Von Dorothee Philipp
Erinnerung an das Esbjörn Svensson Trio in der Kulturscheune
Von Dorothee Philipp
Efringen-Kirchen. Der Erinnerungsabend an das Esbjörn Svensson Trio in der Kulturscheune Kleinkems erhielt wegen der Erkrankung des Bassisten Torsten Steudinger eine unerwartet neue Note: Der Pianist Christoph Georgii schulterte die Aufgabe alleine, die Musik des Schweden, der 2008 bei einem Tauchunfall ums Leben gekommen ist und dessen Trio zeitweise als erfolgreichstes Jazzensemble Europas galt, zum Leben zu erwecken. Georgii, nicht nur Jazzer, sondern auch Kirchenmusiker und Musikpädagoge, machte aus der Not eine Tugend und ließ seinem Enthusiasmus für Esbjörn Svensson freien Lauf, reicherte dabei das Programm mit Eigenkompositionen an, die hörbar von dem großen Vorbild beeinflusst sind.
Was ist das für eine Musik, die die Menschen in Bann schlägt, wie Hunderttausende von Zugriffen auf die Youtube-Mitschnitte des Trios zeigen? Vor allem eins: wundschön, mit viel Potenzial zum Träumen, mit weichen Harmonien, farbig und freundlich, mit lustvollen Abstechern ins Melancholische. Romantischer kann man Jazz nicht zelebrieren. Georgii fängt an mit langsamen Akkorden, in die dissonante Töne eingeflochten werden. Er schmeckt ihnen nach wie einem Gewürz, setzt behutsam Akkord an Akkord, kleine Durchgänge und sorgfältig platzierte Vorhalte bringen nach und nach Bewegung, bis sich eine Ballade entfaltet, voller Ruhe und Schönheit, tiefenentspannt. „Years of yearning“ hat Svensson dieses Stück genannt. Georgii spielt mit einem weichen, trotzdem transparenten und klar konturierten Anschlag, später entfalten sich auch jazzige Harmonien, die sich vom Dur-Moll-Schema entfernen und mit funkelnden Arabesken glänzen. Dann wieder choralhafte Momente, die an Schumann oder Mendelssohn erinnern, selbstbewusst in Terzen und Sexten schwelgen.
Mit „The wolf“ steuert Georgii eine spannende Eigenkomposition bei, in der er seinen Hund porträtiert, offenbar ein kraftvolles, selbstbewusstes und agiles Tier. Die rechte Hand wuselt über rollenden Bässen, die rastlose Motorik wird durch scharfe Synkopen angeheizt. Kraftvolle Tremoli am Schluss gehen fast nahtlos in begeisterten Beifall über.
Wie ein Gegenstück dazu mutet dann Svenssons „When God created the coffeebreak“ an, mit fast sprödem Anfang und einer unaufhörlich in schnellen Achteln die Tastatur hinauf- und hinabturnenden linken Hand, zu der sich die rechte erst zögernd hinzugesellt und einige Takte in der Manier von Bachs Inventionen den Kontrapunkt macht. Dann jazzige Höhenflüge mit enormer Fingerfertigkeit, bis sich das motorische Motiv des Anfangs wieder durchsetzt. Ein starker Kick musikalisches Koffein! Doch die weichen, verträumten Töne an diesem Abend überwiegen, Georgii scheint freihändig zu fantasieren, wenn er die Töne wie Spielsteine nebeneinanderlegt, Kombinationen ausprobiert, bis sich ein Motiv oder eine kleine Melodie bilden, die dann in langen Spannungsbögen weitergezwirbelt werden. Dass Georgii als Pianist und Komponist gut ankam, zeigte sich am Ende, als das Publikum bei den Zugaben energisch „Was Eigenes“ verlangte. So war der Abend alles andere als ein Kompromiss, ein Ereignis, dem man viele Fortsetzungen wünscht.