Efringen-Kirchen Kita-Gebühren sind weiterhin fällig

Weiler Zeitung
Die Gemeindeverwaltung Efringen-Kirchen sieht keine Alternative: Die Gebühren für die Kinderbetreuung werden weiter eingezogen.Foto: Ingmar Lorenz Foto: Weiler Zeitung

Kinderbetreuung: Einmaliger Erlass von 50 Prozent / Kaum finanzieller Spielraum / Eltern enttäuscht

Zwei grundsätzliche Sichtweisen prallten in der Gemeinderatssitzung am Montagabend aufeinander, als es um die Frage ging, ob die Gebühren für die Kinderbetreuung auch in Zeiten anfallen, in denen keine Betreuung stattfinden kann. Mit großer Mehrheit sprach sich der Rat für den weiteren Einzug der Gebühren aus. Für den Monat April werden den Eltern jedoch 50 Prozent der Kosten erstattet.

Von Ingmar Lorenz

Efringen-Kirchen. Ihre Sichtweise machten die Eltern – mehrere waren als Zuhörer in der Mehrzweckhalle anwesend – im Rahmen der Fragestunde deutlich. Dabei zeigte sich, dass es für viele nicht einzusehen ist, für ein Betreuungsangebot zu zahlen, wenn gleichzeitig keine Betreuung der Kinder stattfinden kann. Die Quintessenz der Argumentation: Die Eltern zahlen für eine Leistung, die in der derzeitigen Situation nicht erbracht wird – und für die daher auch keine Kosten anfallen sollten.

Geld für Leistung oder Beteiligung an den Kosten?

Das jedoch sah die Verwaltung und schließlich auch die Mehrheit des Gemeinderats anders. Der feine Unterschied: Die Eltern bezahlen nicht die Leistung der Betreuung, sondern sind anteilig an den Kosten beteiligt, die für die Kinderbetreuung anfallen. Und eben diese Kosten laufen weiter, obwohl die Einrichtungen geschlossen sind. Zum einen deshalb, weil der Unterhalt der Gebäude weiterhin Geld kostet – wenn auch etwas weniger als normalerweise. Zum anderen muss das Betreuungspersonal weiterhin bezahlt werden. „Wir haben nicht die Möglichkeit, die Leute in Kurzarbeit zu schicken“, wies Bürgermeister Philipp Schmid auf den geltenden Tarifvertrag hin.

Gemeinde rechtlich auf sicherem Terrain

Rein rechtlich betrachtet, befindet sich die Gemeinde mit der weiteren Erhebung der Gebühren auf sicherem Terrain. Denn laut Satzung darf die Gebühr weiter erhoben werden, auch wenn die Betreuungseinrichtungen zur Verhinderung der Übertragung ansteckender Krankheiten – eben wie im derzeitigen Fall – geschlossen werden müssen.

Gleichzeitig hat die Gemeinde Geld vom Land Baden-Württemberg bekommen. Dabei handelt es sich um eine Soforthilfe für Corona-bedingte Ausfälle, die insbesondere auch durch den Verzicht auf Elterngebühren entstehen. Ob dieses Geld nun aber komplett dafür aufgebracht werden soll, um die Gebühren für die Kinderbetreuung zurückzuerstatten, war ebenfalls Gegenstand der Diskussion am Montagabend.

Für wen ist das Geld vom Land bestimmt?

47 377 Euro hat die Gemeinde als Soforthilfe erhalten. Diese Summe setzt sich aus zwei Teilen zusammen: Zum einen wurde bei der Berechnung die Einwohnerzahl (25 400 Euro) zugrunde gelegt, zum anderen die Anzahl der betreuten Kinder (21 900 Euro). Von letzterer Summe bleiben 19 500 Euro, weil rund 2500 Euro an den kirchlichen Kindergarten Egringen weitergereicht werden. Diese 19 500 Euro sollen auf jeden Fall für die Rückerstattung der Betreuungsgebühren verwendet werden, allerdings würde die Hilfsmaßnahme erst mit dem Einzug der Gebühren im Juni tatsächlich auch bei den Eltern ankommen. Mit den 19 500 Euro sei es möglich, den Eltern 50 Prozent der entrichteten Gebühren im Monat April zu erstatten. Die übrigen 25 400 Euro seien als Hilfe für alle anderen Corona-bedingten Ausfälle gedacht, so die Sicht der Verwaltung.

Das sah Grünen-Gemeinderat Rudi Ritz anders. Nach seiner Auffassung könne der gesamte Betrag vom Land für die Rückerstattung der Betreuungsgebühren eingesetzt werden. Damit wäre eine Kostenerstattung von 85 Prozent für April möglich. Der entsprechende Antrag, den Ritz stellte, wurde jedoch abgelehnt.

