Efringen-Kirchen Problemkäfer beschäftigt Behörden

Weiler Zeitung
Käfer hinter Gittern: Hinter einem Schutzzaun am Kirchener Ortsrand hat die Gemeinde ein Refugium für den seltenen Körnerbockkäfer geschaffen. Dessen Larven haben monatelang Umweltschutzbehörden, Gutachter, Rechtsanwälte, Polizei und Staatsanwaltschaft beschäftigt. Foto: Marco Schopferer Foto: Weiler Zeitung

Baumfällaktion: Seltener Körnerbockkäfer in Efringen-Kirchen Thema für Polizei und Staatsanwaltschaft

Folgenreiche Baumfällaktion in Efringen-Kirchen: Anfang September fällte der Werkhof der Gemeinde eine umsturzgefährdete Rosskastanie an der Bachgasse in Efringen. Was wohl niemand wusste: Im Baumstamm unter dessen Rinde hatte sich der seltene Körnerbockkäfer eingenistet. Aus einer gut gemeinten Rodungsaktion zur Sicherheit von Fußgängern wurde ein Fall für Umweltschutzbehörden, Polizei und Staatsanwaltschaft, er beschäftigte Gutachter und Rechtsanwälte.

Von Marco Schopferer

Efringen-Kirchen. Dass die Akazie umzufallen drohte, war selbst für den Laien zu erkennen. Sie hing schief, drohte beim Sturz benachbarte Obstbäume zu beschädigen und war der Fall für ein professionelles Forstunternehmen, das von der Gemeinde beauftragt wurde.

Beim Ortstermin kam dann auch die benachbarte, nahezu entlaubte Rosskastanie zur Sprache. Deren Standsicherheit sei noch weniger gegeben, als bei der zur Fällung freigegeben Akazie, lautete das Urteil von gleich mehreren Experten, darunter der Baumfachgutachter der Gemeinde. Auch dieser Baum müsse weg, sei eine Gefahr für Fußgänger, so das einhellige Urteil.

Fehlende Standsicherheit

„Ich habe das Landratsamt angerufen und mündlich die Zusage fürs Fällen erhalten“, erinnert sich Ronnie Blatz, stellvertretender Bauhofleiter. Immerhin ist von März bis November das Fällen von Bäumen nur mit einer Sondergenehmigung der Umweltschutzbehörde erlaubt – es war gerade mal Anfang September.

„Eigentlich habe ich alles richtig gemacht“, war sich Ronnie Blatz sicher, und doch stand er plötzlich gemeinsam mit Bauamtsleiter Siegfried Kurz im Mittelpunkt polizeilicher Ermittlungen. Denn der Körnerbock ist überaus selten in Mitteleuropa und in Deutschland vom Aussterben bedroht, weshalb er auf der Roten Liste steht.

„Das ist nicht irgendein Käfer“, stellte dann auch Michael Kauffmann, Dezernatsleiter Ländlicher Raum im Lörracher Landratsamt, klar. Habitate fände der braune Käfer nur noch in Südwestdeutschland, wo die wenigen Lebensräume daher als besonders schützenswert gelten. Das Landratsamt erstattete dann auch aufgrund Paragraph 44 des Bundesnaturschutzgesetzes gegen die Verantwortlichen Anzeige bei der Polizei.

Diese begann zu ermitteln, lud zahlreiche Personen vor und übergab das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft. „Wir haben das Verfahren in diesen Tagen eingestellt“, berichtete die zuständige Staatsanwältin auf Nachfrage – wegen erwiesener Unschuld.

Verfahren eingestellt

Folgenlos blieb die Fällaktion dennoch nicht. Das Landratsamt verlangte vom Rathaus, ein Gutachten in Auftrag zu geben, um herauszufinden, wie weit verbreitet der Körnerbockkäfer in der Gemeinde ist und wie man seinen Lebensraum schützen könne. „So selten ist der bei uns gar nicht“, fasste Hauptamtsleiter Clemens Pfahler das gutachterliche Ergebnis nüchtern zusammen. An rund 50 Orten in der Gemeinde sei er anzutreffen und fühle sich im warmen Reblandklima sichtlich wohl.

Stamm versetzt

Der Stamm der an der Bachgasse umgesägten Rosskastanie wurde nun auf ein gemeindeeigenes Grundstück am Ortsrand von Kirchen verfrachtet. „Wir haben ein 1,20 Meter tiefes Loch gegraben und den gefällten Baumstamm darin wieder aufgestellt“, damit die Larven des Käfers in einigen Monaten in Ruhe schlüpfen können, sagte Ronnie Blatz. Dass der tote Stamm zusätzlich mit einem Bauzaun gesichert wurde, diente nicht zum Schutz des Käfers, sondern des Menschen. „Wir wollen, dass da niemand hochklettert, die Erde im Loch ist noch nicht fest“, erklärte der stellvertretende Bauhofleiter. So steht der Stamm nun recht nackt und einsam, gut beschützt durch Bauzäune, auf dem Weg zum Wasserreservoir an den Erlen und sorgt seither für einige Verwunderung.

Bis 2020 Monitoring

Zu Ende ist die Geschichte um die Baumfällaktion damit aber noch nicht. Das Landratsamt hat der Gemeinde auferlegt, bis 2020 jährlich ein gutachterliches Monitoring über die Entwicklung des Körnerbocks auf Gemeindegebiet erstellen zu lassen. Damit soll es dann aber gut sein. „Die Gemeinde hat bisher alles gemacht, um den angerichteten Schaden wieder gut zu machen“, lautete das anerkennend und versöhnlich klingende Urteil aus dem Landratsamt.

Umfrage

Bettina Stark-Watzinger

Bundesbildungsministerin Bettina Stark-Watzinger hat sich für Zivilschutzübungen an Schulen ausgesprochen. Damit sollen Schüler besser auf den Kriegsfall, Pandemien und Naturkatastrophen vorbereitet werden. Was halten Sie davon?

Ergebnis anzeigen
loading