Efringen-Kirchen Engagierte haben bessere Chancen

Ingmar Lorenz
Die neue Bauplatzvergaberichtlinie der Gemeinde Efringen-Kirchen wurde vom Gemeinderat mehrheitlich beschlossen. Foto: sba

Gemeinderat: Bauplatzvergaberichtlinie beschlossen / Punktesystem soll für Transparenz sorgen

Efringen-Kirchen - Was lange währt, wird endlich gut: In seiner jüngsten Sitzung hat der Gemeinderat Efringen-Kirchen die Bauplatzvergaberichtlinie beschlossen. Nach monatelangen Abwägungen wurde ein für alle Seiten akzeptabler Kompromiss gefunden.

Rechtsanwältin Julia Lindner und Bürgermeister Philipp Schmid stellen den neuen Entwurf vor. Er ist das Ergebnis der Sitzungen der Arbeitsgruppe, die sich seit April 2019 mit dem Thema auseinandergesetzt hatte. Im Februar 2019 war die Bauplatzvergaberichtlinie im Gemeinderat bereits kontrovers diskutiert worden. Damals hatten die Räte mehrheitlich für einen Entwurf gestimmt, den der Bürgermeister für rechtswidrig hielt und gegen den er daher sein Veto einlegen musste. Kurz darauf wurde der Gemeinderatsbeschluss aufgehoben und die Arbeitsgruppe mit der Ausarbeitung eines neuen Entwurfs betraut.

Die Gretchenfrage im Hinblick auf die Bauplatzvergaberichtlinie lautete damals wie heute: Können Einheimische bei der Vergabe von Bauland besonders berücksichtigt werden? Denn auf der einen Seite sollen dörfliche und familiäre Strukturen gestärkt werden, indem die Kinder oder Enkel im gleichen Ort wie die Eltern oder Großeltern bauen, auf der anderen Seite muss die Vergabe laut Gesetz diskriminierungsfrei und transparent erfolgen.

Um beides unter einen Hut zu bekommen, wird in der nun beschlossenen Richtlinie mit einem ausgeklügelten Punktesystem gearbeitet. Dieses ist im Wesentlichen in zwei Teile gegliedert – in die ortsbezogenen und in die sozialbezogenen Kriterien.

Verschiedene Kriterien spielen eine Rolle

Im Rahmen der ortsbezogenen Kriterien wird unter anderem abgefragt, ob und seit wann der beziehungsweise die Bewerber – maximal zwei Personen dürfen sich für die Vergabe eines Bauplatzes gemeinsam bewerben – im Ort wohnen. Ebenso spielt dabei eine Rolle, ob die Bewerber in der Gemeinde arbeiten und ob sie sich dort aktiv ehrenamtlich engagieren.

In den sozialbezogenen Kriterien wird der familiären Situation Rechnung getragen. Es wird dabei abgefragt, ob die Antragssteller Kinder haben oder ob in der Nähe Angehörige wohnen, die etwa Betreuung oder Pflege benötigen. Auch ein etwaiges ehrenamtliches Engagement außerhalb der Gemeinde bringt in diesem Segment Punkte. Nicht zuletzt auch vor dem rechtlichen Hintergrund ist es wichtig, dass die maximale Anzahl der Punkte bei den sozialbezogenen Kriterien höher ist als bei den ortsbezogenen. Der vorgestellte Entwurf sah vor, dass bei ersteren maximal 110 Punkte, bei letzteren höchsten 90 Punkte erzielt werden können. Letztlich wurde die Gesamtpunktzahl durch Änderungsanträge verringert, die höhere Gewichtung der sozialbezogenen Kriterien aber beibehalten.

Innerhalb der einzelnen Kategorien ist die Anzahl der Punkte gedeckelt, die maximal erzielt werden können. Dadurch soll gewährleistet werden, dass keines der Segmente allein für den Erfolg bei der Bewerbung ausschlaggebend ist.

