Efringen-Kirchen Der Untergrund wird untersucht

Beatrice Ehrlich
Was im Boden unter dem eigenen Unternehmen zu finden ist, erkunden Harald Rathberger (Mitte), der Bohrsachverständige Patrick Blau (r.) und Marc Schindewolf, Projektleiter bei Rathberger. Foto: Beatrice Ehrlich

Um herauszufinden, ob der Boden im Gewerbegebiet Breitenstein für die Wärmegewinnung aus Geothermie geeignet ist, lässt Unternehmer Harald Rathberger ihn in einem aufwändigen Verfahren beproben.

Eine große Bohrmaschine steht seit einigen Tagen auf dem Gelände des Unternehmens Rathberger im Gewerbegebiet „Beim Breitenstein“ in Efringen-Kirchen. Von einer Fachfirma wird der Boden beprobt, um herauszufinden, ob in den Erdschichten bis 120 Meter Tiefe Anhydrit enthalten ist.

Dieser birgt die Gefahr, bei Kontakt mit Wasser zu quellen – bei vielen in Erinnerung ist der Fall Staufen. In der Stadt hob sich die Erde nach einer Erdwärmebohrung an und verursachte große Schäden an Gebäuden.

68 Meter unter der Erdoberfläche

Meter für Meter bohrt sich der Diamantbohrer des Unternehmens Baugrund Süd in den Untergrund. Bei 68 Metern Tiefe ist er am Dienstagnachmittag angelangt.

Die ausgefrästen Bohrkerne werden an die Oberfläche gebracht und als Meterstücke in eine Art Setzkasten mit länglichen Aussparungen gelegt. So kann man auf einen Blick sehen, wie sich die Bodenbeschaffenheit mit zunehmender Tiefe verändert.

Für das Unternehmen und für die Wissenschaft: Harald Rathberger mit Bohrfunden Foto: Beatrice Ehrlich

Wie der Untergrund unter seinem eigenen Unternehmen aussieht, ist für den Efringen-Kirchener Unternehmer Harald Rathberger, Spezialist für Fassadengestaltung und Dacheindeckungen aus Metall, eine spannende Frage.

Nach Mergelstein und Schichten von Sand- und Tonstein mit Fischschiefer stößt die Maschine heute auf deutlich härteres, sogenanntes Küstenkonglomerat.

Millionen Jahre in die Vergangenheit

Eine Besonderheit, freut sich Patrick Blau, der als vom Land Baden-Württemberg bestellter Sachverständiger für Erdwärmesondenbohrungen die Bohrarbeiten in Efringen-Kirchen beaufsichtigt. Er weist auf die deutlich sichtbaren Unterschiede in den präzise aufgereihten Bohrkernen vor sich auf dem Boden.

In Reih und Glied liegen die Bohrkerne in Holzkisten. Patrick Blau zeigt ein Beispiel für Fischschiefer. Foto: Beatrice Ehrlich

Die Funde würden auf ein flaches, ruhiges Meer im Tertiär verweisen. Rund 30 bis 40 Millionen Jahre liege das zurück. Das im Küstenkonglomerat enthaltene Geröll habe seinen Ursprung in einem Fluss, der in dieses Meer gemündet sein muss.

Anderes Erdzeitalter als in Staufen

Dass man hier auf Gips- oder anhydrithaltige Schichten stoßen werde, sei äußerst unwahrscheinlich, sagt Blau. Hier habe man es im Vergleich zu Staufen mit einem anderen Erdzeitalter zu tun. Es sei aber auch nicht ausgeschlossen, dass es Einschlüsse gebe: Geologisch sei man in diesem Bereich noch relativ unbedarft.

Ein Glücksfall für die Wissenschaft

Blau bezeichnet es als Glücksfall für die Wissenschaft, dass Harald Rathberger sich als Bauherr ein solches kostspieliges Verfahren zumute. Drei- bis viermal so teuer wie eine gewöhnliche Bohrung mit dem Presslufthammer koste ein solches Verfahren, betont er.

