Efringen-Kirchen Eine technische Meisterleistung

Weiler Zeitung
Anschaulich erklärte Museumsleiterin Maren Siegmann (links) den rund 30 Interessierten die regionalen Entwicklungen im Eisenbahnbau. Foto: Jutta Schütz Foto: Weiler Zeitung

Eisenbahn: Maren Siegmann erklärt die Bedeutung des Schienenverkehrs für die Region

Eisenbahnfahren war um die Mitte des 19. Jahrhunderts ein echtes Abenteuer – zumindest auf der Strecke zwischen Kleinkems und Efringen-Kirchen: auf der einen Seite steile Weinberge, auf der anderen der Abgrund zum damals noch nicht regulierten Rhein. Dazu fuhr man auf dem Abschnitt von Schliengen nach Efringen-Kirchen durch Tunnel, die zu den ersten in Deutschland gehörten.

Von Jutta Schütz

Efringen-Kirchen. Bei der Wanderung am „Tag des offenen Denkmals“ von Kleinkems nach Efringen-Kirchen mit Museumsleiterin Maren Siegmann erfuhren rund 30 Neugierige viel Wissenswertes zur Eisenbahngeschichte der Region.

„Entdecken, was uns verbindet“ – so lautete das Motto des diesjährigen „Tags des offenen Denkmals“ – die Überschrift war wie gemacht für eine Eisenbahnstrecke. 1838 beschloss die Badische Ständeversammlung, aufgeschreckt durch die Gründung einer Eisenbahngesellschaft im Elsass, die eine Strecke zwischen Straßburg und Basel plante, eine Eisenbahnlinie von Mannheim bis zur Schweizer Grenze. Im Gegensatz zu vielen Strecken, die von Privatleuten gebaut wurden – vor allem von Industriellen, die ihre Waren befördern wollten – war die badische Strecke eine „Badische Staatsbahn“, erläuterte Siegmann.

Arbeiten erfolgten im Rekord-Tempo

Das Tempo, das beim Eisenbahnbau vorgelegt wurde, erstaunte jeden der Wanderer, denn übertragen auf heutige Verhältnisse beim Bahnausbau, bewegten sich Ingenieur- und die Leistungen der Arbeiter auf Rekordniveau. Der Streckenabschnitt Müllheim-Schliengen wurde am 15. Juni 1847 eröffnet, es folgte der Abschnitt Schliengen-Efringen-Kirchen am 8. November 1848 – dabei war es der technisch anspruchsvollste und mit einer Million Gulden pro badische Meile der teuerste der ganzen Strecke.

Der Ursprung der abgebrochenen „Zementi“ bei Kleinkems ist dem Eisenbahnbau zu verdanken, ebenso die Besserstellung der Bevölkerung in den kleinen Orten an Streckenabschnitten, die für das Land, das sie für den Bau hergeben mussten, Geld erhielten „und so Schulden abtragen oder investieren konnten“, berichtete Siegmann.

Die Strecke von Mannheim bis Haltingen wurde zu einem Riesenerfolg für den Personen- und auch Warentransport. Ursprünglich war berechnet worden, dass rund 125 000 Menschen jährlich den Zug nutzen würden – es wurden aber über eine Million Reisende. Dementsprechend wurden Lokomotiven und Waggons geordert was „das Zeug hielt“.

Die ersten Gastarbeiter kamen mit dem Bau der Bahn

Hinzu kam, dass die ersten „Gastarbeiter“ in die Orte kamen, etwa Italiener, die unter anderem bei den Tunnelbauten halfen. Sie wohnten beispielsweise in Istein in einem Barackenlager – etliche blieben und heirateten in die einheimischen Familien ein. „Da beim Bahnbau mehr Geld gezahlt wurde, fanden sich für Arbeiten auf dem Land weniger Arbeitskräfte – das war auch ein Kehreffekt des Bahnbaus“, erklärte Siegmann.

Oberhalb des steinzeitlichen Bergwerks berichtete Siegmann davon, dass beim Bahnbau „die ersten Funde gemacht wurden, die darauf hindeuteten, dass hier archäologisch Bedeutsames zu entdecken sei“. Der Strecke fielen auch imposante und bekannte Bauten zum Opfer – zum Beispiel die Felsenmühle.

Eine Besonderheit war, dass man beim Bahnbau keinen Gedanken daran verschwendete, dass die Strecke am Rhein im Kriegsfall durch Beschuss besonders exponiert lag – dieses Problem kam erst mit dem Krieg von 1870/71 auf. „Die Bahn war eigentlich eine Friedenszeitbahn“, meinte die Museumsleiterin.

Anspruchsvoll waren die Tunnelsprengungen und -befestigungen, sowie der Bau der Tunnelportale. Der erste Tunnel stürzte ein, vermutlich weil die Kalkmischung zur Befestigung nicht stimmte. Die Felsendurchlässe wurden gesprengt, dabei wurden auch Häuser beschädigt – und die Besitzer dafür entschädigt.

Spurweite wurde noch beim Bau umgestellt

Und dann war da noch die Sache mit der Spurweite: „Damit nur ja keine badische Bahn je auf württembergische oder andere Strecken der Nachbarländer ausbricht“, schmunzelte Siegmann, hatte die Badische Staatsbahn nach englischem Vorbild die Spurweite 1600 Millimeter gewählt. Alle anderen Länder aber spurten mit 1435 Millimetern – der sogenannten Normalspur. Die Badische Staatsbahn hatte ein Einsehen und die Arbeiter und Ingenieure lieferten eine weitere Meisterleistung: Während des schon laufenden Betriebs wurden zwischen 1854 und 1855 alle schon erstellten Strecken und Lokomotiven und Wagen auf Normalspur umgebaut.

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