem Vorwurf ausgesetzt, kommunalpolitische Mandatsträger und Bürger nicht ausreichend in Entscheidungsprozesse einzubeziehen.

Auslöser für Holzmüllers emotionale Stellungnahme in der jüngsten Ratssitzung war einerseits die langersehnte Verkehrsschau, die Ende März, aber ohne Teilnahme von Ortsvorstehern und Gemeinderäten stattgefunden hatte, andererseits ein Antrag der SPD-Fraktion auf Einberufung des Schulbeirats, der nicht auf die Tagesordnung des Gemeinderats gesetzt wurde.

Anfrage an Kommunalaufsicht

Zu beiden Punkten hatte es einen mehrfachen schriftlichen Austausch zwischen dem SPD-Fraktionsvorsitzenden Karl-Friedrich Hess und der Bürgermeisterin gegeben. In diesem Zusammenhang hatte Hess auch bei der Kommunalaufsicht um deren Sichtweise gebeten. Für Hess eine reine „Anfrage“, die Holzmüller jedoch als „Beschwerde“ wertete, „die mich 2,5 Monate nach Amtsantritt fassungslos gemacht hat“, betonte sie. Das gesamte Vorgehen zeuge „von Misstrauen gegenüber der Verwaltung und mangelndem Vertrauen gegenüber mir als neue Bürgermeisterin“, so Holzmüller weiter. Sie zeigte in beiden Fällen aber Kompromisslösungen auf. Sie sei für mehr Bürgernähe und vertrauensvolle Zusammenarbeit mit dem Gemeinderat angetreten, stellte Holzmüller angesichts der gegen sie erhobenen Vorwürfe klar:„ Und ich arbeite täglich daran, die Kommunikation zu verbessern“, betonte sie.

Verkehrsschau ohne Ortskundige

Unter anderen um das Radwegenetz und um die Parksituation im Ortsteil Kirchen war es gegangen, als schon zu Bürgermeister Schmids Zeiten immer wieder eine Verkehrsschau gewünscht wurde. Als das Landratsamt für März kurzfristig eine Begehung anberaumte, habe sie in öffentlichen Sitzungen darum gebeten, Anregungen einzubringen, die Gemeinderäte angeschrieben und die Fraktionssprecher aufgefordert, fristgerecht Ideen zu liefern, sagte Holzmüller. Sie verwehre sich gegen die Unterstellung, die Verwaltung könne diese Ideen bei der Begehung missverständlich oder gar fehlerhaft kommunizieren.

Auf Nachfrage unserer Zeitung hob Holzmüller erneut die Auffassung des Landratsamts hervor (siehe unten stehender Bericht). Eine Verkehrsschau mit vielen Teilnehmern sei auch ein organisatorisches Problem, zumal in einer Gemeinde mit neun Ortsteilen.

Schulbeirat nur beratend

Bei der Einberufung des Schulbeirats beruft sich die Bürgermeisterin selbst auf die Kommunalaufsicht. Demnach sei dessen Einberufung durch den Gemeinderat „nicht zulässig“, weil der Beirat in Efringen-Kirchen kein „geschlossener Ausschuss“ sei. Auch eine Satzung habe der Beirat nicht. Dessen Mitglieder – Vertreter der Schule, des Elternbeirats, der Schüler und des Gemeinderats – sollen zwar bei schulrelevanten Fragen vom Schulträger gehört werden, würden dazu aber von der Verwaltung eingeladen. Deshalb könne der Antrag der SPD vom Januar nicht auf die Tagesordnung des Gemeinderats gesetzt werden, was sie Fraktionssprecher Karl-Friedrich Hess schriftlich mitgeteilt habe. Dass er dennoch seinerseits bei der Kommunalaufsicht nachgefasst habe, werte sie deshalb als „Beschwerde“, weil „Sie der Meinung sind, dass die Rechtsauffassung der Bürgermeisterin falsch sei“, sagte sie. Weil ihr eine auch künftig attraktive Schule am Herzen liege, habe sie mittlerweile ein Gespräch mit Schulleiter Timo Pilz geführt. Geplant ist nun, dem Thema Schule in der Gemeinderatssitzung im Juli breiten Raum zu geben.

