"Trotz der Reformen der letzten Jahre kommen Verfassungsfeinde zu leicht an legale Waffen", findet der Obmann der Grünen im Innenausschuss, Marcel Emmerich. Eine schnelle Überarbeitung des Waffenrechts mit einer Vereinfachung der komplexen Verfahren sei dringend erforderlich. Der Bundestagsabgeordnete sagt: "Hierfür braucht es das Prinzip der Regelversagung. Das heißt, alle Personen, die dem Verfassungsschutz als Extremisten bekannt sind, dürfen per se keine waffenrechtliche Erlaubnis erhalten." Faeser sagte der "Bild am Sonntag", sie wolle das Waffenrecht "in Kürze weiter verschärfen".
Ihr Amtsvorgänger Horst Seehofer (CSU) hatte versucht, eine Meldepflicht einzuführen, die verhindert, dass Menschen mit psychischen Erkrankungen Waffen besitzen, dafür aber vor zwei Jahren aus dem Parlament nicht genügend Rückendeckung bekommen. Auslöser für die Debatte war damals der rassistisch motivierte Anschlag in Hanau. Der rechtsextremistische Attentäter litt unter Wahnvorstellungen. Dennoch besaß der Sportschütze eine waffenrechtliche Erlaubnis.
Nicht verzetteln
FDP-Fraktionsvize Konstantin Kuhle sagt: "Einer Verschärfung des Waffenrechts, um Reichsbürger zu entwaffnen, bedarf es nicht." Der Staat dürfe sich beim Kampf gegen Verfassungsfeinde nicht verzetteln und sich gegen rechtstreue Sportschützen und Jäger wenden, die zur "Mitte der Gesellschaft" zählten. Vielmehr fehle es in den Waffenbehörden an Personal. Die Verantwortlichen müssten zudem geschult werden, um "Reichsbürger" auch als solche zu erkennen.
Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft gegen die mutmaßlichen Verschwörer hat auch die Diskussion über Extremisten im Staatsdienst und zum Umgang mit der AfD befeuert. Unter den Festgenommenen ist die Berliner Richterin Birgit Malsack-Winkemann, eine ehemalige AfD-Bundestagsabgeordnete. Ein Ex-Stadtrat aus Sachsen, der ebenfalls in Untersuchungshaft sitzt, soll die AfD nach Angaben aus Parteikreisen vor einigen Monaten verlassen haben.
Niedersachsens Innenminister Boris Pistorius (SPD) sieht inhaltliche Schnittmengen zwischen AfD und "Reichsbürgern". "Reichsbürger ist nicht automatisch AfD und umgekehrt. Aber es gibt große Schnittmengen - von der Ablehnung unseres Staates über die prorussische Haltung bis zur Amerikafeindlichkeit", sagte er der "Bild am Sonntag".
Beamte, Soldaten, Reservisten und ein Ex-General
Zu den Beschuldigten gehören mehrere Beamte. Durchsuchungen gab es auch im Haus und im Dienstzimmer eines Soldaten des Kommandos Spezialkräfte (KSK) der Bundeswehr sowie bei mehreren Reservisten der Bundeswehr. Ein Generalverdacht gegen Angehörige der Streitkräfte und Sicherheitsbehörden sei unangebracht, sagte der Präsident des Reservistenverbandes, Patrick Sensburg, der "Rheinischen Post". Notwendig sei aber ein "viel konsequenteres Durchgreifen" gegen Menschen wie einen der Festgenommenen. Der Ex-Offizier sei bekannt für seine Einstellungen, gegen ihn gebe es Strafverfahren, "und trotzdem läuft er weiterhin in Uniform durchs Land und verbreitet seine kruden Theorien und dies bei vollen Pensionsbezügen".
Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) will noch vor Jahresende einen Entwurf für ein Gesetz zur Abstimmung an die anderen Ressorts der Bundesregierung geben, das die Entlassung von Extremisten aus dem Beamtenverhältnis beschleunigen soll. Unter anderem soll der jeweilige Dienstherr mehr direkte Handlungsmöglichkeiten bekommen.
"Auf allen Ebenen des Staates braucht es hohe Sensibilität hinsichtlich der Verfassungstreue der Staatsdiener", sagte der Unionsinnenpolitiker Christoph de Vries (CDU). Seine Fraktion werde aber darauf achten, "dass rechtsstaatliche Prinzipien nicht verletzt und Beamte nicht voreilig und leichtfertig aus dem Staatsdienst entfernt werden können". Die im Zuge der jüngsten Ermittlungen aufgedeckten Umsturzpläne zeigten, dass die sogenannten Reichsbürger eine echte Bedrohung seien. Deshalb sei es nicht akzeptabel, dass Informationen über die bevorstehende Razzia frühzeitig und breit "gestreut wurden". Es stehe zu befürchten, dass Beschuldigte Wind von den Durchsuchungen bekommen hätten und damit womöglich auch die Gelegenheit, Waffen oder andere Beweismittel beiseite zu schaffen.