Efringen-Kirchen Die Geister scheiden sich noch immer

Saskia Scherer
Bürgermeister Philipp Schmid. Foto: zVg

Bauplatzvergaberichtlinien: Erneuter Beschluss, erneuter Widerspruch. Landratsamt am Zug.

Efringen-Kirchen - Ein Déjà-vu: Wie bereits vor drei Wochen hat der Gemeinderat Efringen-Kirchen mehrheitlich für den Entwurf der interfraktionellen Gruppe für die Bauplatzvergaberichtlinien gestimmt (wir berichteten). Und erneut hat Bürgermeister Philipp Schmid dem Beschluss widersprochen, weil er an der Rechtmäßigkeit zweifelt.

Dass er dies tun würde, hatte Schmid gleich zu Beginn der Sitzung angekündigt, zu der zahlreiche Zuhörer gekommen waren. „Das ist meine Pflicht“, stellte er klar. „Die interfraktionelle Richtlinie verstößt schon in ihrer Zielsetzung gegen höherrangiges Unionsrecht und die hierauf basierenden nationalen Gesetzesregelungen“, heißt es in der Gemeinderatsvorlage.

Der Entwurf unterscheidet sich von dem Richtlinien-Vorschlag, den die Verwaltung unterstützt, vor allem darin, dass in ersterem keine Einkommensgrenze als Kriterium aufgeführt ist und Interessenten mit „familiärer Bindung zum Ortsteil des Baugebiets“ Extrapunkte sammeln können. Im Verwaltungsentwurf soll dies dagegen für Bürger mit solchen Verbindungen in der Gesamtgemeinde gelten.

„Wir sollten uns auf die sichere Seite stellen“, so der Bürgermeister. Gegenstand der Debatte sei die Frage der Haftung. In der Gemeinde Ummendorf bei Biberach hat nämlich mittlerweile ein Paar, das bei der Bauplatzvergabe nicht zum Zug kam, Klage eingereicht. „Dort hocken nun 19 Familien auf dem Trockenen“, erklärte Schmid, denn das Gericht hat den Bauplatzverkauf gestoppt. Der Widerspruch der Gemeinde wird vom Verwaltungsgericht behandelt.

Verfahren in Ummendorf

Karl Rühl (CDU/Unabhängige) schlug vor, dieses Urteil abzuwarten. „Damit bekämen wir ein Stück mehr Rechtssicherheit.“ Das könne Jahre dauern, hielt der Bürgermeister dagegen. „Wir sollten gemeinsam eine sichere Lösung finden.“ Er schlug vor, beide Richtlinien-Entwürfe abzulehnen, sich noch einmal an einen Tisch zu setzen, erneut anwaltlichen Rat einzuholen und einen Kriterienkatalog zu erarbeiten. Er erinnerte aber auch noch einmal, dass er „mit allem“, also beiden Modellen, gut leben könne, sofern das Landratsamt als Rechtsaufsichtsbehörde seinen Segen gebe.

„Ich denke, die Richtlinien der interfraktionellen Gruppe sind so machbar und nicht diskriminierend“, fand FDP/FB-Fraktionsvorsitzender Franz Kiefer. „Wir sind als Gemeinderat auch den Bürgern verpflichtet – mehr als der EU.“ Bauwillige würden eingegrenzt. Außerdem mangele es an Pflegeplätzen, da müsse man doch die Möglichkeit der Versorgung durch die Familie fördern. Auch Rudolf Ritz (Grüne) fand, dass niemand diskriminiert werde. „Manche werden gefördert, aber niemand ausgeschlossen, auch andere haben die Chance.“

Auf Null gehen?

Marianne Staiger-Dold (Grüne) war wie Schmid dafür, „auf Null zu gehen“. Bei der jüngsten Sitzung seien zahlreiche Gemeinderäte erkrankt gewesen. „Schade, dass man trotzdem eine Entscheidung fällt.“ Wenn man die Ortsansässigkeit so stark differenziere, entstehe kein Eindruck einer Gesamtgemeinde. Fraktionskollege Thomas Schulte kritisierte die „Engstirnigkeit“, die an den Tag gelegt werde. „Jeder ist nur aufs Eigene bedacht.“ Es gelte, Bauplätze eher heute als morgen an Bauwillige zu vergeben. „Aber das verhindern wir gerade, weil wir nicht vom Fleck kommen.“ Aber der Rahmen solle schließlich mehrere Jahre halten.

Kevin Brändlin (FDP/FB) forderte: „Wir wollen, dass Familien noch zusammenleben können.“ Es brauche keinen neuen Kompromiss. „Das ist ja schon der x-te.“ Er könne die juristischen Einwürfe zwar verstehen, aber zu diesem Punkt zu gelangen, habe zwei Jahre gedauert. „Wenn wir jetzt alles auf Null setzen, kommen wir keinen Schritt weiter.“ Dafür erhielt er Applaus aus den Zuhörerreihen.

Reinhard Knorr, Fraktionsvorsitzender von CDU/Unabhängige, meinte: „Wir können uns nicht über EU-Recht hinwegsetzen.“ Die Frage sei, wie es ausgelegt werde. „Ummendorf schwebt über uns“, sagte Bernd Münkel (FDP/FB). Der Bürgermeister müsse sich korrekt verhalten und rechtlich absichern. Auch Karlfrieder Hess (SPD) bezeichnete die Rechtssicherheit als „Dreh- und Angelpunkt“. Allen sei an einer schnellen Lösung gelegen.

Wiederholter Widerspruch

Der Vorschlag der Verwaltung lautete, beide Richtlinien-Vorschläge abzulehnen und ein neues Anforderungsprofil zu erstellen – was mit zwölf zu sieben Stimmen abgelehnt wurde. Der Gemeinderat stimmte dann mit 13 zu sechs Stimmen dem Entwurf der interfraktionellen Gruppe zu. Schmid erklärte sofort seinen wiederholten Widerspruch. Nun muss das Landratsamt den Beschluss prüfen.

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