Erinnerungskultur Erinnerung an Euthanasie-Opfer in Lörrach

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In Lörrach wurden bereits mehrmals Stolpersteine verlegt (Foto). Mit der Verlegung von Stolperschwellen wird nun an größere Opfergruppen erinnert, die nicht namentlich erwähnt werden können Foto: Kristoff Meller

Zwei Stolperschwellen werden verlegt: eine neue Facette der städtischen Erinnerungskultur.

Der Arzt Johann Faltum hat in seiner Doktorarbeit die Geschichte des Euthanasieprogramms der Nationalsozialisten im Landkreis aufgearbeitet. Zum Gedenken an über 199 Menschen, die in der NS-Zeit Opfer der Euthanasie wurden, werden am Samstag, 5. Oktober, Stolperschwellen verlegt. Zu den beiden Verlegungen um 15.30 Uhr am Kreiskrankenhaus und um 16 Uhr am Amtsgericht in der Bahnhofstraße 11 sind alle Bürger eingeladen.

199 Zwangssterilisationen

„Faltum konnte durch seine Forschungen allein für die Stadt Lörrach nachweisen, dass 199 Menschen aus der näheren Umgebung unfreiwillig unfruchtbar gemacht wurden“, schreibt die Stadt.

Die Arbeit lege offen, dass auch im Landkreis Lörrach das Vorgehen der Behörden äußerst planmäßig erfolgte und in mancherlei Hinsicht äußerst willkürlich gehandelt wurde. „Involviert in die Zwangssterilisationen waren im Wesentlichen das Erbgesundheitsgericht am Lörracher Amtsgericht als Entscheidungsinstanz sowie die beiden Krankenhäuser in Lörrach und Schopfheim als ausführende Instanzen. Am Amtsgericht wurden durch das damals eingesetzte Erbgesundheitsgericht 373 Menschen zur Zwangssterilisierung verurteilt“, so der Text der Mitteilung. Für die Erinnerungskultur der Stadt Lörrach ergebe sich aus diesen Forschungsergebnissen die Frage, wie an die vielen Opfer der Zwangssterilisierungen erinnert werden kann, „ohne dabei die Opfer und deren Nachfahren zu kompromittieren und ohne dabei einzelne Täter zu sehr in den Fokus zu rücken“.

Da die Stadt Lörrach bereits seit 2018 an die Opfer der nationalsozialistischen Gewalttaten durch das Verlegen von Stolpersteinen erinnert, entstand aus der Initiative für Stolpersteine heraus die Idee, auch an die Opfer der Zwangssterilisierungen mit Stolpersteinen beziehungsweise mit Stolperschwellen zu erinnern.

Gunter Demnig

Der Künstler Gunter Demnig, der die Stolpersteine schon seit 1999 europaweit verlegt, hat in den letzten Jahren die Idee von Stolperschwellen eingeführt. Auf diesen etwa 50 Zentimeter breiten Messingtafeln, die im Boden verlegt werden können, wird an größere Opfergruppen erinnert, die nicht namentlich erwähnt werden können – sei es aufgrund der mangelnden Forschungslage oder aufgrund von Persönlichkeitsrechten.

Daher beantragte die Stadt Lörrach gemeinsam mit der Initiative für Stolpersteine und in Abstimmung mit der AG Erinnerungskultur je eine Stolperschwelle zur Verlegung am ehemaligen Städtischen Krankenhaus, dem heutigen Kreisklinikum sowie am Amtsgericht Lörrach. Der Antrag wurde mit der baden-württembergischen Justizverwaltung für das Amtsgericht sowie mit dem Landratsamt für das Kreiskrankenhaus abgestimmt.

Verlegung am 5. Oktober

Der Künstler Gunter Demnig wird am 5. Oktober im Beisein von Ministerin Marion Gentges und vielen Vertretern aus Politik, Verwaltung, Zivilgesellschaft und Betroffenenverbänden je eine Stolperschwelle am Kreisklinikum und am Amtsgericht in Lörrach verlegen: „Diese Stolperschwellen erinnern an die Verantwortung aller für ein friedvolles, respektvolles und würdevolles Miteinander aller Menschen.“

Die beiden Verlegungen sind öffentlich. An der anschließenden Gedenkfeier im Amtsgericht können aus Kapazitätsgründen nur geladene Gäste teilnehmen.

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