Fußball „Ich bin jemand, der nie aufgibt“

Mirko Bähr

Jungprofi Felix Gebhardt (FC Basel) steht Rede und Antwort. Schulterverletzung zwingt zur Pause.

Steinen - Schüsse halten, Schule meistern: In der U18 des FC Basel taucht Felix Gebhardt nach Bällen, auf dem Lörracher HTG hat er das Abi ins Visier genommen. Der Schlussmann aus Steinen verfolgt Schritt für Schritt seine Ziele. Im April hat er einen Profivertrag bei den Rotblauen unterschrieben. Beim deutschen U17-Nationaltrainer steht der 16-Jährige im Notizblock. Derzeit muss er aber langsam machen. Eine Schulterverletzung bremst ihn derzeit aus – aber nur einen Moment.

Über ausgekugelte Schultern, Rückschläge an sich, eine gewisse Lockerheit, das Faszinierende am Fußball und den Darts-Sport als Ausgleich haben der fünfmalige Jugend-Nationalspieler und unser Sportredakteur Mirko Bähr gesprochen.

Um den Jahreswechsel herum gibt es den obligatorischen Blick zurück? Sie haben einen Profivertrag unterschrieben.

Der erste Schritt ist gemacht, aber jetzt müssen die nächsten folgen.

Haben Sie sich verändert, seit Sie Profi sind?

Nein. Nein, ich habe mich nicht groß verändert. Vielleicht habe ich jetzt etwas mehr Selbstvertrauen.

Sie kicken in der U18 des FC Basel. Cheftrainer ist der Ex-Dortmunder Alex Frei, ihr Torwarttrainer ist Jörg Stiel, der schon für Mönchengladbach im Goal stand. Das passt doch, oder?

Das passt wirklich sehr gut. Da nimmt man sehr viel mit. Frei hat selbst im Signal-Iduna-Park vor der gelben Wand gespielt. Er versteht den Fußball, weil er selbst auf diesem Niveau aktiv war.

Aktiv sind Sie derzeit nicht. Sie haben sich verletzt, tragen eine Schlinge.

Es war im Pokalspiel mit der U18 des FCB gegen Lausanne. Ich gehe in einen Zweikampf, der Gegenspieler bückt sich ab, ich falle nach vorne und versuche mich irgendwie abzustützen. Dann habe ich schon ein Knacksen gehört. Ich habe noch bis zur Pause weitergespielt, aber der Arm hat sich wie taub angefühlt. Er war schwer. Ich bin dann ins Krankenhaus. Dort wurde ich geröntgt. Die Knochen waren aber heil, und so gab es das MRT. Die Schulter war ausgekugelt. Bei einem Schulterspezialisten in der Schweiz bekam ich einen OP-Termin. Immerhin haben wir gegen Lausanne mit 7:0 gewonnen.

Den Zeitpunkt der Verletzung haben Sie ja zumindest gar nicht so schlecht gewählt. Es ist Winterpause. Aber wie gehen Sie mit dem Rückschlag um?

Ich habe mir natürlich gewünscht, dass dieses Jahr nicht so endet. Aber das ist kein Rückschlag für mich. Ich sehe es als Chance, als Chance, mich weiterzuentwickeln. Gerade im mentalen Bereich.

Und es bleibt vielleicht auch etwas mehr Zeit für die Schule, oder? Wie bekommen Sie das alles unter einen Hut.

Ich lerne oft nach dem Training. Oder kurz davor, dann schaue ich mir zuhause noch die Sachen an. Das ist wirklich nicht immer einfach, alles auf die Reihe zu bekommen. Aber die Hauptsache ist, dass ich am Ende das Abitur in der Tasche habe.

Apropos Tasche: Die haben Sie auch im Jahr 2018 gepackt, um zur Deutschen Nationalmannschaft zu reisen.

Das ist richtig. Ich stand im U17-Länderspiel Mitte Oktober in Meerbusch gegen Dänemark im Tor (2:1). Ich war mit meiner Leistung ganz zufrieden, und auch das Feedback der Verantwortlichen war positiv. Für die Partie in Waldshut-Tiengen beim VierLänderturnier gegen Italien wurde ich nachnominiert. Hätte ich mich nicht an der Schulter verletzt, wäre ich jetzt mit ins Wintertrainingslager ins spanische La Manga gereist. Es ist Teil der Vorbereitung auf die zweite EM-Qualifikationsrunde, die im März stattfindet.

Das ist doch sicherlich ein Rückschlag für Sie. Fährt der EM-Zug nun ohne Sie ab?

Nein, da mache ich mir wirklich keinen Druck. Ich möchte nun erst einmal wieder fit werden. Und dann schauen wir mal, was da auf mich zukommt. Wenn es nicht sein soll, dann soll es nicht so sein. Aber es ist schon cool, im Kreis der Nationalmannschaft zu sein.

Für einen Keeper ist die Aufgabe ja auch ungleich schwerer. Immerhin balgen sich mehrere Jungs um den einen Platz zwischen den Pfosten.

Das ist wahr. Was die Nationalmannschaft anbelangt, befinden sich vier Keeper im engeren Kreis. Aus diesen wird dann ausgewählt.

Sie klingen sehr entspannt. Setzen Sie sich nicht selbst unter Druck, unbedingt bei solch einer EM dabei zu sein?

Es ist doch so: Am Druck scheitern schlussendlich die meisten. Ich lasse alles auf mich zukommen. Was geschehen ist, ist geschehen, das kann ich ja auch nicht mehr beeinflussen. Und was die Zukunft anbelangt? Ich schaue immer positiv nach vorne.

