Gerd Gutwein kehrt zurück auf den Fußballplatz. Der ehemalige Cheftrainer des TuS Efringen-Kirchen und des FC Huttingen unterbricht einmal in der Woche sein Leben als Rentner und betreut nun die internationale Mannschaft der Flüchtlinge aus der Gemeinschaftsunterkunft in Efringen-Kirchen. Von Marco Schopferer Efringen-Kirchen/Istein. Es ist eine Premiere der besonderen Art. Der im Rebland legendäre Trainer Gerd Gutwein steht in blau-schwarzer Trainingsjacke an der Spielfeldlinie des Isteiner Hartplatzes und sieht zum ersten Mal seine neue Mannschaft mit Spielern unterschiedlicher Nationalitäten aus drei Kontinenten. Sprachenwirrwarr und lautstarke Emotionen Das Sprachenwirrwar mutet babylonisch an, die arabische Fußballfraktion versteht kein Englisch, die Schwarzafrikaner kaum Deutsch. Manche tragen eine etwas ärmlich anmutende Kleidung, spielen auch in Jeans, es fehlt an Fußballschuhen und spezieller Fußballkleidung. Ein junger Syrer beginnt bei Außentemperaturen von sieben Grad das Aufwärmtraining in einer billigen, schwarzen Lederimitatjacke, während Co-Trainer Russell Bird die 19 Jungs über den Hartplatz scheucht. Danach gibt es Dehn- und Stretchübungen, alles unter den wachsamen Augen von Betreuer Mike Bach und der Trainerlegende aus dem Rebland, die an diesem Abend erstmals aus dem Ruhestand zurückkommt und sich direkt an der äußeren Spielfeldlinie positioniert, so dass die Schuhspitzen um einige Millimeter die Spielfeldlinie nicht berühren. Hier ist der Platz, den Gerd Gutwein über Jahrzehnte eingenommen hat. Trainer Gutwein hat sofort „Ja“ gesagt „Ja, ich bin wieder zurück“, sagt er, während sein weißer Oberlippenbart parallel zu den Mundwinkeln sich zu einem kleinen Schmunzeln nach oben zieht. Zufrieden sieht er aus und vielleicht denkt er an die vielen Abschiedsworte, die er in seinem Leben schon gehört hat. Unzählige Mannschaften in Deutschland und der Schweiz hat er in seinem langen Trainerleben betreut, wurde so oft gefeiert. Doch an diesem Abend, im gleißenden Flutlicht am Rande des Isteiner Sportplatzes, blickt der 71-Jährige nicht zurück, sondern in die Zukunft. Ohne eine Sekunde darüber nachzudenken habe er „Ja“ gesagt, erzählt Chris Bley von einem Telefonat, das dem Flüchtlingskreis „Fürenand“ und dessen Fußballteam so viel Zuversicht gab. Mit Gerd Gutwein habe man nun einen Profi als Trainer gewinnen können, der der bunten Fußballmannschaft neuen Schwung verleihen soll und vor allem Ablenkung aus dem tristen Leben in einer Flüchtlingsunterkunft schenkt. Beim Fußball für kurze Zeit die Sorgen vergessen Gutweins erste Worte an die fußballbegeisterte Mannschaft waren dann auch überaus einfühlsam: „Ich weiß, dass ihr genügend Sorgen habt. Ich wünsche mir aber, dass ihr nun für zwei Stunden diese Sorgen vergessen könnt und einfach nur Freude am Fußball spielen habt.“ Sprachs und gab nach einem kurzen Spielerapplaus damit den Startpfiff für 120 Minuten schweißtreibenden Sportspaß im Schatten des Isteiner Klotzens. Dabei könnte es sein schwierigster Auftrag werden. Es ist kein Geheimnis, dass gerade die Schwarzafrikaner den Fußball mit einer für Mitteleuropäer außergewöhnlichen Inbrunst leben. Lautstark und gestenreich werden selbst glasklare Schiedsrichterentscheidungen kommentiert, der Unparteiische an diesem Abend hat selbst als Landsmann keinen einfachen Stand. „Ruhe jetzt!“ ruft Gerd Gutwein über den Platz. Doch die Aufforderung des Cheftrainers verhallt diesmal noch ungehört, der Ball rollt weiter und Sekunden später ist der Zwist vergessen. Zu Handgreiflichkeiten auf dem Fußballplatz kommt es übrigens nie, Emotionen werden lautstark, gestenreich, aber gewaltlos ausgelebt, weiß Mike Bach, der seit dem Sommer letzten Jahres die Truppe betreut. Und er ist sich mit Blick auf Gutwein ohne jeden Zweifel sicher: „Er ist die Respektsperson, den unsere Jungs brauchen und akzeptieren werden.“ Spannung und unverhoffte Wendungen Im Team gebe es „zahlreiche Talente“, so Gutwein. Beeindruckt zeigte er sich auch von der handvoll Flüchtlinge vom Balkan, die flink und mit viel Ballgeschick bei dem schnellen Spiel zwischen den schwarzen Muskelprotzen hindurchflitzen. Das bringt Spannung ins Spiel und unverhoffte Wendungen. Erstmals dabei waren auch vier Jungs aus Syrien, die gerade erst neu in Efringen-Kirchen angekommen sind. u Die Mannschaft trainiert mittwochs ab 18.30 Uhr. Zuschauer dürfen gerne vorbeischauen.