Efringen-Kirchen Haushalt mit Zuckerbrot und Peitsche

Daniel Hengst
In Efringen-Kirchen wird die Basler Straße saniert. Aus ihr soll eine Fahrradstraße werden, wie hier in Lörrach. Foto: Marco Fraune

Der finanzielle Rahmenplan für Efringen-Kirchen wird im Gemeinderat einstimmig verabschiedet. Carolin Holzmüller kritisiert die Gemeinderäte. Sven Vormann klatscht bei der Neujahrsrede der Bürgermeisterin und versteht in der Ratssitzung die Welt nicht mehr.

Der Haushalt der Gemeinde Efringen-Kirchen ist verabschiedet. In diesem Jahr sind Ausgaben von fast 25,5 Millionen Euro vorgesehen. Der Finanzhaushalt hat ein Defizit von 1,49 Millionen Euro.

Kämmerin Daniela Wenk hatte zuvor den Ergebnishaushalt vorgestellt, der Erträge von 24,6 Millionen Euro aufweist. Gemindert um die Aufwendungen, bleibt ein Minus von beinahe 850 000 Euro. Außerordentliche Erträge lassen das Defizit um weitere 200 000 Euro auf weniger als 650 000 Euro abschmelzen.

Auf die Deckungslücke des Finanzhaushalts kam die Rechnungsamtsleiterin durch die dortigen Einnahmen von 24,1 Millionen Euro sowie Ausgaben von rund 24 Millionen Euro, woraus sich ein Überschuss von 71 000 Euro ergibt. Einzahlungen aus Investitionstätigkeiten von 3,2 Millionen Euro stehen Ausgaben bei der Investitionstätigkeit von 4,8 Millionen Euro gegenüber. Das Minus von gut 1,5 Millionen Euro wird durch Tilgungen auf die besagten knapp 1,49 Millionen nochmals verringert.

Höhere Zuweisungen

Der Haushalt sei geprägt von Steuerzuweisungen, die hinter den Erwartungen der Steuerschätzung vom Mai 2024 „leider zurück bleiben“, erklärt Wenk. Da die Steuerkraft im Jahr 2023, die als Grundlage für die Zahlungen in diesem Jahr gilt, geringer ist als noch im Jahr 2022, seien höhere Schlüsselzuweisungen und geringere Umlagen der Fall, was den Haushalt entlaste. „Die Grundsteuerkalkulation ist aufkommensneutral gestaltet“, sagt Wenk.

Die Unterhaltungsaufwendungen für Straßen (264 500 Euro), Straßenbeleuchtung (115 000 Euro), die Stützmauer in Welmlingen (150 000 Euro), Schulen (217 000 Euro), das Rathaus (182 000 Euro) und für Gewässer- sowie Starkregenschutz (200 000 Euro) summieren sich zu 2,1 Millionen Euro. Die Erhöhung der Kreisumlage falle durch die gesunkene Steuerkraftsumme nicht so hoch aus, wenngleich sie auf 38 Punkte vom Hundert gestiegen sei und die ursprünglichen vorgesehenen 39 Punkte verworfen wurden. Die Personalkosten seien erstmals auf fast 7,5 Millionen Euro gestiegen, was 30 Prozent der Aufwendungen ausmache. Zweitstärkster Kostenblock sei die Kreisumlage, die 20 Prozent der Ausgaben ausmache – 5,15 Millionen Euro absolut.

Investitionen

Wesentliche Investitionsmaßnahmen sind die Planungskosten für das Feuerwehrhaus (Süd) mit 1,25 Millionen Euro, die dazugehörige Erschließung „Auf dem Korb“ mit 250 000 Euro, die Sanierung und Umgestaltung der Basler Straße zur Fahrradstraße mit 1,28 Millionen Euro (790 000 Euro an Zuschüssen sind abzuziehen), die Fahrradparkanlage Güterschuppen mit gut 300 000 Euro (Zuschuss gut 270 000 Euro), die Starkregenmaßnahme Wintersweiler mit 125 000 Euro sowie Planungskosten für die Neugestaltung und gegebenenfalls dafür notwendige bauliche Erweiterung des Kindergartens Wintersweiler mit 60 000 Euro. Für das neue HLF 20 der Feuerwehrabteilung Efringen-Kirchen sind nach 2024 mit 280 000 Euro in diesem Jahr weitere 370 000 Euro notwendig. Für die Anschaffung eines LKW-Kippers für den Bauhof schlagen 271 000 Euro zu Buche sowie die 31 000 Euro für die Mikrofonanlage im Ratssaal.