Härtefallregelung und Solidarität

Denn die Mehrheit der Gemeinderäte hielt die vorgeschlagene Erstattung der Betreuungsgebühren von 50 Prozent für den Monat April für den gangbarsten Weg. Die Gemeinde wird zudem die Essensgebühren im Kinderhaus für die Dauer der Schließung und die Gebühren für die Kernzeitbetreuung in Höhe von 30 Euro nicht erheben.

Mehrfach wurde zudem auf die Härtefallregelung hingewiesen. Eltern, die die Betreuungsgebühren aufgrund der Corona-Krise nicht bezahlen können, haben die Möglichkeit, sich an die Gemeinde zu wenden. „Wir finden dann eine Lösung“, hieß es von Verwaltungsseite. Auf Hinwirken von Gemeinderat Karlfrieder Hess (SPD) wurde ein entsprechender Passus in der Beschlussvorlage ergänzt.

Unter anderem Kathrin Thal (Grüne) sprach sich für die von der Gemeinde vorgeschlagene Lösung aus. „Die Beschlussvorlage ist gut“, so Thal. Man müsse die Zusammenhänge nur klar und deutlich vermitteln. Anja Schaffhauser (Grüne) plädierte für Solidarität. Sie könne die schwierige Situation der Eltern von Kindergartenkindern verstehen, gleichzeitig dürfe man aber auch andere Bürger nicht vergessen, die von der Corona-Krise ebenfalls betroffen seien.

Anwesende Eltern zeigen sich enttäuscht

Deutlich wurde im Lauf der Diskussion, dass es sich die Gemeinde schlicht nicht leisten kann, die Gebühren nicht zu erheben, oder in großen Teilen dauerhaft zurückzuerstatten. Das liege nicht daran, dass die Gemeinde schlecht gewirtschaftet habe, erklärte der Bürgermeister auf Nachfrage eines Zuhörers. Vielmehr dürfe die Gemeinde keine entsprechenden Rücklagen bilden, wies Schmid auf den grundsätzlichen Unterschied zwischen einem Unternehmen in der freien Wirtschaft und der Verwaltung hin.

Dennoch zeigten sich die in der Sitzung anwesenden Eltern von der Entscheidung enttäuscht. Es sei unverständlich, warum die Gebühren in anderen Gemeinden vollständig erstattet würden, zumal es seitens der Landesregierung entsprechende Signale gegeben habe, so eine betroffene Mutter. Für die Eltern sei die Fortzahlung der Gebühren zudem schwierig, da viele nicht wissen, wie es in ihrem Job weitergeht. In dieser Situation sei es auch Aufgabe der Verwaltung, möglichst flexible Lösungen zu finden. „Man könnte etwa über eine Veränderung der Schließtage nachdenken“, so ein Vorschlag einer Betroffenen im Gespräch mit unserer Zeitung. Zwar begrüße sie, dass die Hälfte der Gebühren erstattet würde, wies aber zugleich darauf hin, dass das Geld erst in mehreren Monaten tatsächlich bei den Eltern ankommt. „Das ist mir unverständlich.“

Auch die Kommunikation der Gemeinde in der Angelegenheit wurde von den Zuhörern kritisiert. So wurde etwa die Frage laut, warum der Elternbeirat im Vorfeld nicht gehört wurde. Mehrere anwesende Eltern kündigten zudem noch während der Sitzung an, ihre Kinder von den Betreuungseinrichtungen der Gemeinde abzumelden.

Die Kinderbetreuung in den Einrichtungen der Gemeinde Efringen-Kirchen wird vom Land Baden-Württemberg, den Eltern und der Kommune gemeinsam finanziert.

Insgesamt kostet die Betreuung 3,14 Millionen Euro pro Jahr (Ansatz 2020). Die Eltern kommen für rund 19 Prozent dieses Betrags auf (rund 599 000 Euro). Etwa 24,4 Prozent der Kosten werden vom Land getragen. In Efringen-Kirchen sind das 764 500 Euro. Damit bleiben rund 56 Prozent der Kosten – also 1,76 Millionen Euro –, die von der Gemeinde finanziert werden. Hinzu kommen Zuschüsse, etwa für den Kindergarten Egringen und die Kindertagespflege, wodurch der Gesamtkostenanteil der Gemeinde bei rund 2,03 Millionen Euro pro Jahr liegt. Umgelegt auf die rund 260 Kinder in den gemeindeeigenen Betreuungseinrichtungen bedeutet das, dass die Gemeinde pro Kind etwa 614 Euro in jedem der elf Gebührenmonate zuschießt.

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