SPD streckt Hand aus

Neben dem Schulleiter soll dort unter anderem die Schulsozialarbeiterin zu Wort kommen, erklärt Carolin Holzmüller. „Gut möglich, dass sich bei der Diskussion, der ich viel Platz einräumen möchte, dann auch eine Einberufung des Schulbeirats als sinnvoll herausstellt“. Karl-Heinz Hess kann die emotionale Reaktion der Bürgermeisterin in der Sitzung nicht recht nachvollziehen. „Ich bin der Ansicht, dass es sinnvoll ist, bei Verkehrsschauen die Ideengeber mit einzubeziehen“, sagte er auf Nachfrage. Er habe Holzmüller wegen ihres Aufrufs zur Ideensammlung gelobt. Andernorts würden aber Ortskundige und Interessenvertreter, etwa die IG Velo, mit einbezogen.

Ähnliches gilt für den Schulbeirat: es sei der SPD mit ihrem Antrag darum gegangen, auszuloten, wie das Schulzentrum zukunftsfähig gehalten werden könne. Seine Anregungen seien kein Misstrauensvotum, resümiert Hess. Er und seine Fraktion würden Carolin Holzmüller auch weiterhin so weit wie möglich unterstützen. „Unsere Hand bleibt ausgestreckt.“

Kommentar zum Abschluss

Dass die Sache nicht so einfach ist, zeigte ein Kommentar von Anja Schaffhauser ganz am Ende der Sitzung. Als Holzmüller in die Runde in die Runde der Zuhörer fragte, ob noch jemand eine Frage hätte, kommentierte die Grünen-Gemeinderätin das mit den Worten: „Meinen sie, es traut sich jetzt noch jemand?“

Was das Landratsamt sagt

„Reiner Behördentermin"

ine Verkehrsschau ist ein reiner Behördentermin, der Gemeinderat als politisches Organ hat da nichts verloren“. So deutlich stellt der Leiter der Verkehrskommission im Landratsamt Lörrach, Mathias Allgeier, die Sachlage  auf Anfrage klar. Denn es gehe bei Verkehrsschauen darum, Anregungen, die in den Gemeinden zu Verkehrsthemen gesammelt werden, aufzugreifen und abzuklären, „was rechtlich machbar ist und was nicht“. Weil in der Regel eine beachtlich Zahl an Punkten zusammenkomme, müsse auch im Sinne der Effektivität die Teilnehmerzahl begrenzt werden.

Begrenzung der Teilnehmerzahl im Sinne der Effektivität

Durchgeführt werden  Verkehrsschauen von der Verkehrskommission. Diese setzt sich zusammen aus zwei Vertretern der Verkehrsbehörde, einem Vertreter des Polizeipräsidiums und drei Vertretern der Straßenbauverwaltung.

Die Gemeinde vertreten in der Regel der Bürgermeister sowie bei Bedarf Haupt-, Bau- und Ordnungsamtsleiter. Gemeinderäte würden nicht eingeladen, auch andere Ortskundige und Interessenvertreter nicht. Bei Themen zum Radverkehr sei normalerweise die Radverkehrsbeauftragte des Landkreises mit von der Partie, nicht aber die IG Velo. Nur in seltenen Fällen würden Ausnahmen gemacht. Denn es sei immer schwierig, den Kreis zu erweitern: „Wo setzt man da die Grenzen?“

Gemeinden tragen zusammen, wo der Schuh drückt

Im Idealfall, sagt Allgeier, tragen Gemeinden zusammen, wo in ihrer Verkehrssituation der Schuh drückt, berücksichtigen dabei Anregungen von Bürgern, Ratsmitgliedern und Interessensgruppen und melden Bedarf für eine Verkehrsschau an. Eine solche finde in der Regel alle zwei Jahre statt. Wegen personeller Engpässe im Landratsamt komme es aber mitunter zu längeren Intervallen. Die letzte große Verkehrsschau in Efringen-Kirchen sei 2018 gewesen, mehrere kleinere hätten aber in Ortsteilen stattgefunden, 2020, 2021 und auch 2022.
Allgeier betont, dass sich grundsätzlich jeder Kreisbewohner mit seinen Anregungen direkt an die Verkehrsbehörde wenden könne. Das bedeute aber nicht, dass jeder Einwohner bei einer Verkehrsschau dabei sein dürfe. Zudem sei auch nicht jeder Antrag umsetzbar.  jas

 

 

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