Aus dem Schuppen wird ein Parkhaus für Fahrräder Foto: Daniel Hengst

Vorbereitung für Debatte

Carolin Holzmüller ging in ihrer Haushaltsrede auf die Verfahrensweise beim Haushalt ein. Bereits im Juni sei mit dem Aufstellen des Haushalts begonnen worden. Aus angemeldeten Nettoausgaben von 37 Millionen Euro seien durch die Verwaltung 2,5 Millionen Euro für den Ergebnishaushalt und 3,7 Millionen Euro für den Finanzhaushalt geworden.

„Nach fünfstündiger Sitzung des Verwaltungsausschusses wurden 4000 Euro aus dem Ergebnishaushalt und 12 500 Euro für den Finanzhaushalt gestrichen“, hielt die Bürgermeisterin fest. Für weitere angekündigte Änderungswünsche sei der 22. November genannt worden. Am 24. November wurden 25 Änderungsanträge eingereicht, die am 9. Dezember nochmals drei Stunden lang beraten wurden, und deren Änderungen noch mal in die Ortschaftsräte zur Stellungnahme gegeben wurde. Am Ende wurden 133 500 Euro aus dem Ergebnishaushalt und 112 000 Euro aus dem Finanzhaushalt gestrichen. Holzmüller kritisierte, dass von der Möglichkeit, Rückfragen zu stellen oder sich zu informieren, kaum oder gar nicht Gebrauch gemacht wurde.

In Egringen und Kleinkems sei sie von Bürgern nach mehr Einsätzen des Gemeindevollzugsdiensts (GvD) gefragt worden. Nachdem Wünsche bei der Verkehrsschau abgelehnt wurden, hätte eine Teilzeit-GvD-Stelle die Lösung bringen sollen. Dies habe der Gemeinderat abgelehnt. „Als Christin und Angehörige von Menschen mit Behinderungen verstehe ich auch nicht wie eine Fraktion, die das Wort christlich in ihrem Namen führt, ohne Begründung eine Mikrofonanlage streichen möchte, die Menschen mit Einschränkungen die Teilnahme an der Sitzung erleichtern beziehungsweise gar erst ermöglichen soll“, sagte die Rathauschefin. „Für die Sachdebatte bedarf es natürlich einer gewissen Vorbereitung durch Studie der mehrere hunderte Seiten umfassenden Unterlagen und dem Willen ihr Rederecht im Verwaltungsausschuss aktiv nutzen“, betonte die Bürgermeisterin.

„Sprachlos“

„Jetzt bin ich erst einmal sprachlos“, sagte Stefan Medam (CDU/Unabhängige) zur „allgemeinen Schelte“. Er sei im ersten Jahr als Gemeinderat, und dies sei sein erster Haushalt. „Wir haben uns intensiv damit auseinandergesetzt, sonst hätten wir nicht die vielen Änderungswünsche eingebracht“, sagte er. Seine eigentliche Haushaltsrede trug er nicht vor.

„Hallo Bürgermeisterin“

Kevin Brändlin (FDP/Freie Büger) konnte nicht verstehen, dass Holzmüller „so ausholt“. Noch keiner ihrer Vorgänger habe es geschafft, dass so viele Ortschaftsräte den Haushalt abgelehnt hätten. Der Fraktionsvorsitzende erklärte, er würde seine Anrede jetzt ändern in „Hallo Frau Bürgermeisterin“. Es sei gelebte Demokratie und das Recht des Gemeinderats Änderungen am Haushaltsplan vorzunehmen, erklärte er. Durch sorgfältige und hartnäckige Überarbeitung der Pläne sei es möglich gewesen, mehr als 100 000 Euro einzusparen. Brändlin hob die konstruktive Zusammenarbeit der Fraktionen positiv hervor. „Letztlich zeigt dieser Haushaltsplan, dass wir gemeinsam in der Lage sind, durch konstruktives Arbeiten, Geduld und einen klaren Blick für das Wesentliche positive Ergebnisse zu erzielen“, sagte Brändlin.

