Efringen-Kirchen Kritik an der „großen Politik“

Ingmar Lorenz

Neues Haushaltsrecht und fehlender Bauplatz stellen Gemeinde vor Herausforderungen.

Efringen-Kirchen - Bürgermeister Philipp Schmids nicht ganz ernst gemeinte Befürchtung, das Publikum durch seine Rede beim Neujahrsempfang in einen Dämmerzustand zu versetzen, erwies sich als unbegründet: Die Gäste hörten eine Ansprache, die voller Lob für den Zusammenhalt war, zukünftige Herausforderungen beleuchtete und in der mit Kritik an der Landespolitik nicht gespart wurde.

Neben den Efringen-Kirchener Bürgern konnte Schmid unter anderem auch die Gemeinderäte, die Ortsvorsteher, die Vertreter der örtlicher Vereine und der Feuerwehr sowie viele Bürgermeister der Nachbargemeinden und nicht zuletzt den Bundestagsabgeordneten Christoph Hoffmann in der gut besetzten Mehrzweckhalle willkommen heißen. Aufgelockert wurde der offizielle Teil von Liedern, die der Gesangverein Egringen zu Gehör brachte.

Herausforderungen durch neues Haushaltsrecht

Ein düsteres Bild zeichnete der Bürgermeister mit Blick auf die künftige finanzielle Situation der Gemeinde. Heftige Kritik übte Schmid im Zuge dessen an der Landespolitik. Besonders die Einführung des Neuen Kommunalen Haushaltsrechts stelle die Kommune vor erhebliche Probleme. Der aktuelle Haushalt schließe zwar noch mit einem hauchdünnen Plus, allerdings nur aufgrund der hohen Zuweisungen aus den Steuerüberschüssen sowie aufgrund der Zurückhaltung bei den Ansätzen im Haushaltsplan. Die Gemeinde brauche Kredite, um Investitionen tätigen zu können. Dafür aber müsse der Haushalt ausgeglichen sein, erklärte Schmid. Die Gemeinde sei daher gezwungen, exzessiv Ausdünnung und Einsparung zu betreiben, um diesen Ausgleich zu bewerkstelligen. „Die absehbaren katastrophalen Folgen, insbesondere für Kultur und Infrastruktur, sind schon bei vielen Kommunen sichtbar“, so Schmid.

Dass es der Gemeinde trotz Rekordeinnahmen nicht gelinge, Rücklagen zu bilden, sei ein gravierendes Problem. Die Einnahmeentwicklung laufe der Entwicklung der Ausgaben hoffnungslos hinterher. Dies liege aber nicht an einem verschwenderischen Haushalt, sondern an der „Abwälzungspolitik“ des Landes.

Als Beispiel führte Schmid das Thema Kinderbetreuung an. Denn die Bevölkerungszahl steige durch den Zuzug junger Familien beständig an. Das sei im Grunde eine positive Entwicklung, führe aber dazu, dass weitere Einrichtungen geschaffen und zusätzliches Personal eingestellt werden muss.

„Wer aber dann in der großen Politik davon schwadroniert, dass die kostenfreie Betreuung der Kinder bis in die Grundschule hinein das Mittel der Wahl zur Lösung einer völlig diffusen Gerechtigkeitsdebatte sei, der soll im Gegenzug auch einen ehrlichen Finanzierungsvorschlag machen“, forderte der Bürgermeister von der Landespolitik. Um mit diesen Herausforderungen fertig zu werden, müsse die Gemeinde konsequent und entschlossen handeln.

Großbrand bei der Firma Kühl

Selbstverständlich nahm auch der Großbrand bei der Firma Kühl in der Ansprache des Bürgermeisters entsprechend breiten Raum ein. „Der nunmehr dritte Brand habe deutlich gezeigt, dass die Ansiedlung solcher Unternehmen in unmittelbarer Nähe zur Wohnbebauung nicht nur im Normalbetrieb störend ist, sondern erhebliches Gefahrenpotenzial in sich trägt.“ Gleichzeitig betonte der Bürgermeister, dass sich die Gemeinde einer konstruktiven Lösung bei der Suche nach einem neuen Standort nicht verschließe. Eine Verlegung, falls machbar, würde in jedem Fall aber noch einige Zeit in Anspruch nehmen. Insofern müsse die Gemeinde das Ziel verfolgen, die Nutzung des jetzigen Areals so sicher wie möglich mitzugestalten. Ins gleiche Horn stieß der Bürgermeister mit Blick auf die am Bahnhof abgestellten Gefahrgutzüge.

Platz für neue Baugebiete wird knapp

Obwohl die Gemeinde in naher Zukunft mit weiterem Baugebiet in Istein, Huttingen und Egringen rechnen könne, reiche der Platz bei Weitem nicht aus, um die Nachfrage abzudecken. Die Gemeinde stehe vor dem Problem, dass es de facto kaum noch Bauflächen gebe. Zugleich seien der weiteren Innenverdichtung Grenzen gesetzt. Vermehrt in die Höhe zu bauen, könne auch nicht der Weisheit letzter Schluss sein. „Stellen Sie sich mal ein achtstöckiges Gebäude in Blansingen vor“, spitzte der Bürgermeister zu. Im Außenbereich seien höhere Bauten zwar umsetzbar, zugleich wolle man sich aber nicht durch eine Mini-Skyline am Dorfrand einmauern.

Wie soll die Kommune also weiter verfahren? „Das wissen wir ehrlich gesagt selbst noch nicht so genau“, räumte Schmid ein. Die Verwaltung werde diverse Ansätze und Alternativen diskutieren müssen.

Ähnliches gelte für die Gewerbeflächen. Auch hier seien die Reserven der Gemeinde nahezu erschöpft. „Die Erschließung eines neuen Gewerbegebiets tut dringend not“, betonte Schmid. Nicht zuletzt, weil dies für die Gemeinde auch mit finanziellen Vorteilen verbunden sei.

Lob für großes Engagement der Bürger

Lobende Worte fand der Bürgermeister für das Bürgerbus-Team unter der Leitung von Christiane Breuer. Das Projekt habe sich als Erfolgsmodell erwiesen, und aus einer einfachen Idee habe sich ein „wahrer Knüller“ entwickelt, der auch auf Landes- und Bundesebene große Beachtung finde. So habe das Team beim „Demografie Exzellenz Award“ und beim „Deutschen Nachbarschaftspreis“ „abgeräumt“. Besonders der Erfolg bei letzterem sei beeindruckend: Platz sechs auf Bundesebene und Platz eins in Baden-Württemberg.

Auch den unermüdlichen Einsatz der Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr hob Schmid lobend hervor. Die Truppe habe im vergangenen Jahr bewiesen, dass sie Aufgaben schlagkräftig und effizient lösen kann, betonte Schmid, der zugleich das Ehrenamt ins Zentrum seiner Würdigung stellte. „Die Feuerwehr ist eine Hilfsorganisation aus der Bevölkerung für die Bevölkerung“, fasste der Bürgermeister zusammen.

Im Rahmen der Ehrungen, über die wir noch ausführlich berichten, erhielt Elmar Kiefer aus Kleinkems für sein langjähriges Engagement die Ehrennadel des Landes Baden-Württemberg.

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