Die abwechslungsreiche Arbeit eines Geodäten
In Ägypten wurden nach den jährlichen Überschwemmungen des Nils die Feldparzellen der Bauern neu eingemessen. Und die Pyramiden konnten nur dank exakter Vermessungen gebaut werden. Ohne präzise Winkelmessung hätten sich die Seiten nicht oben in einer Spitze getroffen. Beides sind Musterbeispiele für Geodäsie. Experten gehen davon aus, dass 80 Prozent aller Entscheidungen einen Ortsbezug haben. Das zeigt, wie wichtig es ist, den Ort genau zu bestimmen. Der 50-jährige Gunther Schmidt hat Abitur gemacht und sich beim anschließenden Wehrdienst überlegt, welchen Beruf er lernen könnte. 'Ich wollte häufig in der Natur sein und eine abwechslungsreiche Arbeit machen.' Ein Freund der Familie war Vermessungsingenieur, und weil der sagte, in dem Beruf kann man beides, machte Schmidt ein Vorpraktikum, das die Hochschule Stuttgart für das Studium vorschrieb. 'Das Pflichtpraktikum leistete mir gute Dienste.' Was er gesehen hat, hat ihm Spaß gemacht. 1990 war er Vermessungsingenieur. 15 Jahre hat er in einem Ingenieurbüro den klassischen Job eines Geodäten gemacht: Bestandsaufnahmen von Grundstücken. 'Dann war die Auftragslage schlecht und ich meinen Job los.' Schmidt machte sich notgedrungen selbstständig.
Drei Jahre war er das und hat in dieser Zeit auch als freier Mitarbeiter für das Vermessungsbüro von Andreas Lingel in Aalen gemessen. Im Laufe der Zeit wurde die Zusammenarbeit intensiver und Schmidt 2008 angestellt, mit demselben Schwerpunkt wie in seinem Job davor. Lingel hat 15 Mitarbeiter. Eine andere Dienstleistung, die er anbietet, ist die Vermessung von Mietflächen. Bei den in den Bauplänen angegebenen Flächen ist ein Putzabzug von fünf Prozent für die Berechnung des Mietpreises üblich. 'Wir messen die Wirklichkeit und die kann zu deutlich höheren oder niedrigeren Mieten führen', sagt Lingel (48), der ebenfalls Geodät ist. Er erzählt von einem großen Geschäftshaus mit einer Mietfläche von rund 16 000 Quadratmetern in zentraler Einkaufslage einer Großstadt und entsprechend hohen Mietpreisen. 'Nach unserer Vermessung ergab sich gegenüber dem Putzabzug eine Mietdifferenz von 150 000 Euro auf die Mietdauer von zehn Jahren.' Das kommt zum einen daher, weil oft nicht mehr verputzt, sondern Betonwände gestrichen oder Trockenbauwände eingesetzt werden. Ein Putzabzug wäre dann unnötig. Zum anderen, weil sich die Flächen in den Plänen und der wirklichen Fläche häufig unterscheiden.