Modell des Untergrunds in Baden-Württemberg entsteht

Die im materialschonenden Seilkernbohrverfahren gewonnenen und im Ganzen erhaltenen Bohrkerne würden im Anschluss ins Landesamt für Geologie, Rohstoffe und Bergbau im Regierungspräsidium Freiburg gebracht und dort eingehender untersucht. So könne nach und nach ein Modell des baden-württembergischen Untergrunds erstellt werden.

Meter für Meter dreht sich die Bohrmaschine in den Boden in Efringen-Kirchen. Foto: Beatrice Ehrlich

Junge Führungskräfte bei Rathberger hätten sich für das neue Büro- und Verwaltungsgebäude eine möglichst nachhaltige Bauweise gewünscht, berichtet der Unternehmer, der nach eigenen Worten eine hohe sechsstellige Summe in die Geothermiebohrung investiert hat. PV-Platten auf dem Dach, besondere Lösungen für Fenster und die Beschattung und unterirdische Pufferspeicher für Regenwasser gehören unter anderem dazu. Geheizt und gelüftet werden soll mit einer Wärmepumpe.

Gefragter Spezialist: Brunnenbauer und Bohrmeister Pascal Röck mit unterschiedlichen Diamantbohrköpfen Foto: Beatrice Ehrlich

Das Grundwasser als Wärmequelle habe sich als wenig ergiebig erwiesen. Die Nutzung oberflächennaher Geothermie war vom Landratsamt zunächst abgelehnt worden. Eine Bohrung sei nur möglich, wenn vorher eine eingehende Beprobung des Untergrunds durchgeführt werde, hieß es – was derzeit geschieht.

Grauer Sandstein kommt zum Vorschein

Am Bohrloch wird es jetzt spannend: Eine Seilwinde zieht den nächsten Bohrkern-Abschnitt herauf. Bohrmeister Pascal Röck von Baugrund Süd und ein Kollege entnehmen den Kern mit viel Fingerspitzengefühl seiner stählernen Hülse und legen ihn vorsichtig an seinen Platz in der Holzkiste. Nach dem Absprühen mit Wasser kommt grauer Sandstein zum Vorschein – auch das wieder ein Fund, den man nicht alle Tage mache, wie Experte Patrick Blau freudig feststellt.

Vorsichtig heben Bohrmeister Pascal Röck und ein Kollege von Baugrund Süd den gerade gewonnenen Bohrkern in die Holzkiste mit den Proben. Foto: Beatrice Ehrlich

Bis nächsten Donnerstag sei das Bohrteam sicher noch vor Ort, sagt Röck.

Probebohrung geht bis 120 Meter Tiefe

Der gelernte Brunnenbauer steuert als Bohrmeister die 700 000 Euro teure Allround-Maschine, mit der sein Arbeitgeber derzeit deutschlandweit sehr gefragt ist.

Einblicke in frühere Erdzeitalter: Grauer Sandstein aus 68 Meter Tiefe (auf der linken Seite), rechts davon – mit weißen Kieseln – das „Küstenkonglomerat“. Foto: Beatrice Ehrlich

In 120 Meter Tiefe will er bis dahin vorgestoßen sein. Das Tempo der Bohrung hängt ab von der Härte des Materials – je härter es ist, desto langsamer gehe es voran, erklärt Röck.

Neun weitere Löcher wären nötig

Bis es so weit ist, bleibt ungewiss, ob die Wärmepumpe im neuen Bürogebäude mit Geothermie betrieben werden kann. Sollte sich der Boden als geeignet erweisen, müssten noch weitere neun Löcher gebohrt werden, sagt Harald Rathberger.

Weithin sichtbar: die große Bohrmaschine bei Rathberger. Foto: Beatrice Ehrlich

Eventuell könnten benachbarte Unternehmen die Idee aufgreifen, denn das sondierte Gebiet geht über Rathbergers Grund hinaus – laut Blau etwa bis zur Winzergenossenschaft im Norden und bis Eimeldingen im Süden. Sollte es nicht so kommen, dann war die Mühe aber auch nicht umsonst: Die Wissenschaft profitiere auf jeden Fall, sagt Blau.

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