Wieso so locker?

Eine gewisse Lockerheit kann man lernen. Ich bin felsenfest der Meinung, dass, wenn man hart arbeitet und daran glaubt, es in 99,9 Prozent der Fälle etwas wird. Negatives, wie Verletzungen oder ähnliches, sehe ich eher als Chance an. Daran zerbreche ich nicht. Ganz ehrlich: Wenn man irgendwann einmal vor 30 000 Zuschauern aufläuft, dann interessiert das doch niemanden mehr.

Waren Sie schon zu Beginn Ihrer Karriere, als es so langsam ernst wurde, so gelassen?

Nein, als ich mich das erste Mal an der Schulter verletzt habe, da war ich wirklich noch anders drauf. Aber ich habe aus dieser Situation gelernt, auch, weil ich mit Menschen zusammenarbeite, die mir das vermitteln. Wie schon erwähnt: Es ist nicht wichtig, was war, man kann es ja nicht ändern. Und dann muss man auch nicht daran zerbrechen.

Was ist Ihre größte Stärke?

Ich würde schon behaupten, dass es die Mentalität ist. Ich bin jemand, der nie aufgibt, egal, was ist. Und wenn ich den Ball mit der Nase abwehren muss.

Aufgeben gilt nicht. Oliver Kahn war da ja extrem.

Ja, in der Art. Auf dem Platz zählt der Fußball, zuhause gilt es abzuschalten. Auch wenn da der Fußball das große Thema ist. Ich schaue mir unzählige Spiele an, und da sind alle Ligen dabei – die Premier League in England, La Liga in Spanien, die Copa Libertadores oder die deutsche Bundesliga.

Gucken Sie gerne und viel ausschließlich wegen den Keepern, um vielleicht etwas abzuschauen?

Nein. Mich fasziniert das Spiel und auch die Stimmung, vor allem in England.

Aber es gibt schon Torhüter, die Sie gerne in Aktion sehen, oder?

Alle, die es geschafft haben, haben meinen Respekt verdient. Jeder hat das gewisse Etwas. Aber tatsächlich, Jordan Pickford von Everton, David de Gea von Manu oder Kepa von Chelsea liegen in meiner Hitliste schon ganz vorn.

Und welcher deutsche Schlussmann ist der Beste?

Marc-André ter Stegen.

Ist es für Torhüter schwieriger, den Sprung in ein Profiteam zu schaffen?

Sicherlich haben Stürmer bessere Chancen, mit 17 oder 18 Jahren in der ersten Mannschaft zu debütieren. Aber natürlich möchte auch ich in der Super League im Kasten stehen. Bringt man seine Leistung und ist das Niveau konstant, dann wird das auch etwas. Aber einen Zeitplan, bis wann ich im Tor stehen möchte, gibt es nicht. Wenn es klappt, dann klappt es.

Am liebsten beim FCB?

Klar. Der FC Basel ist die Adresse in der Schweiz.

Der FC Basel setzt ja auch nach dem Wechsel an der Vereinsspitze vermehrt auf die eigene, rotblaue Identität. Das kommt Ihnen ja ganz gelegen, oder?

Das finde ich gut. Die jungen Spieler werden gefördert. Es ist doch perfekt, wenn der eigene Verein vermehrt auf Talente setzt.

Hätten Sie im Nachhinein schon gerne einmal etwas anders gemacht?

Wenn man einen Fehler im Spiel macht, dann denkt man schon mal darüber nach. Das ist ja normal. Aber eigentlich blicke ich nicht in die Vergangenheit. Da wären wir wieder beim Thema.

Haben Sie schon eine Entscheidung bereut?

Nein, eigentlich nicht. Bis jetzt habe ich alles richtig gemacht.

Wenn Sie mit dem Fußball nichts am Hut haben möchten, was machen Sie dann?

Mit der Playstation zocke ich nicht mehr so häufig. Ich mache dann viel mit Freunden oder blödel mit meinem kleinen Bruder Oskar herum. Darts finde ich auch klasse, das spiele ich derzeit auch mit der linken Hand.

Darts mit links?

Das klappt sogar besser als mit rechts.

Außer Darts, wie sehen die kommenden Wochen bei Ihnen aus?

Die Reha steht jetzt im Mittelpunkt. Ich werde regelmäßig in der Hirslandenklinik sein und mit einer Physiotherapeutin arbeiten. Zwei, dreimal die Woche sicherlich. Anfang Januar habe ich die Schlinge wegbekommen. Dann sieht man wieder das Licht am Ende des Tunnels, dann darf ich wieder anfangen, meine Schulter zu belasten und darf sie richtig bewegen. Man lernt in dieser Phase auch, geduldiger zu sein, um den Heilungsprozess nicht zu gefährden.

Und bei den Plätzchen in der Weihnachtszeit waren Sie schön vorsichtig?

Mein Papa ist Metzger, da gibt es eher Fleisch statt Plätzchen. Und irgendwie muss ich auch nicht so sehr auf mein Gewicht achten. Ich habe Glück, wiege konstant um die 82 Kilogramm herum.

Bei all dem Trubel sonst so. Hatten Sie eine geruhsame Weihnachtszeit?

Naja, ich bin nicht nur rumgelegen und habe Plätzchen gefuttert. Ich bin viel Fahrrad gefahren und habe das gemacht, was ich mit meiner lädierten Schulter machen darf. Etwas zu tun, das ist schon irgendwie drin in mir.

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