Efringen-Kirchen Stolpersteine zum Gedenken

Jasmin Soltani
Bundesweit erinnern bereits 90 000 Stolpersteine an die Opfer der NS-Zeit. Foto: Pixabay

Um das Andenken an die Opfer des Nationalsozialismus wach zu halten, hat der Gemeinderat den Weg für das Verlegen von „Stolpersteinen“ im öffentlichen Raum freigemacht.

Voraussetzung für das Projekt ist, dass der Gemeinde keine Kosten entstehen und die Hauseigentümer, vor deren Gebäude die Steine verlegt werden, bestätigen schriftlich ihre Zustimmung dazu. Damit entsprach der Gemeinderat Efringen-Kirchen nach kontroverser Diskussion mit 14 Ja-, vier Gegenstimmen und einer Enthaltung dem Antrag des offenen Arbeitskreises Stolpersteine. Dessen Sprecherin, die frühere SPD-Bundestagsabgeordnete Marion Caspers-Merk, hatte für eine lokale Erinnerungskultur geworben, die alle Opfer des NS-Terrors einbezieht. Bundesweit gebe es bereits 90 000 Stolpersteine.

Es gelte, den Opfern des NS-Terrors, darunter viele Mitglieder der jüdischen Gemeinde, aber auch behinderte Menschen, die verschleppt und Opfer der Euthanasie wurden, „ihre Namen zurückzugeben“, sagte Caspers-Merk Es solle deutlich werden, wo sie lebten, arbeiteten und Teil des Gemeindelebens waren.

Efringen-Kirchen hatte bis ins Jahr 1939 eine große jüdische Gemeinde mit 58 Menschen, von denen sich die wenigsten vor dem NS-Terror retten konnten. Die meisten wurden nach Gurs in Südfrankreich und von dort in verschiedene Konzentrationslager verschleppt und ermordet.

Das Projekt, Teil des Gedenkprojekts der „Stiftung Spuren“ des Künstlers Gunter Demnig, sieht vor, die bronzenen Stolpersteine vor dem letzten frei gewählten Wohnhaus der NS-Opfer auf dem Gehweg zu verlegen. Eingraviert werden in die Steine die Namen sowie Geburts- und Sterbedatum der Betroffenen. Die Kosten für die Stolpersteine und ihre Verlegung sollen über Spenden finanziert werden. Für etwa sieben Steine gebe es bereits Zusagen, sodass sie im Herbst verlegt werden könnten.

Biografien recherchieren

Zum Projekt gehöre auch, die Biografien der Opfer zu recherchieren, wobei auch auf die Arbeit des früheren Wollbacher Pfarrers, Axel Huettner, zurückgegriffen werden soll. Dieser habe unter anderem mit seinem Buch „Die jüdische Gemeinde von Kirchen“ und einer viel beachteten Ausstellung im Museum in der Alten Schule wertvolle Arbeit geleistet. Weil die letzten Zeitzeugen immer älter werden oder verstorben sind, sei es nun um so wichtiger, das Wissen um die Opfer der Nazi-Gräueltaten zu erhalten.

Im Ratsrund stieß das Engagement des Arbeitskreises zwar auf Zustimmung, mancher Gemeinderat konnte sich aber auch andere Formen des Gedenkens vorstellen.

Er schlug alternativ „Gedenkschilder auf Augenhöhe“ vor, wie es sie im Ort schon für historische Gebäude gibt. Laut Caspers-Merk ließe der Künstler wegen des Vorwurfs, ein Profiteur zu sein, das Projekt nun über eine Stiftung laufen. Und: Auch in Berlin sei beim Holocaust-Mahnmal drüber diskutiert worden, wie wohl die Bevölkerung und Touristen tagtäglich damit umgehen werden. Es sei aber wichtig, Erinnerungskultur in den Alltag zu holen, „dann passiert eben auch Alltägliches damit“, was auch der Zentralrat der Juden akzeptiere.

Stark für die Stolpersteine machte sich Anja Schaffhauser (Grüne). Sie fand es gut, „den Kopf zu den Gedenksteinen zu neigen“. Dass in Lörrach die Synagoge beschützt werden müsse, zeige, „wie wachsam wir sein müssen“.

Bisherige Aktionen

Mehrmals wurde im Rat auf die bisherigen Aktionen in Erinnerung an die jüdische Gemeinde abgehoben – von Gedenksteinen vor dem jüdischen Friedhof und auf dem Platz vor der früheren Synagoge bis zum Kontakt mit Angehörigen der früheren Kirchener Juden. Rudolf Ritz (Grüne) fand, das sei zwar kein Ersatz für die Stolpersteine, aber die Gemeinde könne ihre eigene Art des Gedenkens auf die Beine stellen, etwa mit Gedenktafeln. Die favorisierte auch Joachim Wechlin (CDU).

Bürgermeisterin Carolin Holzmüller mahnte, sich an den Beschlussvorschlag zu halten. „Es geht um Ja oder Nein zu den Stolpersteinen, nicht um Alternativen.“

Karl Rühl (CDU) plädierte dafür, die Schule stärker einzubinden. So seien etwa Besuche mit Zehntklässlern in Konzentrationslagern ein „viel eindrücklicheres Erlebnis, damit so etwas nie wieder passiert“. Sowohl mit der Schule als auch mit dem Museum wolle der Arbeitskreis ohnehin eng kooperieren, entgegnete Caspers-Merk.

Eine Lanze für die Stolpersteine brach Karl-Friedrich Hess (SPD), hob aber wie andere Ratskollegen die Notwendigkeit hervor, die Zustimmung der Hauseigentümer einzuholen. Darin war sich das Ratsrund mit der Bürgermeisterin einig, die allerdings auf eine schriftliche Eigentümer-Zusage Wert legte, „um rechtlich auf der sicheren Seite zu sein“.

Umfrage

Heizung

Der Ausbau des Fernwärmenetzes im Landkreis Lörrach nimmt Fahrt auf. Würden Sie, falls möglich, Ihr Haus an das Netz anschließen lassen?

Ergebnis anzeigen
loading