Frauen komponieren Was Fanny von Felix unterscheidet

Dorothee Philipp
Lydia Maria Bader setzt Klavierkompositionen von fast vergessenen Frauen ins richtige Licht. Foto: Dorothee Philipp

Mutige Frauen, die gängigen Traditionen trotzen, standen im Mittelpunkt einer außergewöhnlichen Klaviermatinee am Sonntag im Weiler Rathaus.

Der helle Trauraum hoch über den Dächern mit Blick in die weite Landschaft war für den Anlass wie geschaffen. Bevor die Pianistin Lydia Maria Bader am Steinway Platz nahm, machte sie das Publikum neugierig auf die Musik der Komponistinnen, die seit Haydns Zeiten eine Fülle von herrlicher Musik geschaffen haben – und die immer noch ein Schattendasein in der offiziellen Musikgeschichte führen.

Einige von ihnen waren von ihren Zeitgenossen geschätzt als Stars am Klavier, etwa Marianne Auenbrugger, Clara Schumann oder Cécile Chaminade. Aber als Komponistinnen?

Namen, die kaum jemand kennt

Dabei hat beispielsweise Amy Beach als erste Frau in den USA eine große Sinfonie komponiert, wobei sich dieser umfassende, souveräne Zugriff auf das Material auch im Klavierstück „A Hermit Trush at Eve“ zeigte. Das abendliche Lied der Drossel hat die Komponistin penibel studiert und in Klaviertöne transponiert. Mit einer D-Dur-Sonate von Haydn begann Bader das Konzert.

Mit frischem Tempo, sparsamem Pedal und luftig elegantem Laufwerk öffnete sich die Perspektive auf Haydns Stück, das der „Vater der Wiener Klassik“ den Schwestern Auenbrugger gewidmet hat. Nach dem Verklingen des neckischen Finale presto ma non troppo dann als Pendant ein Rondo der jungen Marianne Auenbrugger, die schon mit 23 Jahren verstarb. Sprühend vor Temperament, mit einer kontrastreichen Dur-Moll-Harmonik und erzählerischer Dramatik steht das Werk für unsere Ohren gleichauf mit dem des Meisters. Was hätte da noch folgen können, wenn die Komponistin nicht so jung gestorben wäre.

Frauen blieben oft schmückendes Beiwerk

Aber, wie Bader in ihrer informativen, berührenden Moderation immer wieder unterstrich, konnten sich die komponierenden Frauen nie ganz aus der Rolle des „schmückenden Beiwerks“ befreien. Das verhinderten die gesellschaftlichen Schranken des 19. und frühen 20. Jahrhunderts. Bei „Zwei Lieder ohne Worte“, komponiert von den Geschwistern Fanny Hensel und Felix Mendelssohn-Bartholdy durfte das Publikum schätzen, wer was komponiert hatte. Die Mehrheit schätzte richtig, was vielleicht an der feminineren Tongebung Fanny Hensels mit mehr sanften Diskantphrasen, aber sicher nicht an der kompositorischen Struktur lag.

Mel Bonis fordert Pianisten Virtuosität ab

Heimlicher Star des Konzerts war die Französin Mel Bonis, deren „Femmes de Légende“ der Veranstaltung ihren Titel gegeben haben, und die von Bader mit zwei Kompositionen gewürdigt wurde. Bonis, Zeitgenossin von Claude Debussy, verlangt von ihren Interpreten nicht nur Sensibilität für die Stimmungsnuancen, sondern eine unglaubliche Virtuosität von Liszt’scher Provenienz.

Ein Superstar in ihrer Zeit

Während Cécile Chaminade hierzulande so gut wie unbekannt ist, war sie zu Zeiten Queen Victorias ein Superstar und vom königlichen Hof wohlwollend gefördert. In ihren „Waldgeistern“ (Les Sylvains opus 60) kommunizieren neckisch flirrende Passagen mit wunderschönen Melodiemotiven in einem raffinierten Spannungsfeld. Technisch ebenfalls nichts für Amateure. Als Schlusspunkt wählte Bader „L‘ Isle Joyeuse“ von Debussy, ein herrliches Stück, das mit seinen raumgreifenden Ganztonskalen schon das Ende der konventionellen Harmonik ins Blickfeld rückte. Auch hier stand Debussy, wie auch Haydn und Mendelssohn als komponierender Mann gleichberechtigt, aber nicht herausragend zwischen seinen unbekannten Kolleginnen.

Überraschende Zugabe

Mit der Zugabe überraschte Bader noch einmal. Der Großteil ihres Repertoires sei der chinesischen Klaviermusik gewidmet, betonte sie. Die aus Taiwan stammende, 1995 im Alter von 32 Jahren verstorbene Sängerin Teresa Teng hat ihren Welterfolg „The moon represents my heart“ für Klavier arrangiert. Seine romantisch schmeichelnde Melodie lud zum Träumen ein, wie seinerzeit Debussys „Claire de lune“.

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