Durch die Vergaberichtlinie können bestimmte Entwicklungen in der Gemeinde gesteuert werden, etwa dass sich die künftigen Bauherren in ihrem Wohnort ins gesellschaftliche Leben einbringen. Auch die familiären Strukturen werden gestärkt, womit man auf ein immer größer werdendes Defizit in Sachen Pflege und Betreuung reagieren könne, erklärte Lindner.

Viel Lob für Kompromiss aus dem Ratsrund

„Sie beschreiten einen neuen Weg“, sagte die Rechtsanwältin in Richtung der Gemeinderäte. Das sei ein mutiger Schritt, weil es keine bestehende Rechtssprechung gebe, auf die man sich konkret beziehen könne. Trotzdem sei sie überzeugt, dass der Entwurf gut gelungen und rechtssicher sei.

Auch seitens der Gemeinderäte gab es für den ausgearbeiteten Entwurf viel Lob. „Viele Kommunen werden auf uns schauen“, hob Karlfrieder Hess (SPD) die Vorreiterrolle hervor, welche Efringen-Kirchen durch die neue Bauplatzvergaberichtlinie innehaben wird. Der Entwurf sei im Übrigen ein guter Konsens, da alle wichtigen Kriterien berücksichtigt würden.

Dieser Meinung schlossen sich auch Karl Rühl (CDU) und Kevin Brändlin (FDP) an, wobei letzterer dann doch noch zwei Änderungsanträge vorbrachte.

Brändlin regt Änderungen an

Zum einen ging es dabei um die Gewichtung des Arbeitsplatzes. Laut Brändlin solle ein Arbeitsplatz im jeweiligen Ort weniger schwer gewichtet werden, als im Entwurf vorgesehen. Wichtiger sei der Lebensmittelpunkt der Bewerber.

Zum anderen plädierte Brändlin für eine Änderung der Passagen, welche die ehrenamtliche Tätigkeit betreffen. Diese sollen unterteilt werden in das Engagement in Vereinen und bei Rettungsdiensten. Auf diese Weise werde verhindert, dass die maximale Punktzahl in diesem Segment ausschließlich auf Grundlage einer Vereinstätigkeit ohne Engagement bei einem Rettungsdienst erreicht werden kann.

Der Bürgermeister nahm die vorgeschlagenen Änderungen auf und stellte dann den geänderten Beschlussvorschlag zur Abstimmung, dem die Gemeinderäte mehrheitlich zustimmten, wobei bei einzelnen Ratsmitgliedern kurz Verwirrung darüber herrschte, ob die Abstimmung nun die Änderungen oder die Vergaberichtlinie selbst betreffe.

Freie Hand bei der Anwendung

Hinsichtlich des weiteren Vorgehens legte Schmid dar, dass nun eine entsprechende Matrix erstellt wird. Zugleich betonte der Bürgermeister, dass der Gemeinderat bei jedem neuen Baugebiet darüber entscheiden müsse, ob bei der Vergabe der Grundstücke die neue Richtlinie angewendet werden soll. Der Gemeinderat habe diesbezüglich freie Hand. „Es ist schließlich eine Richtlinie, keine Satzung“, so der Bürgermeister.

Kritik am Vorgehen der Verwaltung gab es im Rahmen der Bürgerfragestunde vom ehemaligen Fraktionssprecher der FDP und Kreisrat Franz Kiefer. Aus seiner Sicht hätte man das mit der nun beschlossenen Bauplatzvergaberichtlinie erzielte Ergebnis auch viel früher haben können, wenn mehr Kompromissbereitschaft an den Tag gelegt worden wäre. Dies brach Kiefer dann auf die finanzielle Ebene herunter und stellte die Frage in Richtung Verwaltung, wie viel mehr Beratungskosten der Gemeinde für die Ausarbeitung des neuen Entwurfs entstanden seien.

Eine konkrete Antwort auf diese Frage gab es von Bürgermeister Philipp Schmid nicht. Stattdessen betonte er die Notwendigkeit der Rechtssicherheit der Vergaberichtlinie.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading