Fußball „Wir lösen das Achtelfinal-Ticket“

Die Oberbadische
Deutschlands wichtigster Abwehrrecke Mats Hummels hat trotz bandagiertem Knie im Training gut lachen. Foto: Federico Gambarini/dpa Foto: Die Oberbadische

Fußball EM-Experten: Defensiv stabile Ungarn werden Deutschland heute nicht aufhalten können

Die deutschen Nationalkicker haben es am dritten Spieltag der Gruppe F selbst in der Hand. Mit einem Sieg oder einem Remis ist das Achtelfinal-Ticket gebucht. Heute Abend geht es bei den Europameisterschaften gegen Ungarn. Knüpfen die Jungs von Bundestrainer Joachim Löw in München an die gute Leistung des Portugal-Spiels an?

Lörrach. Wie siegessicher sind unsere Fußballkenner? Bringt der Austragungsort den entscheidenden Vorteil? Glauben sie, dass die DFB-Elf die defensiven Aussetzer abstellen kann? Diese und weitere Fragen lässt sich unser Sportredakteur Mirko Bähr von einem Quintett beantworten.

Perseus Knab (langjähriger Sportchef beim Verbandsligisten SV Weil): „Die deutsche Mannschaft hat sich im zweiten Gruppenspiel mächtig gesteigert. Das habe ich unserer Elf so nicht zugetraut“, ist Knab ehrlich. Robin Gosens sei der Matchwinner und sein Interview nach dem Spiel herrlich gewesen.

Nun also steht das Match gegen die Ungarn auf dem Programm. „Gut, dass wir nicht in Budapest antreten müssen. Über 50 000 frenetische Zuschauer hätten die Aufgabe wesentlich schwerer gemacht“, ist der Weiler Sportchef sich sicher.

Knab ist guten Mutes: „Ich denke, in München gewinnen wir ungefährdet mit 2:0 und lösen so das Ticket für das Achtelfinale.“

So recht überzeugen können hätten ihn bisher bei der EM nur die Belgier und die Holländer. „Und natürlich Italien. Die haben einen unglaublichen Lauf und sind wahrscheinlich nur im Elfmeterschießen zu schlagen“, lehnt sich Knab weit aus dem Fenster.

Marina Schulz (Jugendtrainerin beim FV Lörrach-Brombach): „Der Auftritt im ersten Spiel war leider alles andere als stark und erinnerte mich ein wenig an die WM in Russland. Es fehlte der Elf der Mut zum Abschluss. Sie ließ das schnelle Umschalten vermissen sowie die eine oder andere Spielverlagerung“, macht Schulz deutlich. Beim zweiten Spiel sei die DFB-Equipe dann mit viel Ehrgeiz, Lust und als Team aufgetreten. „Und plötzlich waren auch die Abschlüsse vorhanden.“ Nach dieser Leistungssteigerung freue sie sich nun auf das dritte Spiel am heutigen Abend.

„Auch wenn Ungarn in unserer Gruppe als Außenseiter gilt, müssen die Jungs das Spiel genau so angehen, wie gegen Portugal. Dann, so bin ich mir sicher, schaffen sie es in die K.o-Runde.“

Die gezeigten Leistungen der Italiener haben es Schulz angetan: „Sie haben mich mit ihrer Siegeslust total überzeugt. Ich mag es, wenn eine Mannschaft nach zwei Toren nicht aufhört, Tore erzielen zu wollen. Die Italiener zählen für mich zu den absoluten Favoriten auf dem EM-Titel.“

Jörg Steinebrunner (Ex-Jugend-Nationalspieler und langjähriger Profi-Trainer in Asien): „Die Mannschaft hat sich gegenüber dem ersten Spiel gesteigert. Sie war dynamischer, und sie hat auch gute Läufe in die Tiefe gemacht. Das alles war im Spiel gegen die Franzosen nicht zu sehen“, lässt der Schönauer wissen. Auch die Flügelpositionen mit Joshua Kimmich und Robin Gosens seien sehr gut besetzt gewesen. „Zwei sehr schöne Tore resultierten aus ihren Flanken“, weiß Steinebrunner. Was das Umschaltspiel und das Verhalten bei Standardsituationen anbelange, müsse die deutsche Mannschaft indes noch stabiler werden

„Gegen Ungarn muss Deutschland geduldig spielen. Dies aber mit guter Intensität. Der Ball muss schnell laufen, um die Ungarn defensiv in Bewegung zu halten. So könnten wir dann eventuell wieder über die Außen oder durch Läufe in die Tiefe hinter die Abwehr kommen“, erklärt Steinebrunner. „Bisher ist Ungarn defensiv gut gestanden. Man darf nicht vergessen, dass erst ein Eigentor in der 85. Minute sie gegen Portugal auf die Verliererstraße gebracht hat. Und gegen Frankreich hat Ungarn ja ein Unentschieden herausgeholt.“ Klar sei für ihn, dass der Gegner bis zum Schluss mit Leidenschaft kämpfen werde. „Mit Robert Sallei vom SC Freiburg und Adam Szallai hat Ungarn auch zwei Stürmer in seinen Reihen, die immer für ein Tor gut sind.“

Steinebrunner glaubt an ein „intensives Spiel“, das aber Deutschland am Ende mit 1:0 gewinnen werde.

Auch er nennt Italien als das bisher überzeugendste Team der bisherigen EM. „Die Italiener haben sehr stabil und konstant gespielt, auch mit einer so genannten B-Elf im letzten Gruppenspiel gegen Wales.“ Sie seien defensiv sehr kompakt, arbeiten sehr gut als Einheit gegen den Ball und seien im Angriff sehr variabel. „Italien verfügt über ein gutes Positionsspiel, aber mit dem Blick, im richtigen Moment in die Tiefe oder in die Freiräume zu spielen. „Im Moment sind sie der Favorit für mich.“

Ralf Brombacher (Ex-Fußballer und Obmann der Schiedsrichter des Verbandes): „Ich fand die bisherigen Auftritte der Deutschen insgesamt ganz gut. Auch im ersten Spiel gegen Frankreich habe ich sie nicht so schlecht gesehen wie viele andere. Eigentlich war es doch ein typisches 0:0-Spiel, das jedoch durch das Eigentor früh entschieden wurde“, blickt der Verbandsobmann zurück. Die Leistung gegen Portugal sei dann überragend gewesen. „Deutschland hat da als Mannschaft perfekt funktioniert.“ Wichtig aber ist nun, dass die Löw-Elf bei eigenen Eckbällen unbedingt sorgsamer agiert.

Ein Vorteil für die deutschen Fußballer sei sicherlich, dass auch die Ungarn gewinnen müssen, um weiterzukommen. Damit werde der Gegner wohl nicht ganz so defensiv auftreten. „Wenn es gut läuft, ist sogar der Gruppensieg drin.“

In Sachen Aufstellung hat Brombacher keine besonderen Wünsche. „Ehrlich. Nach dem ersten Spiel war das noch anders, nach dem zweiten nun nicht mehr.“ Auffallend war aus seiner Sicht Toni Kroos. „Ich habe ihn selten so kämpfen sehen.“ Wichtig für das Team seien auch die Rückkehrer. Gerade als Mats Hummels angeschlagen gegen Portugal vorzeitig ausgewechselt werden musste, habe die deutsche Abwehr einige Zeit im „Blindflug“ agiert. Apropos Wechsel. Da sollte Löw etwas behutsamer zur Sache gehen. Kevin Volland sei nun mal kein Linksverteidiger. „Nach solchen Aktionen fehlt uns die Ruhe und Stabilität.“

Herausgestochen hätten aus seiner Sicht bisher die Italiener. „Das war richtig stark bislang, auch wenn natürlich noch kein echter Gratmesser gegenüber stand.“

Bernd Seifert (langjähriger Spieler und Trainer bei Vereinen im Bezirk): „Unser Auftreten bisher sehe ich durchaus zweigeteilt. Nach vorne hat es teilweise schon richtig gut ausgesehen, da die linke und rechte Außenbahn vor allem gegen Portugal total überzeugt haben. Defensiv sehe ich jedoch noch Defizite. So fehlte bei beiden Gegentoren die Abstimmung“, erklärt Seifert.

Die Ungarn seien sehr schwer zu bespielen, da sie defensiv sehr gut stehen würden. „Sie lauern Konter, und genau da liegt unserer Schwachpunkt.“ Da sei die Rückkehr von Leon Goretzka genau richtig gekommen. „Nun dürfte es besser werden. Er ist ein wichtiger Teil dieser Mannschaft. Defensiv stark, und torgefährlich.“

Zeige Deutschland eine geschlossene Mannschaftsleistung, sei ein 3:1-Sieg möglich, meint der Brombacher.

„Überzeugt haben mich bisher Belgien, die Mannschaft der Herzen, Dänemark, und die bisher beste Mannschaft des Turniers, Italien. „Defensiv sind sie immer stark, kommt jetzt auch noch das schnelle Umschaltspiel zur Geltung. Es war richtig geil, ihnen zuzusehen.“ Aber oft seien nicht diejenigen die Besten, die zu Beginn einer EM oder WM am stärksten auftreten sondern die, die im Laufe des Turniers zulegen könnten. „Das macht mir Hoffnung.“

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