Freundschaft ist eine Gabe Gottes. „Man sieht nur mit dem Herzen gut, das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar“, sagte Antoine de Saint-Exupéry in seinem Buch „Der kleine Prinz“. In Afrika sagt man „Umoja ni nguvu“, was so viel heißt wie Gemeinsamkeit macht stark. Die gemeinsamen Erfahrungen im Markgräflerland sind unvergänglich.
Wann waren Sie zuletzt in Eimeldingen und im Markgräflerland?
Vor Kurzem beim Geburtstagsfest meines Freundes Manfred Wampfler.
26 Jahre Pfarrer in Eimeldingen: Erinnern Sie sich gerne an Ihre Zeit hier im Rebland zurück?
Sehr gerne. Gute Begegnungen und Erfahrungen sind jederzeit und jeden Tag eine Kraftquelle der besonderen Art. Schwierigkeiten, Widerstände, Neid und Missgunst liebe ich zu bejahen und zu überwinden. Mit großem Interesse habe ich den Weg von Christian Streich, dem erfolgreichen Fußballtrainer des SC Freiburg, verfolgt, da die Verbindung zu den Familien Streich und Hierholzer in Eimeldingen sehr nett war. Zudem habe ich Christian Streich in der siebten und achten Klasse in Religion unterrichtet und ihn auch konfirmiert. Ich erklärte ihm damals, als ich ihn öfters beim Fußballtraining beobachtete, wie viel Gutes er mit seinen Talenten vom Schöpfer empfangen hat und riet ihm: Gebrauche die Talente, entwickle sie, denn in der Teamarbeit beim Fußball sind sie so wichtig.
Wie haben Sie den Spagat geschafft, einerseits Gemeindepfarrer und andererseits auch Missionspfarrer zu sein?
Die Christen in Afrika sagten mir: „Wir sind eine Großfamilie Gottes.“ So bezeichneten sie die universale Kirche Jesu Christi. Zu dieser universalen Kirche gehören weltweit alle Menschen, die auf den Namen Jesu Christi getauft sind. Meine Mutter, die mich und meine Frau im Waisenhaus Malaika besuchte, zuletzt mit 85 Jahren, antwortete auf meine Frage, wie sie sich in Afrika ohne Englisch-Kenntnisse verständigen kann: Am Pfingstfest schenkte Jesus seinen Jüngern eine neue Muttersprache – die Liebe. Seither kann sich jeder, der ihm vertraut, verständigen. Liebe wird von jedem Menschen in jedem Volk dieser Welt verstanden.
Hat sich das in Afrika erlebte Gemeinschaftsgefühl und Ihre Offenheit anderen Kulturen gegenüber auch auf Ihre Arbeit als Gemeindepfarrer übertragen?
Das Wichtigste und Schönste, was jeder in Afrika einfangen kann, ist der „Virus africanus“. Das ist das Gefühl der Gemeinsamkeit und vor allem der Menschlichkeit. Das haben viele Menschen, die mit uns Malaika besucht haben, erfahren und sind glücklich geworden. Das verändert mich, gibt mir neue Perspektiven und Lebenssinn und ist prägend für meine Arbeit.
Seit fast 60 Jahren setzen Sie sich mit Unterstützung Ihrer Frau Asuna für afrikanische Kinder ein und haben unter anderem das Waisenhaus „Malaika Children Home“ im Westen Kenias gegündet. Für Ihre unermüdliche Entwicklungsarbeit sind Sie mit dem Bundesverdienstkreuz und der Staufermedaille des Landes ausgezeichnet worden. Wie nachhaltig ist Ihr Lebenswerk?
In Malaika haben wir uns verpflichtet, dass jedes Kind betreut und versorgt wird, Bildung erhält und einen Beruf erlernt. Mehr als 3000 Malaika-Kindern konnten wir bislang dieses Rüstzeug mit auf ihren Weg geben. Bei einem Jubiläumsfest wurde ein Mädchen von einem Minister gefragt, zu welchem Volk sie in Kenia gehöre. Ihre Antwort: „Wir sind die Malaika Großfamilie.“ All diese Kinder wurden Multiplikatoren in der Gesellschaft.
Sie sagten einmal, Pfarrer i.R. bedeute nicht Pfarrer im Ruhestand, sondern Pfarrer in Rufbereitschaft. Wie oft werden Sie noch nach Kenia gerufen, um Hilfe zu leisten?
Ich bin immer wieder in Reichweite, und meine Frau als Leiterin von Malaika steht jeden Tag im telefonischen Kontakt mit dem Kinderheim. Im vergangenen Jahr waren wir dreimal in Kenia im Einsatz, insgesamt 20 Wochen lang. Und im August reise ich erneut nach Afrika, um mit einer Gruppe Projekte voranzubringen, Gespräche mit Mitarbeitern vor Ort zu führen, Behördengänge zu erledigen und, und... Es ist einfach wunderbar. Westafrika ist meine zweite Heimat.
Geht Ihr Hilfsprojekt unvermindert weiter?
Es bedarf der permanenten Schulung der Mitarbeitenden in Malaika – und das geschieht. Mama Maria, die Mutter meiner Frau, Gründerin und inspirierendes Vorbild, indem sie Kindern in Not eine neue Lebenschance gegeben hat, sagte immer jedem Kind, jedem Erwachsenen und uns allen: „Du bis gesegnet – lebe es!“
Willy Schneider
Der 83-Jährige
ist in Ottenhöfen in der Ortenau groß geworden, wo er seit seinem Ruhestand auch wieder lebt. Religion faszinierte ihn schon als Jugendlicher, weshalb er Theologie studierte. Seine Missionstätigkeit begann er 1966 in Tansania. Diese ersten vier Jahre in Afrika bezeichnete der Pfarrer als seine Lehrjahre in Sprache, Kultur und der Zusammenarbeit der Konfessionen. Von 1975 bis 2001 war Willy Schneider Gemeindepfarrer in Eimeldingen, Märkt und Fischingen. Zugleich engagierte er sich im Amt für Mission und Ökumene.
Seit 1994
führt Willy Schneider mit seiner Frau Asuna das Vermächtnis seiner Schwiegermutter weiter und hat das Waisenheim „Malaika Children’s Home“ gegründet. Er ist auch Vorsitzender des Vereins Afrikanische-Deutsche Partnerschaft Malaika. Das Kinder- und Waisenheim ist seine Lebensaufgabe, der er und seine Frau sich mit Hingabe widmen. Über sein Leben hat Willy Schneider zu seinem 80. Geburtstag ein Buch geschrieben mit dem Titel „Tut Buße und baut ein Klo. Mein Leben als Missionar zwischen Schwarzwald und Schwarz-Afrika“.