Stimmung dreht sich

„Bei Ihrer Neujahrsrede bin ich mit aufgestanden und habe geklatscht“, sagte Sven Vormann (Freie Wähler). Er habe an die Worte Holzmüllers geglaubt, die von Zusammenarbeit und einem positiven Miteinander geprägt waren. „Jetzt verstehe ich die Welt nicht mehr“, meinte Vormann, wie sich innerhalb von vier Tagen alles gedreht haben solle.

Die ersten Haushaltsberatungen seien für die Freien Wähler Efringen-Kirchen Neuland. „Der uns vorgegebene Ablauf des Haushaltsplanungsverfahrens war aus unserer Sicht intransparent und wenig strukturiert.“ Schwerpunkt sei die Transparenz gegenüber den Bürgern. Aus diesem Grund sei die Schaffung einer IT-Stelle befürwortet worden, um eine bürgerfreundliche Kommunikation zu stärken. Wichtig sei zudem die Stärkung der Jugend- und Sozialarbeit. Als dritten Punkt benannte er die Digitalisierung als Eckpfeiler der Gemeindeentwicklung.

Nicht persönlich nehmen

Anja Schaffhauser (Bündnis 90/Die Grünen) beanstandete in ihrer Rede, dass „normale Vorgänge persönlich genommen werden“. Als die Bürgermeisterin offen, verbal angegangen worden und ihr das Recht abgesprochen worden sei, über Einrichtungen für Kinder zu entscheiden, da sie selbst keine Kinder habe, sei ihr niemand zur Seite gestanden oder habe für sie Partei ergriffen, hielt Schaffhauser fest. Der Rat habe sich entschieden, das Gemeindeentwicklungskonzept (GEK) anzustoßen, welches auch dazu diene Fördermittel generieren zu können. „Wer die Presse verfolgt, stellt fest, dass uns immer mehr Gemeinden folgen“, sagte Schaffhauser. Ferner ging sie in ihrer Rede auf den Vorwurf der Regulierungswut ein. „Ich sehe das anders: Wie soll denn eine Gemeinde arbeiten, wenn sie kein Datenmaterial hat?“ Eines sollten alle im Hinterkopf haben: „Es könnte doch gut werden.“

Überhang der Ausgaben

Auf die Äußerungen von Holzmüller ging Karl-Friedrich Hess (SPD) nicht ein. Hess bedankte sich, wie auch andere, für die gute, transparente Darstellung der finanziellen Situation, wie auch die kompetente, fachkundige Unterstützung durch das Rechnungsamt. Er hielt einen stetigen, leichten Überhang der Ausgaben fest, der auch dadurch oft kleiner ausfalle, da nicht alle Maßnahmen innerhalb des Jahres umgesetzt würden. Die Abschreibungen würden immer mehr Mühe bereiten. Mit einer rechnerischen Pro-Kopf-Verschuldung von 25 Euro stehe die Gemeinde noch sehr gut da. Wie ein „roter Faden“ zeige sich in den vergangenen zwei Jahren in verschiedenen ehrenamtlichen Wirkungsbereichen eine „erhebliche Schieflage bei vielen Ehrenamtlichen“. Dies würden sie spüren, und es sei für sie schwer, die Motivation aufrecht zu erhalten, sagte er.

Meilensteine

Wichtige Themen, welche die Gemeinde weiter voranbringen würden konnten angestoßen werden, heißt es in der Haushaltsrede von Stefan Medam, welche dieser schriftlich nachreichte. „Zu den wichtigsten Meilensteinen des vergangenen Jahres zählt zweifelsohne die Teilfortschreibung des Regionalplans in den Bereichen Windenergie und Freiflächenphotovoltaik.“ Medam nennt die Starkregenvorsorge und den Beginn der Sanierung der Basler Straße als zentrale Punkte. Als den „größten Meilenstein“ sieht er den Beschluss für das Standortkonzept der Feuerwehr. „Ein weiterer wichtiger Baustein für das kommende Jahr ist der Haushalt 2025, der die finanzielle Grundlage für unsere Projekte schafft“, heißt es weiter.

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