Dass der Hausierhandel nicht ganz ungefährlich war, belegt das Schicksal eines Hausierers, der im Jahr 1757 auf der Landstraße bei Kirchen ermordet aufgefunden wurde. Hausierer waren quasi Freiwild.
Im Jahr 1767 erhielt der Apotheker Romann vom Markgraf das Privileg für einen Specerei- und Kramladen an der Basler Straße. Dabei handelte es sich eher um einen Gemischtwarenladen. Somit wurden die Apotheken zur Konkurrenz für die jüdischen Hausierer.
Der Viehhandel
Der Viehmarkt in Kirchen fand auf dem Woogplatz statt. Voraussetzung für die Juden war, dass sie sich den Handel mit Vieh überhaupt leisten konnten. Unklar ist, ob zuerst der spezialisierte Jude oder der Viehmarkt da war. Bereits im 18. Jahrhundert gab es das, was Siegmann die „Leasing-Kuh“ nannte. Dieser Kauf auf Raten ermöglichte es vielen Bauern erst, sich eine Kuh zuzulegen.
Zum jüdischen Viehhandel gehörte auch eine jüdische Schlachterei. Mit Samuel Ruf aus Blotzheim ist im Jahr 1766 der erste jüdische Metzger aktenkundig.
Da die Bevölkerungszahl stark anstieg, wurde ein Drittel der Weideflächen in Ackerland umgewandelt, was wiederum die Existenz derer bedrohte, die vom Viehhandel lebten.
Große Veränderungen brachte der Bahnbau mit sich. Dadurch verlagerten sich die Viehmärkte vom Land in die Stadt. Das war der finanzielle Gau für die ländlichen Viehhändler.
Mit Geselligkeit
Im „Gasthaus Linde“, eine jüdische Wirtschaft, wurde an Fest- und Feiertagen gerne gefeiert und getanzt. Das aber war in den Augen der Obrigkeit sehr gefährlich, da das Tanzen unter anderem zum „Schwelgen, zu Unfug und Unsittlichkeit“ verleitete. Außerdem führte es, so die Argumentation, bei der jüdischen Jugend zu Verschwendung von Geld, das sie nicht hatte, und infolge dessen zu bösen Taten.
Synagogen
Im Jahr 1795 wurde an der Friedrich-Rottra-Straße die erste Synagoge in Kirchen errichtet. Nach dem Neubau der zweiten Synagoge im Jahr 1831 nutzte man sie als „Armenhaus“ genutzt. Die Beherbergung armer Juden wurde als religiöse Verpflichtung angesehen. Die zweite Synagoge war dann der Mittelpunkt jüdischen Lebens in Kirchen. Unter dem Beschuss der Franzosen wurde sie im Jahre 1940 so beschädigt, dass sie später abgetragen werden musste.
Ab 1861 erteilten die Verantwortlichen den Juden die volle Gleichstellung mit der übrigen Bevölkerung. Das heißt, auch die Wahl ihres Wohnorts war ihnen nun freigestellt, was die Abwanderung vieler in die Städte zur Folge hatte.